Starke Abwehr, Keeper Stanislaw Gorobtschuk in Hochform, rasanter Angriffshandball und ganz viele Emotionen

«Jeder hat für den anderen eingestanden, für den Nebenmann mit gekämpft. Die Mannschaft hat gezeigt, welch für ein Charakter sie auszeichnet. Ein jeder wollte unserem Hannes Jonsson eine positive Nachricht senden», erklärte Eisenachs Trainer Adalsteinn Eyjolfsson emotional ergriffen.
Ausgesprochen emotional war es nach dem Abpfiff der Partie. Die stimmungsvolle Kulisse feierte mit stehenden Ovationen ihre Mannschaft. Zur Ehrenrunde kam Rückraumspieler Hannes Jon Jonsson, gerade eine schwere Operation im Eisenacher St. Georg-Klinikum hinter sich und auf vollständige Gesundung hoffend, in den Kreis seiner Mannschaftskameraden auf das Parkett. Die Ovationen auf den Rängen wuchsen zum Orkan! Da war er wieder, der Berge versetzende Geist des Eisenacher Handballs!
«Ich bin einfach nur stolz auf diese Mannschaf», diesen Satz hätte jeder der über 1300 Zuschauer am Mittwochabend unterschrieben. Der Zweitbundesligist von der Wartburg bot gegen den Erstbundesligisten eine überzeugende Leistung, siegte auch in der Höhe völlig verdient und befindet sich im Lostopf für die 4. DHB-Pokal-Hauptrunde, die am Samstagnachmittag ausgelost und am 12. Dezember 2012 ausgetragen wird.

ThSV Eisenach zu schnell für Erstliga-Dino
Eine stabile Abwehr mit einem zur Hochform auflaufenden Keeper Stanislaw Gorobtschuk (parierte 20 Bälle) bildete den Grundstein des Überraschungscoups. Nach vorn zelebrierten die Hausherren modernen Angriffshandball, zu kreativ und zu schnell für den Tabellen-Vorletzten der 1. Bundesliga. Geradezu rasant zog der ThSV Eisenach vom 10:11 (21.) auf 19:13 (40., Adrian Wöhler von Linksaußen) und 22:14 (47., Nick Heinemann per Tempogegenstoß) davon. Eryk Kaluzinski, ließ sich von einem mißlungenen Einstand nach seiner Einwechslung nicht irritieren, trumpfte groß auf. Nick Heinemann imponierte – nach einer schwächeren Leistung in Hüttenberg – schlitzohrig in der Abwehr und kaltblütig im Nutzen der Torchancen, auch von der Siebenmeterlinie. «Verbessert zeigten wir uns bei der zweiten Welle», freute sich Adalsteinn Eyjolfsson.
«Die Abwehr und der Torhüter ergänzten sich prächtig. Stani Gorobtschuk wartete mit einer Super-Leistung auf», unterstrich der Isländer. Der 24-jährige Keeper, bis in die Haarspitzen heiß, schien Angst zu haben, die Höchsttemperatur zu verlieren, hielt sich während der Halbzeitpause auf dem Parkett warm und verharrte bei Ballbesitz seines Teams während des Spiels nicht im eigenen Torkreis, sondern war ständig in Bewegung. «Unglaublich, was der junge Mann gehalten hat», fand auch Peter David, der Coach des TV Großwallstadt, lobende Worte zum Eisenacher Schlussmann.
«Der ThSV Eisenach war im gesamten Spiel hungrig und aggressiv. Wir befinden uns in einer schwierigen Situation. Das erfolglose Liga-Auftaktprogramm hat seine Spuren hinterlassen», erklärte Peter David. Nach neun Spieltagen in der 1. Bundesliga hat sein Team gerade einmal einen einzigen Pluszähler auszuweisen. Die Kontrahenten kamen bisher zwar aus der oberen Tabellenhälfte, doch der Auftritt in Eisenach war enttäuschend. Eigentlich wollte man sich mit einem Pokalerfolg beim Zweitligisten auf das so wichtige Punktspiel am Freitag gegen GWD Minden einstimmen, doch das ging völlig daneben. «Im Schlussgang blieb uns ja nur Ergebniskosmetik», merkte Peter David geradezu sarkastisch an. Sein in der 9. Minute eingewechselte Torhüter Martin Galia verhinderte mit 16 abgewehrten Bällen ein Debakel. Ob der erfahrene Ex-Nationalspieler Oliver Köhrmann oder der junge Jonathan Eisenkrätzer auf der so wichtigen Regieposition, von strukturiertem torgefährlichem Angriffspiel war nicht viel zu sehen. (Die vorhandenen Qualitäten eines Michael Holst, bei seinem Ex-Verein Bayer Dormagen durchaus erfolgreich die Regieposition ausfüllend, werden beim Einsatz auf Außen nicht ausgeschöpft.) War Eisenachs Abwehr dennoch ausmanövriert, da stand ja noch Stanislaw Gorobtschuk. Er wurde zum Alptraum für nahezu alle Großwallstädter. Zwischen der 21. und 47. Minute, brachten die Gäste ganze drei Bälle im Eisenacher Kasten unter. Schon lange vor dem Abpfiff wurde Thüringens Nationalhymne, das Rennsteiglied, angestimmt.
Beim ThSV Eisenach durfte dann sogar Youngster Konstantin Singwald ran. Er setzt eine erfolgreiche Familientradition fort; sein Großvater Frieder Singwald wurde 1958 mit den Handballern von Motor Eisenach Deutscher Meister im Feldhandball der DDR. Einige aus der späteren Motor-Eisenach-Generation, wie Torhüter Rainer Lehmann, Rückraumspieler Axel Prill, Abwehrspezialist und Kapitän Michael Dubiel oder Jürgen «Bongo» Beck jubelten mit ihren «Nachfolgern» an diesem Mittwochabend.

Kurze Durstrecke rasch gemeistert
Die Wartburgstädter starteten selbstbewusst und furios. Duje Miljak und Nicolai Hansen lösten zunächst Girts Lilienfelds und Benjamin Trautvetter für Abwehraufgaben ab. Nach vorn wurde sofort das Tempo forciert. Tomas Sklenak & Co. heizten ihren Gegenübern gleich mächtig ein. Nach Regelwidrigkeit am tschechischen Nationalspieler versenkte Nick Heinemann den fälligen Siebenmeter zum 5:2 (8.). Daniel Luther, in der Startformation im linken Rückraum vor Elan sprühend und immer wieder scharf und platziert abziehend, schmetterte zum 8:4 ein (9.). Die Gäste wechselten ihren Torhüter. Die Dominanz der Hausherren blieb. Nick Heinemann erspitzelte das Leder und Daniel Luther vollendete zum 10:7 (16.), machte wenig später aber schmerzhafte Bekanntschaft mit den Werbebanden. Es folgte eine – die einzige – Schwächephase der Wartburgstädter. Balleroberungen und Überzahl nutzten die Gäste über Michael Thiede und Michael Spatz zum 10:11 (22.). Branimir Koloper löste den Rot gefährdeten Duje Miljak in der Abwehr ab. Stanislaw Gorobtschuk setzte als erste die Segel auf volle Fahrt voraus. ThSV-Kapitän Benjamin Trautvetter konnte nur regelwidrig gestoppt werden. Nick Heinemann besorgte mit dem für ihn typischen Heber das 13:12 von der Siebenmeterlinie (29.). Sein Team gab die Führung nicht mehr aus der Hand. Die Gäste wirkten zunehmend konsterniert, waren mit ihrem Latein am Ende. Ihr Schlussmann Martin Galia stemmte sich gegen die drohende Niederlage. Seine Vorderleute ließen ihn allerdings in Stich. Eryk Kaluzinski schloss einen Tempogegenstoß zum 16:13 (35.) ab. Girts Lilienfelds bediente den sich an der Kreismitte lösenden Benjamin Trautvetter, der zum 17:13 einnetzte (38.). Dann «roch» Nick Heinemamm mal wieder ein Abspiel der Gäste, stibitzte das Leder und bediente den losstiefelnden Eryk Kaluzinski zum 18:13 (39.). Der Erstliga-Dino meldete «Land unter». Auszeiten und personelle Wechsel halfen nicht. Girts Liliebfelds legte für Tomas Sklenak auf, der zum 23:15 abzog (50.). Girts Lilienfelds und Duje Miljak wechselten sich im rechten Rückraum ab. Nick Heinemann vollendete im ICE-Tempo zum 25:17 (52.) und durfte nach seinem achten Treffer auf der Bank Platz nehmen. Girts Lilienfelds übernahm für die verbliebene Spielzeit die Rechtsaußenposition. Im Nachwurf drückte Tomas Sklenak das Leder zum 26:17 (53.) in die Maschen. Großwallstadts Sverre Jakobsson und Cornelius Mass scheiterten an ThSV-Keeper Stanislaw Gorobtschuk und drehten geradezu verzweifelt ab. Alexander Schiffner «legte» den Ball von Linksaußen zum 27:18 ins Gästegehäuse. Es folgte die von Großwallstadts Trainer beschriebene «Ergebniskosmetik»…

Zum Ende einer «englischen Woche» mit zwei Punkt- und einem Pokalspiel erwartet der ThSV Eisenach am Samstag, 27.10.2012 um 19.30 Uhr die SG Bietigheim um Zweitligazähler und will mit einem vollen Erfolg weiter vorn mischen.

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Statistik

ThSV Eisenach: Gorobtschuk, Musil; Trautvetter (3), Sklenak (4), Wöhler (3), Luther (4), Miljak, Kaluzinski (4), Hansen, Singwald, Schiffner (1), Heinemann (8/4), Lilienfelds, Koloper
TV Großwallstadt: Wolff, Galia; Spatz (3), Bühler (1), Thiede (3), Graubner, Eisenkrätzer, Holst(4/2), Larsson (1), Jakobsson, Kaufmann (3), Köhrmann (1), Maas (2), Eisenträger (2)

Zeitstrafen: Eisenach: 4 x 2 Min – Großwallstadt 5 x 2 Min.
Siebenmeter: Eisenach 4/4 – Großwallstadt 2/2

Alle Resultate der 3. DHB-Pokal-Hauptrunde
SG Bietigheim – HC Empor Rostock 31:26
TuS Nettelstedt-Lübbecke – Füchse Berlin 32:28
Bergischer HC – HSV Hamburg 28:32
ASV Hamm – HC Erlangen 21:28
TuS Ferndorf – SG Flensburg-Handewitt 31:42
TBV Lemgo – TSV Hannover-Burgdorf 31:33
HSG Nordhorn – Eintracht Hildesheim 31:30
SC DHfK Leipzig – THW Kiel 27:43
ThSV Eisenach – TV Großwallstadt 27:20
GWD Minden – TUSEM Essen 27:23
VFL Gummersbach – Rhein-Neckar-Löwen 25:32
TV Emsdetten – TV Neuhausen 33:20
VFL Bad Schwartau – HSG Wetzlar 33:30
TSV Weinsberg – NT Melsungen 24:44
TV Hüttenberg – HBW Balingen/Weilstetten 30:32
Frisch Auf Göppingen – SC Magdeburg 35:37

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