Nach 9-Tore-Führung noch Herzschlagfinale

Was für eine Dramatik in diesem Abstiegsderby vor vollbesetzten Zuschauerplätzen in der kleinen Jahnsporthalle? Nach 44 Spielminuten führten die 17/18-jährigen Youngster des ThSV Eisenach II klar mit 22:13 und der so wichtige Doppelpunktgewinn schien ihnen sicher. Fünf Minuten vor Ultimo hieß es jedoch 24:24, verursacht durch einen 11:2-Treffer-Lauf der Gäste. Der HSC Erfurt hatte gegen die Eisenacher Grünschnäbel erfolgreich zur Aufholjagd geblasen. Johannes Trommer (9 Tore) und der Ex-Eisenacher Dan Schellbach (6) marschierten immer wieder mit ganz viel Power Richtung ThSV-Kasten. «Unser unbändiger Siegeswillen wurde am Ende jedoch belohnt», freute sich Christoph Jauernik, der Coach des ThSV Eisenach II. Er konnte auch im Herzschlagfinale auf einen ganz starken Adrian Winkler im Tor bauen. Mit seinen Paraden Nr. 20 und 21 meisterte er Bälle des ehemaligen Eisenachers Philipp Kley und von Shooter Johannes Trommer. Linkshänder Tim Rodrian und Philipp Hempel brachten die Gastgeber mit 26:24 in Vorhand (57.). Der HSC Erfurt ging nahezu zur Manndeckung über. Marcel Kiraly netzte von Rechtsaußen zum Anschlusstreffer ein. Die letzte Minute war bereits angebrochen. Mit einem genialen Pass wurde der sich an der Kreismitte anbietende Jonas Richardt bedient, der zum 27:25-Endstand und zur Eisenacher Glückseeligkeit vollendete. Das nachträgliche Geburtstagsgeschenk für den Trainer war perfekt (Christoph Jauernik hatte zwei Tage zuvor das 30. Lebensjahr vollendet.) Daniel Baumgarten, der Präsident des HSC Erfurt, vor einigen Jahren beim ThSV Eisenach in der Bundesliga am Ball, beschränkte sich – obwohl im Protokoll als Spieler aufgeführt – auf eine Rolle als Co-Trainer. «Wer nahezu 45 Minuten die richtige Einstellung vermissen lässt, braucht sich nicht zu wundern, als Verlierer das Parkett zu verlassen. Wir wollten eine aggressive Abwehr spielen, davon war bis zur 45. Minute nicht zu sehen. Viel Bewegung hieß die Zielvorgabe für den Angriff, doch wir boten Standhandball Oder war der Druck zu hoch, dass wir verkrampften», sinnierte der inzwischen 34-jährige Daniel Baumgarten. Eine gute Viertelstunde reiche eben nicht. «Wenn wir doch nur von Beginn so gespielt hätten», ärgerte sich der Präsident des HSC Erfurt. Zu heftig auf der Bank reklamierend, hatte er in der 35. Minute von den sicher amtierenden Referees Uwe Kolb und Sigmar Raßbach eine Zeitstrafe kassiert. «Eine 9-Tore-Führung zu verwalten, das ist uns nicht gelungen. Der HSC Erfurt hat im Schlussgang alles gegeben. Trotz einiger kleiner Fehler überzeugte Philipp Hempel als Deckungsorganisator. Überragend bei uns, Torhüter Adrian Winkler», bilanzierte Christoph Jauernik. Er und sein Team kletterten in der Tabelle auf Platz 11 vor, mit einem Zähler Rückstand auf den davor postierten SV Aufbau Altenburg und schöpften neue Hoffnung in Sachen Klassenerhalt. «Im nun folgenden Heimspiel gegen Altenburg muss der nächste Doppelpunktgewinn gelingen», schaut Christoph Jauernik auf die Partie am Samstag, 29.März um 15.00 Uhr in der Werner-Aßmann-Halle.

Ein Eisenacher Erfolgsrezept: Ballstafetten auf Linksaußen Moritz Rahn
In der Stammformation mit Jason Mignon in der Rolle des Spielgestalters, Philipp Hempel im linken und Tim Rodrian im rechten Rückraum, Moritz Rahn auf Links- und Christopher Gladis auf Rechtsaußen sowie Tim Voigt am Kreis und Adrian Winkler im Tor war der ThSV Eisenach II sofort auf Betriebstemperatur. Ballstafetten zu Linksaußen Moritz Rahn hieß eines der Erfolgsrezepte zum 4:0 (10.). Eine Überzahl nutzend kam der HSC Erfurt durch Dan Schellbach zum ersten Treffer (4:1, 10.). Bei den Landeshauptstädtern kam der ehemalige Eisenacher Bundesligaspieler Steffen Ahrens (inzwischen 38-jährig) für Abwehraufgaben. Schnelles und kreatives Angriffsspiel prägte die Eisenacher Offensive. Der sich an die Kreismitte mogelnde Jason Mignon netzte zum 9:4 (19.) ein. Marco Röll traf bei seinem Comeback nach längerer Verletzungspause gleich zum 10:5 (21.), wollte dann aber zu viel und verfehlte mit zu früh abgeschlossenen Angriffszügen den Erfurter Kasten, in dem Keeper Philipp Hielscher mehrfach glänzend parierte. Den jungen Eisenachern fehlte – wie so oft im gesamten Saisonverlauf – die Abgeklärtheit. Der in den Angriff aufgerückte Steffen Ahrens und Rückraum-Kanonier Johannes Tommer verkürzten, als sich Tim Voigt seine zweite Zeitstrafe eingehandelt hatte, bis auf zwei Treffer (11:9, 29.). Jason Mignon verwandelte einen an Tim Rodrian verwirkten Strafwurf zum 12:9-Pausenstand.

Turm in der Schlacht: ThSV-Keeper Adrian Winkler
Mit frischem Elan kam der ThSV Eisenach II aus den Kabinen. Jason Mignon (per Siebenmeter), Moritz Rahn mit zwei knallhart abgeschlossenen Tempogegenstößen und Philipp Hempel aus dem Rückraum trafen zum 16:10 (35.). Das vorzeitige Aus für Abwehrspezialist Tim Voigt nach der dritten Zeitstrafe (35.) steckten die jungen Eisenacher weg. Der HSC Erfurt patzte in Überzahl. Tim Rodrian erhöhte in Unterzahl auf 17:10 (36.). Die jungen Dachse des ThSV Eisenach II dominierten mit leidenschaftlicher Abwehrarbeit und temposcharfen Angriffszügen. Philipp Hempel rückte im Angriff an die Kreismitte. Der im rechten Rückraum eingewechselte gerade 17 Lenze gewordene Jonas Richardt zog selbstbewusst zum 19:12 ab (40.) und versenkte von Rechtsaußen zum 21:13 (42.). Ein Mignon-Schlagwurf zappelte zum 22:13 (44.). Doch plötzlich erwachte der HSC Erfurt. Mit den beiden Ex-Eisenachern Dan Schellbach und Michael Frank sowie Goalgetter Johannes Trommer im Rückraum wurde Angriff auf Angriff initiiert. Gleichzeitig stiegen Nervosität und Hektik in den Eisenacher Reihen. Lars Fichtner musste kurz nach seiner Einwechslung für zwei Minuten auf die Bank. Moritz Rahn und Tim Rodrian scheiterten an Erfurts Schlussmann. ThSV-Keeper Adrian Winkler stemmte sich mit Macht gegen die Erfurter Angriffsflut, parierte selbst einen Trommer-Siebenmeter (51.). Die folgenden elf Minuten gingen mit 11:2 Treffen an den HSC Erfurt. Mit bekannten individuellen Stärken traf Dan Schellbach im Doppelpack zum Anschlusstreffer und Philipp Kley tankte sich über links gar zum 24:24-Ausgleichstreffer durch (55.). Der ThSV Eisenach II wankte, fiel aber nicht, hatte im Schlussspurt die besseren Argumente und lag sich nach der Sirene in den Armen.

Statistik

ThSV Eisenach II: Winkler, Trabert; Iffert, Mignon (5/3), Rahn (7), Röll (3), Collatz, Urbach, Hempel (3), Rodrian (5), Richardt (3), Voigt, Fichtner, Gladis (1)

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HSC Erfurt: Hielscher, Kleinert; Ratz, M. Dreyße (1), Bolek, Kiraly (1),. Kley (4), Schellbach (6), Frank (1), St. Ahrens (1), J. Trommer (9/1), A. Trommer (2), Baumgarten

Zeitstrafen: ThSV Eisenach II 8 x 2 Min., Rot für Voigt nach 3. ZS (35.)
HSC Erfurt 6 x 2 Min.

Siebenmeter: ThSV Eisenach II 3/3
HSC Erfurt 3/1

Schiedsrichter: Kolb/Raßbach

Zuschauer: 120

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