Ohne spielerische Ausstrahlung

ThSV Eisenach mit zweiter Heimpleite hintereinander: 22:26 (14:13)-Niederlage gegen TUSEM Essen/ Pfiffe der eigenen Fans

So leicht wie in diesen Tagen war die Werner-Aßmann-Halle selten einzunehmen. Jetzt jubelten sogar die «Küken» vom TUSEM Essen (Durchschnittsalte 22 Jahre) in der Heimstätte des ThSV Eisenach. Eine Woche nach der 25:28-Niederlage gegen die HSG Nordhorn-Lingen unterlagen die routinierten Wartburgstädter den blutjungen Handballern von der Essener Magarethenhöhe mit 22:26 (14:13). «Wir kommen mit der Rolle des Favoriten nicht klar. Unsere Spieler verkrampfen», suchte Adalsteinn Eyjolfsson, der Eisenacher Coach, nach den Ursachen. Das Lösen einer «Blockade» sei die vornehmlichste Aufgabe der nächsten Tage und Wochen. Die 1.600 Zuschauer versuchten immer wieder, ihr Team nach vorne zu peitschen. Zur Halbzeit (14:13 Führung des ThSV Eisenach) hofften sie auf ein gutes Ende. Nach dem Seitenwechsel nahm das Unheil – aus Eisenacher Sicht – seinen Lauf. Lediglich beim 15:14 (34.), durch eine Energieleistung von Daniel Luther, führten die Eisenacher noch einmal. Ansonsten liefen sie knappen Gäste-Führungen hinterher, die sie mehrfach egalisierten. Beim 22:22 (53.) wurde letztmalig der Gleichstand erreicht. Dann setzte Essens Pasqual Tovornik, von seinen Mitspielern bestens in Szene gesetzt, mit 4 Treffern in Folge (!) die Eisenacher matt. Unmutsbekundungen von den Rängen waren in der zweiten Halbzeit nicht zu überhören. So gab es in der Schlussphase Pfiffe, «Kritik von den Zuschauern ist berechtigt», räumte Adalsteinn Eyjolfsson ein. An den «Trainer raus» – Rufen nach drei Spieltagen hatte er spürbar zu knabbern. Die Führung des ThSV Eisenach, Präsident Gero Schäfer und Manager Karsten Wöhler, hatte am Spieltag – nach Fan-Kritik im Lokalteil der «Thüringischen Landeszeitung» – demonstrativ Adalsteinn Eyjolfsson den Rücken gestärkt. Anfang August hatte das gleiche Eisenacher Team Erstbundesligist SC Magdeburg in zwei Vergleichen beim Sparkassencup handballerisch Paroli geboten, jetzt operiert es ohne jeglichen Esprit und völlig verunsichert.

ThSV Eisenach mit eklatanter Abschlussschwäche
Die Partie glich einem Spiegelbild des vorwöchentlichen Auftritts. Vom angekündigten «Spielwitz und Intelligenz» keine Spur, stattdessen war erneut Schmalkost angesagt. Neben fehlender spielerischer Ausstrahlung offenbarten der ThSV Eisenach eklatante Abschlussschwächen (26 Fehlwürfe!). Der erst kurz vor Saisonbeginn aus der zweiten spanischen Liga verpflichtete TUSEM-Keeper Carlos Donderis Vegas (18 Paraden) brauchte bei Bällen neben seinen Kasten erst gar nicht einzugreifen. Er gewann das Duell mit den Eisenacher Schlussleuten Rene Villadsen und Stanislaw Gorobtschuk (parierten zusammen 8 Bälle) um Längen. Hauptsächlich mangelte es den Gastgebern jedoch in der Offensive, wo Einfallslosigkeit gegen eine defensiv ausgerichtete Abwehr vorherrschte. Die Hausherren lebten vornehmlich von Einzelaktionen (Lilienfelds, Luther, Jurdzs). Anfängliche Spielzüge auf die Außen blieben mit zunehmender Spieldauer aus. «Kraft und Power allein funktionieren nicht», räumte Adalsteinn Eyjolfsson ein. Seine Schützlinge konnten einmal mehr Überzahlsituationen nicht nutzen. Die Zuschauer forderten in der zweiten Halbzeit Marcel Schliedermann als Spielgestalter. Was sie nicht wussten, der Neuzugang (vom VfL Bad Schwartau) war nach einer Verletzung im Abschlusstraining nicht im Vollbesitz der Kräfte. Beim Stand von 17:18 (42.) kam der 23-jährige Rückraumspieler, allerdings ohne Akzente setzen zu können. In der Schlussphase besetzte wieder Hannes Jon Jonsson die zentrale Aufbauposition – und ging mit seinen Mannen unter.

TUSEM Essen mit big pints in der Schlussphase
«Wir wussten, bleiben wir dran, haben wir eine Chance», jubelte Ex-Nationalspieler Mark Dragunski, seit dem Vorjahr TUSEM-Coach. Nach dem 22:22 (53.) gelangen seiner Jugendbrigade die big points. Pascal Tovornik setzte den Eisenachern über die rechten Angriffsseite gleich vier Bälle zum 22:26-Endstand ins Netz. Im 18-jährugen ungarischen Juniorenauswahlspieler Peter Hornyk hatten die Gäste einen treffsicheren Rechtsaußen (8 Tore). Sicherlich auch den wirtschaftlichen Verhältnissen geschuldet, setzt TUSEM Essen auf junge Leute aus dem eigenen Nachwuchs. «Talente aus der eigenen Jugend, dazu unseren guten Unterbau nutzend, ist unsere Philosophie», erklärte ein stolzer Mark Dragunski. Im 37-jährigen Michael Hegemann hatten die «Küken» ihren Leitwolf. «Wir haben uns für die Trainingsarbeit der letzten Wochen belohnt», strahlte Mark Dragunski. Gejubelt hat am Samstagabend ein ehemaliger Eisenacher. Tommy Zimmermann, einst als Talent im Sportinternat und im Nachwuchsprojekt des ThSV Eisenach am Ball, später als Physiotherapeut im Betreuerstab, fand vor 4 Jahren in Essen ein neues berufliches Betätigungsfeld, fungiert beim TUSEM als Physiotherapeut und Athletiktrainer. «Die Arbeit unter modernsten Bedingungen macht großen Spaß», berichtet der stets aufgeschlossene Blondschopf. Er trat mit dem TUSEM-Team nicht die Heimreise an, nutzte die Gelegenheit, um Freunde in Eisenach zu treffen.

Statistik

ThSV Eisenach:
Villadsen (1.-19./ 40.-54. – 4 Paraden), Gorobtschuk (19.-40./ 54.-60. – 4 Paraden); Elisson, Wöhler (2), Jurdzs (5), Jonsson (2/1), Luther (4), Forstbauer, Schliedermann, Hansen (1), Heinemann (2), Lilienfelds (6), Koloper, Seifert

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TUSEM Essen:
Donderis Vegas (1.-60./ 18 Paraden); Beyer (1), Eilwanger (4), Keller, Hegemann (2), Hansen, Bouali, Hornyak (8/1), Tovormik (9), Schetters, Ridder, Trodler (2), Muerkoester

Siebenmeter:
ThSV Eisenach 1/1 (Jonsson verwandelt gegen Donderis Vegas)
TUSEM Essen 1/1 (Hornyak verwandelt gegen Gorobtschuk

Zeitstrafen:
ThSV Eisenach 3 x 2 Min. (Wöhler 2 x 2 Min., Koloper 2 Min.)
TUSEM Essen 2 x 2 Min. (Beyer und Hegemann je 2 Min.)

Schiedsrichter:
Hörath/Hofmann

Zuschauer:
1600

Beste Spieler:
Eisenach: Lilienfelds, Luther
Essen: Hornyak, Dodeeris Vegas, Tovornik

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