Keeper Lehmann fantastisch, doch Eisenach unterliegt im Pokal

Die Sensation blieb aus. Im Viertelfinale des DHB-Pokals unterlag der ThSV Eisenach beim THW Kiel nach tollem Fight. In der Edgar-Meschkat-Halle in Altenholz, wohin der THW Kiel ausweichen musste, sahen nur knapp 800 Zuschauer einen 22:19 (10:10) Erfolg des haushohen Favoriten. Damit kommt es wahrscheinlich zum «Super-Showdown» beim Finale Anfang April in Hamburg mit Meister SC Magdeburg, Tabellenführer TBV Lemgo, der HSG Nordhorn und dem THW Kiel. Die Eisenacher legten wegen eines ihrer Meinung nach vollzogenen Regelverstoßes des Kampfgerichtes in der Schlussphase Protest gegen die Wertung der Partie ein. Die Norddeutschen, gespickt mit Europa- und Vizeeuropameistern, zeigten sich vom Engagement und spielerischer Sicherheit der Thüringer sichtlich überrascht. Mit Preben Vildalen erneut auf der Regieposition, Jonny Jensen im rechten und Kapitän Martin Reuter im linken Rückraum, steckte der ThSV Eisenach eine 3:1 Führung der Kieler (8.Min.) problemlos weg. Der auf Rechtsaußen aufgebotene Elmar Romanesen wusste mit Treffsicherheit zu überzeugen. Ihn bekamen die Kieler überhaupt nicht in den Griff. Er markierte auch den Ausgleichstreffer zum 3:3 (12.). Kurz zuvor verließ nach einem Zusammenprall mit Demetrio Lozano Eisenachs Schlussmann Dragan Jerkovic das Parkett.

Der eingewechselte Karsten Lehmann schwang sich zu einer fantastischen Leistung auf. Beim Stand von 4:4 kaufte er Weltmeister Stefan Lövgren den ersten Siebenmeter ab. Oldtimer Magnus Wislander wurde clever frei gespielt und vollendete dann doch zur Kieler Führung (5:4, 16.). In der Folge präsentierte sich der ThSV Eisenach als die bessere Mannschaft. Die Abwehr stand leichtfüßig und kompakt. Amalou und Casanova kamen bei Abwehraufgaben für Reuter und Vildalen. Eine lehrbuchreife Ballstafette schloss Elmar Romanesen mit dem 5:5 (17.) ab. Linksaußen Karsten Wöhler mogelte sich durch und verwandelte zum 6:5 für den ThSV Eisenach. Kurz darauf kassierte Jonny Jensen bereits seine zweite Zeitstrafe. Karsten Lehmann kaufte auch Johan Pettersson vom Punkt das Leder ab (19.). Doch Sergio Casanova schloss den Gegenzug überhastet ab. Über die Kreismitte folgte durch Demetrio Lozano die Kieler Antwort zum 6:6 (20.). Elmar Romanesen in Abstaubermanier und Karsten Wöhler nach einem Tempogegenstoß sorgten für eine 2-Tore-Führung der Eisenacher (8:6, 22.).

Gegen die teilweise «übersättigt» und überheblich wirkenden Norddeutschen war der ThSV Eisenach tonangebend. Die besseren Individualisten standen freilich im Aufgebot des Favoriten. Der ThSV Eisenach musste ab der 22. Minute den verletzungsbedingten Ausfall von Jonny Jensen verkraften. Sergio Casanova übernahm dessen Position auch im Angriff. Stephan Just scheiterte mit einem Siebenmeter an Nationalmannschaftsschlussmann Henning Fritz (24.). Stefan Lövgren erzielte den Ausgleichstreffer zum 8:8 (25.). Sekunden später versenkte Stephan Just vom Kreis zum 9:8 für die Gäste. Der 10:10 Pausenstand schmeichelte dem THW Kiel.

Nach Wiederanpfiff der wenig überzeugenden Schiedsrichter Kaiser/Kaiser drängte der THW Kiel auf eine rasche Vorentscheidung. Europameister Steffan Olsson sollte es richten. Der 37-jährige Schwede, der noch ein Jahr seinem jetzigen Arbeitgeber erhalten bleibt, sorgte mit seinem Landsmann Stefan Lövgren in Überzahl für das 14:11 (35.). Die Eisenacher hatten die richtige Antwort parat.

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Karsten Lehmann lieferte Glanzparaden am Fließband, schwang sich zum Fels in der Brandung auf, ließ sich vom Siebenmeterpunkt einfach nicht überwinden. Preben Vildalen mit Schlagwurf und vom Punkt sowie Elmar Romanesen per Konter sorgten für den 14:14 Gleichstand (38.). Kiel setzte dem Eisenacher Elan seine Routine und Abgeklärtheit entgegen. Mit zunehmender Spieldauer schlichen sich jedoch Fehler ins Eisenacher Spiel ein. Beim Torwurf fehlte die Präzision. Der ins Kieler Tor eingewechselte Europameister Matthias Andersson blieb nun mehrfach Sieger. Beim Stand von 16:16 scheiterte Karsten Wöhler (45.). Nach einem Fehler des ehemaligen Kielers traf Stefan Lövgren zum 17:16 per Tempogegenstoß (47.).

Die Partie insgesamt wurde nun sehr zerfahren. Die Schiedsrichter schickten Eisenachs Preben Vildalen nach der dritten Zeitstrafe auf die Zuschauerbänke. Damit fehlten ThSV-Coach Peter Rost zwei wichtige Leistungsträger. Elmar Romanesen rückte in den rechten Rückraum und der junge Ronny Göhl übernahm die Rechtsaußenposition. Johan Petterson schloss einen Kieler Konter zum 19:16 (50.) ab. Die Eisenacher fighteten trotz der personellen Schwächung vorbildlich, in puncto Kaltschnäuzigkeit waren sie dem Gastgeber jedoch unterlegen. Martin Reuter wuchtete den Ball zum 19. Eisenacher Treffer in den THW-Kasten (21:19, 53.). Bis zur Schlusssirene fiel nur noch ein Treffer, und der zum 22:19 Endstand durch Demetrio Lozano. Doch die Schlussphase war von hektischen Aktionen begleitet. ThSV-Keeper Karsten Lehmann ließ sich selbst vom eingewechselten «kubanischen Bomber» Julio Fis nicht bezwingen. Seine Kollegen hatten jedoch bei eigenem Ballbesitz das Zielwasser vergessen. Stephan Just (55.) und Karsten Wöhler (58.) brachten vom Siebenmeterpunkt nicht das Leder unter. Sergio Casanova unterlief ein Schrittfehler.

Der ThSV Eisenach mobilisierte die letzten Kraftreserven, von 50 mitgereisten eigenen Anhängern lautstark unterstützt. Es folgte die heiß umstrittene Szene: Kiel ist in Ballbesitz. Über DHB-Spielwart Uwe Sternberg wird die grüne Karte für den THW Kiel zur Spielunterbrechung zum Kampfgericht gelegt. Jedoch erst nach dem Eisenachs Torhüter Karsten Lehmann den Lövgren-Ball abgewehrt und einen eigenen Konter eingeleitet hatte, erfolgte der Pfiff vom Kampfgericht. «Die Entscheidung war nicht korrekt», erklärte Eisenachs Manager Thomas Dröge. Zudem lief die Uhr weiter. Der ThSV Eisenach wurde um wertvolle Sekunden beraubt. Der Hallensprecher heizte mit unflätigen Anmerkungen, wie schon zur Halbzeitpause, die Gemüter zusätzlich auf. Per Videobeweis will der ThSV Eisenach nun zu seinem Recht kommen und legte Protest ein. Möglicherweise erfolgt schon am Dienstag eine Entscheidung in Dortmund.

Doch ob der DHB sein «Traumfinale» in Hamburg in Frage stellt? «Underdog» ThSV Eisenach hat da wohl wenig Chancen. Peter Rost, der Coach des ThSV Eisenach, bekam die Realitäten einmal mehr schmerzlichst zu spüren. «Auswärts müssen wir über 100 % bringen, um eine Siegchance zu haben.» Im gleichen Atemzug zollt er seiner Mannschaft ein dickes Kompliment. Wie schon in Magdeburg zeigte sie bei einem ganz «Großen», das sie gleichwertig mithalten kann. Doch erneut blieb der Lohn aus. Ein fader Beigeschmack bleibt auf alle Fälle!

Statistik:
Kiel: Fritz, Andersson; Wislander (3), Mold, Pettersson (1), Bjerre (2), Schmidt (2), Fis, Olsson (2), Lozano (4), Petersen (2), Lövgren (6)
Eisenach: Jerkovic, Lehmann; Romanesen (7), Wöhler (1), Amalou, Vildalen (5/2), Reuter (2), Just (4/1), Casanova, Göhl
Siebenmeter: Kiel 4/0, Eisenach 6/3
Zeitstrafen: Kiel 5 x 2 Min., Eisenach 6 x 2 Min. (Rot Vildalen 49.Min. nach 3. ZS)
Schiedsrichter: Kaiser/Kaiser
Zuschauer: 800

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