„Spitz-auf-Knopf-Spiel“ im Lipperland

Bildquelle: Filip Vistorop steuert mit Vehemenz die Abwehr der Gastgeber an – Foto: TBV Lemgo

ThSV Eisenach unterliegt beim TBV Lemgo Lippe mit 28:31 (13:16)

„Uns ist es nicht gelungen, den Schalter ganz umzulegen, uns fehlte ein Stück Konsequenz. Nach den Siegen zuvor waren wir nicht hungrig genug. Der TBV Lemgo Lippe wartete nach dem Ausscheiden im DHB-Pokal mit mehr Konsequenz auf. Das war letztendlich der kleine Unterschied“, lautete das Fazit von Eisenachs Trainer Misha Kaufmann zum Tripp ins Lipperland. Nach drei Pflichtspielerfolgen unterlag der ThSV Eisenach beim TBV Lemgo Lippe mit 28:31 (13:16).

Die Hausherren, nach dem überraschenden Aus im Achtel-Finale des DHB-Pokals bei Zweitligist HSC Coburg, präsentierten sich erfolgsgierig, lagen in der mit 4.520 Zuschauern ausverkauften PHOENIX CONTAKT arena von Beginn in Führung. „Uns sind nur ganz wenige technische Fehler unterlaufen“, bilanzierte Florian Kehrmann, seit fast 10 Jahren Trainer des TBV Lemgo Lippe, zuvor von 1999 bis 2014 hier Spieler. Hatte der Ex-Nationalspieler beim Pokalaus in Coburg mit den Spielleitern gehadert, bescheinigte er Christian vom Dorff und Fabian vom Dorff eine Super Schiedsrichter-Leistung. Dem konnte Misha Kaufmann nicht beipflichten, der von einer „merkwürdigen Leistung“ der Männer in Schwarz sprach.

„Uns unterlief hinten und vorn der eine oder andere Fehler zu viel. Unsere Jungs haben alles versucht, doch heute hat es vor einer ausgesprochen stimmungsvollen Kulisse nicht gereicht. Das gilt es zu akzeptieren. Unser Dank geht an die vielen mitgereisten Eisenacher Fans, die uns wieder lautstark unterstützt haben“, vermerkte Eisenachs Geschäftsführer Rene Witte.

Eisenachs Justin Kurch im Zweikampf mit Tim Suton – Foto: TBV Lemgo

„Wir waren nicht clever genug. In etlichen Phasen standen wir gut in der Abwehr, um dann Gurken zu kassieren“, merkte Marko Grgic süffisant an. „Nach Freiwurfsituationen rutschte der Ball noch ins Tor“, konkretisierte Misha Kaufmann. Diese Freiwürfe stufte Florian Kehrmann, der Coach des TBV Lemgo Lippe, als gelungenes taktisches Mittel ein.

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„Im Spielverlauf gelang es uns nicht, den Bock umzustoßen. Manchmal stellten wir uns selbst ein Bein und sind auf das Gesicht gefallen“, formulierte Marko Grgic seine Sicht. „Ja, wir haben uns manchmal zu dämlich angestellt“, fand auch Justin Kurch. „Nach einem 4-Tore-Rückstand im zweiten Abschnitt haben wir uns zurückgekämpft. Letztlich hat es nur an Details gelegen. Daran müssen wir noch arbeiten“, so der 25-jährige Kreisspieler, der überwiegend für Aufgaben im Deckungs-Innenblock auf das Parkett kam

Fynn Hangstein in Lemgo am Siebenmeter-Strich – Foto: TBV Lemgo

Zwei ausgelassene Siebenmeter
Die Rückkehr in seine einstige Wirkungsstätte hatte sich Eisenachs Fynn Hangstein anders vorgestellt. Bis zum Sommer 2021 trug er das Trikot des TBV Lemgo Lippe, bevor er zum ThSV Eisenach wechselte. Nach einem einjährigen Intermezzo beim TuS Nettelstedt-Lübbecke (2023/204) ist er seit Saisonbeginn wieder beim Thüringer Traditionsverein. „Wir hätten schlauer agieren müssen“, fasste er die 60 Minuten zusammen. Fynn Hangstein ist der Siebenmeter-Werfer Nummer 1 der Wartburgstädter. Kurz hintereinander, in der 42. und 43. Minute, scheiterte der 24-Jährige beim Stand von 21:18 gleich zwei Mal vom Strich am Österreicher Constantin Möstl im Tor der Gastgeber. Lemgos Jan Brosch hatte nach grobem Foulspiel an Marko Grgic Rot gesehen. Den daraus resultierende Strafwurf brachte Fynn Hangstein wie auch den nach Regelwidrigkeit an Filip Vistorop nicht am Keeper der Hausherren vorbei. „Beide Siebenmeter waren schlecht geworfen. Zwei Treffer vom Strich hätten meiner Mannschaft in dieser Phase gutgetan“, rekapitulierte Fynn Hangstein. Statt des möglichen Anschlusstreffers versenkte Hendrik Wagner wenig später im Nachwurf zum 22:18 (43.). Doch es blieb ein „Spitz-auf-Knopf-Spiel“ bis zum Schluss. Erst in der Crunchtime, nach dem 27:26 (56.), fiel die Entscheidung. „Uns fehlte auch das Spielglück der letzten Partien. Abpraller landeten beim Gegner“, erklärte ThSV-Kapitän Peter Walz. Einen solchen Abpraller versenkte Hendrik Wagner zum 29:26 (58.). Kurz zuvor hatte Eisenachs Abwehrchef Philipp Meyer nach der 3. Zeitstrafe Rot gesehen, brachte Timothy Reichmuth das Leder von
Rechtsaußen nicht unter. Die Gastgeber ließen sich den Doppelpunktgewinn nicht mehr entreißen.

Marko Grgic markierte bei einer 80-prozentigen Wurfquote 8 Treffer – sportfotoseisenach

Drei Zeitstrafen gegen Eisenach bis zur 12. Minute
Nach nicht einmal zwei Minuten verhängten die Schiedsrichter eine Zeitstrafe gegen Peter Walz. Es folgten zwei weitere (gegen Philipp Meyer und Marko Grgic) bis zur 12. Minute. Obwohl in Unterzahl, die Eisenacher blieben auf Tuchfühlung. Ihre offensiv ausgerichtete Abwehr hatte mit dem bulligen und großgewachsenen Kreisläufer Jan Brosch Probleme, der von Regisseur Tim Suton mit präzisen Anspielen gefüttert wurde, wie beim 7:5 (12.). Die Wartburgstädter agierten streckenweise mit vier Rückraumspielern, ohne Kreisspieler. Die Hauptlast der Eisenacher Angriffsgestaltung lag bei Marko
Grgic, Simone Mengon und Filip Vistorop. Nach dem Anschlusstreffer von Simone Mengon (8:7, 14.) parierte ThSV-Keeper Matija Spikic gegen den freien Bobby Schagen (15.). Der Ausgleichstreffer fiel hier – wie im gesamten Spielverlauf auch – nicht. Stattdessen wuchtete Hendrik Wagner (insgesamt 9 Treffer bei 90-prozentiger Wurfquote) zum 11:8 ein (21.). Im 7 gegen 6, mit zwei Kreisspielern (Walz, Meyer) antwortete der ThSV Eisenach. Ballverlagernde Aktionen, wie zu Linksaußen Samuel Zehnder, führten zum 15:11 für die Gastgeber (28.). Zwei Treffer von Filip Vistorop trugen zum 16:13-Halbzeitstand bei.

Moritz Ende musste verletzungsbedingt vorzeitig vom Parkett – sportfotoseisenach

Nach 4-Tore-Rückstand mehrfach den Anschlusstreffer markiert
Silvio Heinevetter wurde ins ThSV-Gehäuse beordert. Nach 62 Sekunden entschieden die Schiedsrichter auf eine neuerliche Zwei-Minuten-Strafe gegen den ThSV Eisenach. Ivan Snajder zeigte als echter Sportsmann den etwas irritierten Schiedsrichtern an, dass er regelwidrig agiert hatte. Die Kehrmann-Schützlinge schlossen zum 20:17 (38.) und 21:18 (41.) ab. Wie es gehen kann, zeigte Simone Mengon (in Vorbereitung von Marko Grgic, 37.) und der zur Kreismitte eingelaufene Ivan Snajder (38.). Moritz Ende musste mit einer Wadenverletzung vom Parkett (41.). Gian Attenhofer und später Rechtshänder Timothy Reichmuth besetzten die Rechtsaußenposition. Die Wartburgstädter vermochten das Momentum der roten Karte (gegen Jan Brosch) und zwei zugesprochener Strafwürfe (die ungenutzt blieben) nicht zu nutzen. Doch nach dem 22:18 (43.) übernahm Filip Vistorop Verantwortung im Angriff, die Deckung um Malte Donker, Justin Kurch und Ivan Snajder stand im Brennpunkt. Nach dem 23:22 (50.) versenkten die Thüringer, nun im Angriff mit Marko Grgic, Simone Mengon, Filip Vistorop und Malter Donker im Rückraum, mehrfach zum Anschlusstreffer. Der Ausgleichstreffer gelang nicht.

Statistik
TBV Lemgo Lippe – ThSV Eisenach 31:28 (16:13)
TBV Lemgo Lippe: Möstl (9 Paraden), Kastelic; Wagner 9, S. Zehnder 6/3, Simak 4,
Suton 4, Theilinger 3, Brosch 3, Schagen 1, Versteijnen 1, L. Carstensen, Houtepen,
Faust, Geislers, Petrovsky
ThSV Eisenach: Spikic (5 Paraden), Heinevetter (4 Paraden); Grgic 8/1, Vistorop 6,
Snajder 5, Walz 3, Mengon 3, Hangstein 2/2, Ende 1, Reichmuth, Attenhofer, Meyer,
Maric, Donker, Kurch, Saul
Siebenmeter: TBV Lemgo Lippe 3/3 – ThSV Eisenach 3/5
Zeitstrafen:
TBV Lemgo Lippe 3 x 2 Min., Rot für Brosch n. grobem Foulspiel 42.
ThSV Eisenach 7 x 2 Min., Rot für Meyer n. 3. ZS (57.)
Schiedsrichter: vom Dorff/ vom Dorff
Zuschauer: 4.520 (ausverkauft)
Th. Levknecht

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