Sieg durch Angriffseffizienz und Abwehrstärke

«Von diesem Ergebnis habe ich nicht einmal geträumt», gestand ein überglücklicher ThSV-Coach Zdenek Vanek nach dem Abpfiff. Selbst die kühnsten Optimisten im Eisenacher Lager hatten mit solch einem Paukenschlag nicht gerechnet. Der ThSV Eisenach fegte in der Hanauerlandhalle den heimischen TV Willstätt vor 1200 Zuschauern mit einem 31:18 (15:11) regelrecht vom Parkett. Angriffseffizienz gepaart mit Abwehrstärke, die Schützlinge von Zdenek Vanek spielten wie aus einem Guss. Im Angriff lief es zuletzt ja bereits bestens, doch nun gesellte sich auch Abwehrstabilität hinzu. An einer flexibel agierenden 6:0-Deckung, dahinter ein sich im Spielverlauf prächtig steigernder Karsten Lehmann, die Willstätter bissen sich die Zähne aus. «Unsere eigene Effektivität lag deutlich im Keller», gestand dann auch Willstätts Till Bitterlich, bis 2004 im Trikot des ThSV Eisenach. «Eisenachs Angriff bekamen wir einfach nicht in den Griff», musste der Abwehrstratege ebenso konstatieren. Er selbst sah da im Innenblock der Willstätter Deckung auch nicht vorteilhaft aus. Eisenachs Kreisspieler Philipp Emmelmann entwischte ein um das andere Mal, war mit achte Treffern bester Werfer seines Teams. Stephan Mellack dirigierte mit Umsicht seine Nebenleute, alle zogen an einem Strang. «Jeder hat gesehen, was die Mannschaft als Einheit bewegen kann», unterstrich Zdenek Vanek. «Nahezu 400 Kilometer von zuhause weg haben wir gezeigt, wo die Wartburg steht», so der Tenor im Lager der mitgereisten ThSV-Fans. Diese stimmten sich vor dem Anpfiff im Hause der Eltern von Eisenachs Rückraumspieler Stefan Kneer im unweit von Willstätt gelegenen Sinzheim bei für die Region typischen, vorzüglich schmeckenden Speisen und wärmenden Getränken bestens auf die Partie ein. Familie Kneer hatte die blau-weiße Schar eingeladen. «Eine ganz tolle Sache. Wir haben uns pudelwohl gefühlt, wurden fürstlich umsorgt. Familie Kneer unser ganz dickes Danke», formulierte Frank Hartung vom ThSV-Fanprojekt. «Sinzheim on Tour», hieß es dann auch, denn über ein Dutzend Sinzheimer fuhren mit in die Hanauerlandhalle, feuerten «ihren» Stefan Kneer und den ThSV Eisenach prächtig an. Stefan Kneer traf mit Björn Gerber auf einen «alten Kumpel» aus gemeinsamer Sinzheimer Nachwuchshandballzeit, der beim TV Willstätt angeheuert hat. «Während der 60 Minuten ruht die Freundschaft», hatten beide vorab in der Lokalpresse verkündet. Das Duell auf dem Parkett in einer insgesamt überaus fair geführten Begegnung (nur sechs Strafminuten und fünf Siebenmeter) ging freilich klar an den 2002 Sinzheim gen ThSV-Nachwuchsprojekt verlassenden Stefan Kneer.

Beim ThSV Eisenach vertrat von Beginn Philipp Emmelmann den erkrankten Marcus Dau am Kreis. Doch «Emmel» war weit mehr wie ein Ersatz. «Er brachte die Zuspiele unter Kontrolle und versenkte sie», fand sein Coach nur lobende Worte. Philipp Emmelmann konnte sich überwiegend auf Angriffsaufgaben konzentrieren, in der Abwehr kam für ihn Daniel Baumgarten auf das Parkett. Zunächst mit Tomas Sklenak auf der Regieposition machte der ThSV Eisenach nach vorne gleich Dampf. Doch in der Chancenverwertung haperte es (Vesely). Die Gastgeber zeigten sich da kaltblütig, trafen zum 4:1 (7.) und 5:2 (10.). Danach zeigte sich Philipp Emmelmann zwei Mal hellwach, schaltete bei Abprallern am schnellsten, staubte zum Anschlusstreffer ab (6:5, 13.), verwertete eine Szep-Kis Vorlage zum 6:6 (14.). Mit Stephan Mellack kam mehr Übersicht und mehr Führung in die ThSV-Reihen. Zielstrebig und geduldig zugleich bauten die Eisenacher ihr Angriffsspiel auf, standen in der Abwehr immer kompakter. Einen Ballgewinn von Krisztian Szep-Kis versenkte Andrej Kastelic zum 7:8 (18.). Stefan Kneer explodierte regelrecht. Seine Fackel zischte zum 9:12 (24.) ins Netz. Nach Regelwidrigkeit am Junioren-Europameister verwandelte Andrej Kastelic technisch delikat vom Punkt zum 11:15 Pausenstand.

ThSV Eisenach erteilt Lehrstunde
Auch mit Wiederanpfiff der umsichtig leitenden Unparteiischen Schweizer/Vornehm aus Augsburg blieben die Eisenacher Chef auf dem Parkett. Wie ein Strich zappelte ein Szep-Kis-Ball zum 12:17 (33.) im Netz. Mit einer Sonderbewachung gegen Stefan Kneer versuchten die Hausherren Sand ins ThSV-Getriebe zu streuen. Sie bäumten sich gegen die drohende Niederlage kurzzeitig auf, verkürzten auf 16:20 (39.). Eigentlich wollten sie ja den 4. Sieg in Folge landen. ThSV-Schlußmann Karsten Lehmann wehrte einen Ball vor der Linie ab, auch wenn es die meisten der Zuschauer anders gesehen haben wollten. Nun erteilte der ThSV Eisenach dem TV Willstätt eine Lehrstunde im modernen Handball. Leichtfüssig stoppte die Abwehr die Willstätter Rückraumstrategen Martin Valo, Vladimir Temelkov und Vlatko Mitkov. Was dennoch Richtig ThSV-Kasten kam, Karsten Lehmann vernagelte nun schier sein Gehäuse. Unglaublich, dem ThSV Eisenach gelangen 10 Treffer in Folge (!!) zum 16:30 (55.). Willstätt blieb 16 Minuten ohne Torerfolg. Da traf selbst Abwehrspezialist Daniel Baumgarten zum 16:23 (44.). Anspiele zum Kreis, zu Philipp Emmelmann, waren eines der Erfolgsrezepte. Willstätt versuchte durch eine Manndeckung die Wartburgstädter zu stoppen. Vergebens! Andrej Kastelic, der «alte Fuchs», versenkte zum 16:28 (51.). Da passte es so richtig uns Bild, als der eingewechselte Andreas Nositschka gleich einen Siebenmeter parierte (54.), Philipp Emmelmann im Gegenzug zum 16:30 einlochte. Auch ein Defekt an der Anzeigetafel vermochte den ThSV Eisenach nicht zu irritieren. Coach Zdenek Vanek schickte seine «Jugendbrigade» auf das Parkett. Marcel Liebetrau übernahm von Philipp Emmelmann, der auf Linksaußen rückte, die Kreisposition. Till Riehn löste Stephan Mellack auf der mittleren Aufbauposition ab. Robert Weiß rückte in den linken Rückraum. Till Riehn sorgte mit seinem Treffer dann auch für den 18:31 Endstand.
Freudentaumel in den Eisenacher, tiefe Niedergeschlagenheit in den Willstätter Reihen. «Nach der guten Auftaktphase verloren wir vollends den Faden. Unser Rückraum war ein Totalausfall. Alle personellen Wechsel brachten keinerlei Veränderungen», resümierte Willstätts Coach Bernd Kroner.
Der ThSV Eisenach feierte einen der höchsten Auswärtssiege seiner Vereinsgeschichte. Und wo fand die Mannschaftsfeier-Feier nach dem Abpfiff statt? Natürlich im Hause Kneer in Sinzheim!

STATISTIK
TV Willstätt: Zoubkoff, Tschumak; Engel (2), Schneider, Kantimm (1), Lusch (1), Barisas, Bitterlich (1), Helm (1), Mitkow (1), Temelkov (4/2), Schmitt (3), Gerber (1), Valo (3)
ThSV Eisenach: Lehmann, Nositschka (ab 54.); Kneer (6), Sklenak, Riehn (1), Emmelmann (8), Mellack (1), Baumgarten (1), Vesely (2), Kastelic (6/2), Szep-Kis (6), Weiß, Liebetrau
Zeitstrafen: Willstätt 2 x 2 Min. – Eisenach 2 Min.
Siebenmeter: Willstätt 3/2 – Eisenach 2/2

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