Steals gehören zu seinem Markenzeichen
Nachgefragt bei Vincent Büchner, im Sommer von der TSV Hannover-Burgdorf zum ThSV Eisenach gekommen
Seit dem Sommer spielt der 27-jährige Vincent Büchner für den ThSV Eisenach. Nach 13 langen Jahren bei der TSV Hannover-Burgdorf. Erst kürzlich heirate er seine Mailin. Mit ihr und Hund Eddie, einem Golden Doodle, hat der 1,80 Meter große und 80 Kilo wiegende Linksaußen eine gemütliche Wohnung am Rande der Eisenacher Kernstadt bezogen. Er studiert an einer Fern-Uni Marketing.
Wir sprachen mit dem in Hildesheim geborenen Vincent Büchner:
Sie sind bei den Minis zum Handball gekommen und geblieben, hatten keine Lust auf eine andere Sportart?
Ich habe mich in mehreren Sportarten ausprobiert, so im Fußball, Tennis und Beachvolleyball. Ein Jahr habe ich meinem größeren Bruder beim Handball zugeschaut, um es dann selbst zu probieren, wollte mit den Großen mithalten. Mit den Freunden und zusammen mit meinem großen Bruder konnte ich nach der Schule zum Handball. Das war echt cool! Ich bin bei der TuS Grün-Weiß Himmelsthür geblieben.
Was fasziniert Sie am Handball?
Das Teamgefüge, das Mannschaftsspiel. Du bist nicht alleine, die gegenseitige Unterstützung auf dem Spielfeld prägt das Spiel. Der Handball ist mit den Jahren immer schneller und technisch anspruchsvoller geworden. Er ist ein sehr körperbetonter und harter Sport mit vielen Zweikämpfen. Trotzdem wird Fairness großgeschrieben, die Nähe zwischen Spielern und Fans zeichnet den Sport aus. Nicht zu vergessen, die Atmosphäre in den Hallen. Ein Handballspiel wird für viele Zuschauer zu einem richtigen Erlebnis und verbindet einfach.
In Hildesheim geboren, aber nie bei Eintracht Hildesheim mal gespielt? Hat da nicht Gerald Oberbeck, langjähriger erfolgreicher Macher von Eintracht Hildesheim, mal angefragt?
Zwischen der TuS Grün-Weiß Himmelsthür und Eintracht Hildesheim herrschte damals große Rivalität. Es kam keine Frage nach einem Wechsel auf. Auch nicht als C-Jugendlicher. Im zweiten C-Jugend-Jahr bin ich zur TSV Hannover-Burgdorf gewechselt. Ein Jahr bin ich mit dem Zug hin und zurück gefahren, meine Eltern haben mich dabei unterstützt, auch mit Lunchpaketen. Im zweiten C-Jugend-Jahr bezog ich dann Quartier im Internat in Hannover, mit Sportlern verschiedener Sportarten.
Welche Positionen besetzten Sie zunächst? Wurde Linksaußen dann die für Sie richtige?
Ich habe auf Rückraum Mitte angefangen. Bei einer DHB-Sichtung für die Jugend-Nationalmannschaft bekam ich den Rat, die Position zu wechseln. Ich habe dann auf Linksau0en und Rückraum Mitte gespielt. Während der A-Jugend verstärkt Linksaußen, ab den Männern dann stets auf Linksaußen, der richtigen Position für mich. Von Trainer Carlos Ortega habe ich ganz viel gelernt.
Gibt es Spieler, von denen Sie sich gern was abschauen?
Der Spanier Christian Ugalde hat aus meiner Sicht das Linksaußen-Spiel neu erfunden. Von ihm habe ich mir ganz viel abgeschaut, das Abwehrspiel, agil auf den Beinen, das Vorausschauen. Von ihm habe ich extrem viel mitgenommen. Er spielte ja von 2018 bis 2020 in Hannover. Aber auch der Austausch mit Timo Kastening, speziell der Blick auf das gesamte Spielfeld, das Angriffsspiel insgesamt, haben mir viel gebracht.
Welche Erfolge gelangen im Nachwuchs?
Ich stand im Halbfinale um die deutsche Meisterschaft der A-Jugend, gewann den Länderpokal in Niedersachsen. Zu nennen natürlich auch, die Länderspiele mit der Jugendnationalmannschaft.
Erfolge im Männerbereich, im EHF-Europa-Pokal?
Die Teilnahme am EHF-Pokal war ein tolles Erlebnis, hat viel Spaß gemacht. Ich habe es, trotz der Reisestrapazen, genossen. Im Viertelfinale bekamen wir leider die Füchse Berlin zugelost und sind ausgeschieden. Hervorzuheben, die Teilnahme am Final Four des DHB-Pokals. Die Stimmung mit den Fanlagern der vier beteiligten Teams an den Ecken der Arena beeindruckte.
Die letzten drei Jahre, mit den Platzierungen 6, 7 und wieder 6, waren mit der TSV Hannover-Burgdorf doch recht erfolgreich. Warum nun der Wechsel zum ThSV Eisenach?
Die Zeit in Hannover hat viel Spaß gemacht. Der Verein schien auf Veränderung auf meiner Position aus. Bei mir prägte sich das Gefühl verstärkt aus, dass auch ich eine Veränderung möchte. Über meinen Berater entstand der Kontakt zum ThSV Eisenach. In den Gesprächen mit Geschäftsführer Rene Witte wurde mir viel Wertschätzung entgegengebracht. Das hat mich sehr gefreut. Zudem kenne ich das unglaubliche Publikum in Eisenach. So streife ich seit Beginn der neuen Saison das Trikot des ThSV Eisenach über.
Welche Hoffnungen, welche Erwartungen haben Sie mit dem Wechsel verknüpft?
Wie bereits erwähnt, ich habe eine neue Aufgabe, eine neue Herausforderung gesucht. Dieses Mal nicht bei einer Spitzenmannschaft, sondern bei einem Underdog. Doch der ThSV Eisenach ist nicht zu unterschätzen. Das weiß man in der Liga. Da ist diese fortlebende Tradition, die mich beeindruckt und auch ein Grund für meinen Wechsel nach Eisenach war. Wir brauchen uns nicht zu verstecken. Ich bin ausgesprochen zuversichtlich, dass uns der Klassenerhalt gelingt. Was erwarte ich für mich? Ich will individuell einen Schritt nach vorn machen, ein Stück Verantwortung übernehmen, in meinen Steal-Entscheidungen sicherer werden.
Sie stibitzen gern Bälle aus den Reihen des sportlichen Gegners?
Ich habe unter Carlos Ortega, bei dem ich 2017 mit 19 Jahren in der Bundesliga debütierte, bei Cristian Ugalde und bei Iker Romero die Rolle des Außenverteidigers gelernt, agil zum Ball zu gehen. Ich schaue mir vor jedem Spiel ausgiebig Videos vom Gegner an, um Automatismen zu erkennen. Wichtig, wie die eigene Abwehr agiert, um an die Bälle zu kommen und dann per Gegenstoß leichte Tore zu erzielen.
Würfen von den Außenpositionen an den Kopf des Torhüters ziehen zumeist eine Zwei-Minuten-Strafe nach sich. Eine aus Ihrer Sicht richtige Regelung?
Sie ist umstritten. Den Ball neben den Kopf ins Tor zu zirkeln, kann ein taktisches Mittel sein. Manchmal bekommt man das Leder nicht hundertprozentig unter Kontrolle, der Pass nach außen kommt ungenau, der Ball ist rutschig. Das können die Schiedsrichter in dem Moment nicht genau sehen. Ich unterstelle keinem Spieler, absichtlich auf den Kopf des Torhüters zu werfen. Man sollte aber zwischen leichten oder harten Würfen unterscheiden. Ein lockerer Leger als Kopfstreifer stufe ich als nicht so wild ein. Natürlich, der Torwart soll geschützt werden, aber leider wird diese Regel ab und zu von manchen Torhütern ausgenutzt.
Sie haben bis zu Ihrem Wechsel nach Eisenach in 212 Bundesligaspielen 434 Treffer markiert. Nur einen einzigen per Siebenmeter. Siebenmeter sind nicht Ihr Ding? Eisenach hat Probleme vom Siebenmeter-Strich.
Oskar Joelsson und Felix Aellen machen das aktuell gut. Es gibt keinerlei Grund, etwas zu ändern. Wenn ich am Siebenmeter-Strich gebraucht werde, stehe ich bereit.
Was unterscheidet den Handball beim ThSV Eisenach von dem bei der TSV Hannover-Burgdorf?
Es gibt natürlich einige Unterschiede. Der Underdog zu sein, das ist neu für mich, aber ich mag diese Rolle. Außerdem haben wir etwas andere taktische Mittel, andere Spielertypen und müssen einfach eine andere Mentalität an den Tag legen, um in der Liga zu bestehen.
Der 32:29-Erfolg über den VfL Gummersbach war ein Paukenschlag. Was ist aus Ihrer Sicht für den ThSV Eisenach in dieser Saison drin? In Hannover kostete eine 7-minütige Schwächephase einen oder gar zwei mögliche Punkte.
Wir müssen schön auf dem Teppich bleiben. Am Ende des Tages zählt der Klassenerhalt.
Nach 7 Spieltagen standen Sie bei 17 Treffern aus 22 Würfen, einer Wurfeffektivität von 77,27 Prozent. Damit zufrieden?
Meine Wurfquote sollte stets über 75 Prozent liegen, möglichst nahe 80 Prozent. Diese Quote ist egal, solange wir gewinnen!
Sie sind ein gestandener Bundesligaprofi, was stufen Sie selbst als Ihre Stärken ein, wo kann noch zugelegt werden?
Verbessern kann man sich immer. Besseres Timing bei meinen Aktionen, beispielsweise als Einläufer, effektiver werden bei meinen Steals, das Gefühl schärfen, wenn ich gehen kann, um nicht ins Leere zu laufen, ist angesagt. Wir kommunizieren viel, wie wir besser werden können. Wir sind eine coole Truppe, sprechen offen darüber, wie wir ein neues, ein höheres Level erreichen können.
Wer ist Ihr Zimmernachbar bei Übernachtungen bei Auswärtsspielen?
Felix Aellen.
Mikrofone bei Auszeiten bei den Traineransprachen sind schon Normalität, Mikrofone und Kameras bald auch in der Halbzeitpause in der Kabine, wie stehen Sie dazu?
Das fände ich nicht gut. In der Kabine werden interne Dinge, auch taktische Mittel, angesprochen, wird viel diskutiert. Das muss intern und im Mannschaftskreis bleiben.
Sie wohnen nun in einer Kleinstadt mit gerade einmal 40.000 Einwohnern, sind aus der Hauptstadt Niedersachsens mit ca. 520.000 Einwohnern gekommen. Behagt Ihnen das Kleinstadt-Milieu?
Wir haben seit zwei Jahren einen Hund, sind deshalb in Hannover an den Rand der Stadt gezogen. In Eisenach sind wir ganz schnell draußen in der Natur, im Wald und auf Wiesen. Da können wir abschalten, den Kopf freibekommen. Ich bin in 5 Minuten auf dem Kleinen Hörselberg, kann die Seele baumeln lassen. Nun ja, in punkto Unternehmungen bieten sich wenige Möglichkeiten. Was uns betrifft, wir haben in Eisenach alles, was wir brauchen.
Und dazu kommt mit der Werner-Aßmann-Halle eine kleine enge Spielstätte?
Genau das finde ich super! Die Nähe zu den Zuschauern ist cool. Da kommt Stimmung auf. Die Fans stärken uns den Rücken. Die Werner-Aßmann-Halle, das sorgt für Gänsehaut-Momente.
Welche Freizeitinteressen pflegen Sie?
Wie bereits angesprochen, das Hobby meiner Frau und mir ist unser Hund, mit ihm hinaus in die Natur gehen. Wenn es passt, verabrede ich mich mit zwei oder drei Mitspielern. Viel Zeit für Freizeit bleibt bei unserem straffen Programm von Training, öffentlichen und Sponsorenterminen sowie Wettkampf ohnehin nicht. Ich hörte, hier gibt es eine fantastische Tennisanlage, die werde ich bestimmt im nächsten Jahr besuchen. Und ich weiß, in und um Eisenach gibt es viel zu sehen.
Sind Sie ein ruhiger oder ein impulsiver Typ?
Beides. Eher ruhig, aber auch mal impulsiv.
Was ärgert Sie an anderen am meisten?
Unzuverlässlichkeit.
Ihr Lieblingsessen?
Pfannkuchen von Oma. Einfach lecker!
Ihre Lieblingsmusik?
Eigentlich höre ich alles. Besonders gern aber Musik, die Felix Aellen nicht hört.
Danke Vincent Büchner für die Einblicke in Ihr Leben.
Th. Levknecht