Rückkehr ins Oberhaus bleibt auf der Agenda in der Wartburgstadt

Nach Langzeitverletztenmisere ThSV Eisenach mit abgelaufener Saison nicht unzufrieden/ Traditionsverein setzt weiter auf junge hungrige deutsche Spieler

Der Freistaat Thüringen und die Wartburgstadt Eisenach stehen zum Flaggschiff des Thüringer Männerhandballs, zum Traditionsverein ThSV Eisenach. Die SPD/Linke/Grüne-Landesregierung hatte das Ansinnen ihrer Vorgängerin, der CDU/SD-Landesregierung, fortgeführt und in ihrem Regierungsprogramm verankert, den Bau einer neuen handballerstbundesligatauglichen Halle in Eisenach mit 9 Millionen Euro zu unterstützen. In seltener Einmütigkeit, nämlich einstimmig, machte der Eisenacher Stadtrat jüngst den Weg für die Ausschreibung zum Bau einer Schul- und Vereinssporthalle mit den Standards der Handballbundesliga frei. Die neue Sportstätte soll in einem Teil eines Industriedenkmals auf dem ehemaligen Werksgelände des Automobilwerkes Eisenach entstehen. Zentrumsnah, von den Schulen und Vereinen schnell erreichbar, verkehrsgünstig gelegen für die Zuschauer zu den Spielen des ThSV Eisenach.

Nur mit einer neuen Spielstätte haben wir eine Perspektive, hatte ThSV-Manager Karsten Wöhler geradezu gebeetsmühlenartig wiederholt.

Die über 30-jährige Werner-Aßmann-Halle, die schon viele denkwürdige Handballspiele erlebt hat, die sieben Tage in der Woche überwiegend für Schul- und Vereinssport genutzt wird, ist in die Jahre gekommen. Auch der Zuschauer erwartet ein zeitgemäßes Niveau. Die Eisenacher Rathausspitze mit Oberbürgermeisterin Katja Wolf (Linke), Bürgermeister Dr. Uwe Möller (CDU) und Dezernent Ingo Wachtmeister (SPD) sieht in diesem Projekt eine Riesenchance für die Stadt. Allerdings noch nicht vollständig geklärt, die komplette Finanzierung. Hierzu bedarf es wohl noch ganz viel Kreativität und „Klinkenputzen“. Es sollen die Voraussetzungen geschaffen werden –  auch mit einer Kapazität zwischen 3.500 und 4.000 Zuschauern – damit der ThSV Eisenach wieder im deutschen Handballoberhaus auf Tore- und Punktejagd geht.

Verletztenmisere: keine Ausreden, aber eine Erklärung
Die Rückkehr in die 1. Handballbundesliga bleibt auf der Agenda des ThSV Eisenach. Das bekräftigten Gero Schäfer und Karsten Wöhler, Präsident und Manager, zur jüngsten Pressekonferenz im Sport- und Freizeitbad aquaplex, einem langjährigen Partner des ThSV Eisenach. Zum Ende der Saison 2015/2016  war der ThSV Eisenach – mit einem 10-Nationenteam –  aus der DKB-Handballbundesliga abgestiegen. Verstärkt auf junge deutsche Spieler setzend, natürlich gern aus dem eigenen Nachwuchs, mit einigen wenigen ausländischen Könnern, heißt der im Sommer 2016 eingeschlagene und auf breite Zustimmung stoßende Weg. Das bedeutete zugleich nochmalige Spielerfluktuation; innerhalb von zwei Jahren kamen und gingen 20 Spieler. Mit dem 32-jährigen  Christoph Jauernik wurde einem jungen Trainer aus den eigenen Reihen die Aufgabe für das Zweitbundesligateam übergeben. Ein Platz im oberen Tabellendrittel hieß das Saisonziel.

Wir hätten uns sicherlich den einen oder anderen Punkt mehr gewünscht, so Christoph Jauernik.

Zu den Highlights im ersten Abschnitt zählten zweifellos der Derbysieg beim EHV Aue und der Auswärtserfolg bei der HSG Nordhorn-Lingen.  Schmerzvoll die beiden Derbyniederlagen gegen den Dessau-Roßlauer HV. Mit 42 Pluszählern überquerte der ThSV Eisenach auf Platz 7 die Ziellinie.

Hut ab vor der Mannschaft und dem Trainerteam, betonte Karsten Wöhler.

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Der ThSV Eisenach wurde von einer kaum zu überbietenden Langzeitverletztenmisere heimgesucht. Phasenweise fehlte eine komplette Mannschaft, alles Leistungsträger, die wohl in jedem Team der Konkurrenten in der Stammformation gestanden hätten. „Die Last war somit auf ganz wenigen Schultern verteilt“, unterstreicht Christoph Jauernik. Die Verletztenmisere wollte Torhüter Stanislaw Gorobtschuk nicht als Entschuldigung wissen, aber als Erklärung. Um ein einigermaßen niveauvolles Training anzubieten, trainierten die 1. und 2. Männermannschaft und die A-Jugend über weite Strecken gemeinsam. „Das Trainerteam arbeitete vorbildlich zusammen“, vermerkt Karsten Wöhler. Vor Beginn der zweiten Punktspieletappe wurde Rückraumspieler Toms Lielais von der zweiten Mannschaft der SG Flensburg-Handewitt verpflichtet, der für Verschnaufpausen der noch einsatzfähigen Rückraumspieler sorgen sollte, dessen Spielanteile zum Ende der Saison in die Höhe schnellten. Fünf Youngster aus dem eigenen Jugendbundesligateam kamen zum Einsatz. Mit Matthias Gerlich stand ein starker Rückraum-Shooter im Aufgebot. „Ich weiß, von mir werden Tore erwartet“, hatte er, im Sommer vom HSC Coburg gekommen, erklärt.  Er netzte in 31 Spielen 211 Bälle ein. Im Schnitt 6,6 Bälle. Der zweitbeste Wert der gesamten Liga! Linkshänder Tomas Urban, auf Rechtsaußen, im rechten Rückraum und sogar als Interims-Spielgestalter gehörte zu den Säulen. Ebenso Routinier Nicolai Hansen, der manchmal im Deckungsinnenblock den Laden nahezu alleine zusammenhielt. Förmlich auf dem Zahnfleisch kriechend, der ThSV Eisenach verabschiedete sich mit 4 Siegen aus den letzten 5 Spielen. Begeisternde Heimauftritte gegen die Spitzenteams TV Hüttenberg und SG BBM Bietigheim gehörten dazu. Im Durchschnitt pilgerten 1.700 Zuschauer zu den Heimspielen in die Werner-Aßmann-Halle.

Wir hoffen in der nächsten Saison auf ein Ansteigen der Zuschauerbilanz, erklärte Präsident Gero Schäfer.

Die letzten Heimspiele machten jedenfalls reichlich Appetit. Der Dauerkartenverkauf läuft gut. Ein „zuschauerfreundlicher Heimspielplan“ (Karsten Wöhler) dürfte ein weiteres Argument für den Erwerb einer preisgünstigen Dauerkarte sein.

Stärkste zweite Liga ihrer Geschichte
„Unser Trainer muss aus einem breiten Kader eine Mannschaft formen“, erklärt Gero Schäfer mit Blick auf die neue Saison. Die ersten drei Plätze seien wohl an die starken Erstliga-Absteiger vergeben, doch gleich dahinter will der Präsident sein Team schon sehen.

Das wird die stärkste eingleisige zweite Liga aller Zeiten, betonen Karsten Wöhler und Christoph Jauernik auch mit Blick auf die finanzstarken Aufsteiger.

Der Eisenacher Manager spricht gar von einem „Haifischbecken“.  Einige personelle Veränderungen fanden statt. Der „aushelfende Fußballtrainer“ Christopher Kaufmann, Nick Heinemann, Nicolai Hansen (Kariere-Ende) Olafur Bjarki Ragnarsson ( SG Westwien) und Dirk Holzner ( TV Emsdetten) zogen das Bundesligatrikot des ThSV Eisenach aus. Mit Kreisspieler Justin Mürköster (von TuSEM Essen), Alexander Saul (SC Magdeburg) und Marcel Popa (SV Bernburg) und Meoki Etzebeste Ibai (von der HG Saarkouis) vermelden die Wartburgstädter vier Neuzugänge. Aus dem eigenen Nachwuchs rücken Luca Baur, Maximilian Manys, Jonas Bogatzki und Maximilian Manys auf. Eine Kooperation mit dem in die 3. Liga aufgestiegenen vom Ex-Eisenacher Bundesligaspieler Jörn Schläger trainierten HSV Bad Blankenburg  soll zum gegenseitigen Nutzen (Zweitspielrechte) aufgebaut werden. „Unsere jungen Spieler müssen ihre Möglichkeiten auch nutzen“, appelliert Christoph Jauernik an seine Youngster.

Das wichtigste ist Geduld von allen, schreiben die den ThSV Eisenach verlassenden Nicolai Hansen und Dirk Holzner allen unter der Wartburg ins Stammbuch.

Saisoneröffnung mit Familientreffen und Fototerminen
Noch befinden sich Mannschaft und das Trainergespann Jauernik/Kühr im Urlaub. Am Sonntag, 09.07.2017 ist die Saisoneröffnung mit einem Treffen im Familienkreis mit Vorstand und Gesellschaftern vorgesehen. Tags darauf stehen Fototermine an. Der Vorbereitungsplan beinhaltet ein Trainingslager in Bad Blankenburg, Leistungsdiagnostik im Olympiastützpunkt Oberhof, Präventionsdiagnostik mit Physiotherapeut Alexander Nöthe, Testspiele und die Teilnahme am Internationalen Sparkassencup in Hessen und Thüringen (02.-06.08) an. In der Vorrundengruppe C in Eisenach treffen die Wartburgstädter auf Chelyabinsk, Elblorenz Dresden und Hamm-Westfalen. Tickets sind bereits im Vorverkauf in der ThSV-Geschäftsstelle erhältlich.

Foto: Nicolai Hansen (re.) gab nach der siegreichen Partie in Konstanz sein letztes Hemd und signierte es für die Fans.