ThSV Eisenach bejubelt 24:22 in Dutenhofen

Der Rucksack der 5 Auswärtsniederlagen in Folge lastete schwer auf den Schultern des ThSV Eisenach. Umso ausgelassener die Stimmung bei den Wartburgstädtern am Samstagabend in der Sporthalle Dutenhofen. Beim Abpfiff stand nämlich der so heiß ersehnte erste Auswärtserfolg auf der Anzeigetafel: 22:24 (13:10). Mannschaft, Trainer und mitgereiste Fans lagen sich in den Armen. Das hessisch-thüringische Nachbarschaftsderby zwischen der HSG D/M Wetzlar und dem ThSV Eisenach sah aufgrund der Leistung in der 2. Spielhälfte einen verdienten Sieger.

Zwei Schlüsselszenen
Rainer Dotzauer, sportlicher Leiter der HSG Wetzlar, für den gesperrten Trainer Velimir Petkovic Chef auf der Bank, hatte zwei Schlüsselszenen ausgemacht. Eisenachs Sergio Casanova kassierte Sekunden vor der Pause eine Zeitstrafe nach Foulspiel. Seine «Bemerkungen» beim Abgang ahndeten die Unparteiischen Geipel/Helbig mit einer «Zugabe» von nochmals zwei Minuten. Das war jedoch bereits die dritte Zeitstrafe, bedeutete «Rot» und das vorzeitige Aus für den Spanier. Seine Mannschaft musste zu Beginn der 2. Halbzeit dadurch 4 Minuten in Unterzahl spielen. Beim Stand von 13:10 konnte Wetzlar daraus jedoch kein Kapital schlagen. «Wir hätten diese numerische Überlegenheit nutzen müssen, um auf 5 oder 6 Treffer zu enteilen, um am Ende eventuell davon zehren zu können», analysierte «Mister Handball» Rainer Dotzauer. Im Gegenteil, diese Phase ging gar mit 2:1 Treffern an den ThSV Eisenach. Zweite Schlüsselszene war für Rainer Dotzauer die rote Karte für HSG-Urgestein Wolfgang Klimpke nach der 3. Zeitstrafe (41.Min.). Die Deckung der Gastgeber wurde besonders im Innenblock porös. Eisenachs Kapitän Martin Reuter nutzte dies zu entscheidenden Treffern. Eisenachs Angriffsmuster mit Zuspielen zum am Kreis lauernden Stephan Just (insgesamt 10 Tore/ davon 5 verwandelte Siebenmeter) erwies sich als goldrichtig. Wetzlar hatte nach Klimpkes Ausfall kaum noch Wechselmöglichkeiten. Der bullige Thomas Michel und Regisseur Nebosja Golic mussten in Abwehr und Angriff durchspielen. Doch dafür reichte die Kraft nicht. Die Eisenacher hatten da ganz andere personelle Alternativen, auch ohne den noch verletzt zuschauenden Stephane Joulin. Die besser besetzte Bank und eine klare spielerische Steigerung gaben den Ausschlag für die Thüringer

Start mit vielen Fehlern
Die Eisenacher begannen die Partie vor 1600 Zuschauern wie zumeist auswärts, mit einer Vielzahl von Technik- und Regelfehlern. Wetzlar, ohne ihren nach einer Tätlichkeit gesperrten Star Ghenadij Chalepo sowie die verletzten Andreas Klimpke, Arvydas Kestawitz und Niko Bepler nutzte die Präsente der Eisenacher. Die rasche 2:0 Führung der Hessen (3.Min.) wendeten die Eisenacher durch Treffer von Casanova, Just und Amalou zum 2:3 (6.Min.). ThSV-Keeper Dragan Jerkovic fischte im großen Stil einen Siebenmeter von Wetzlars Björn Monnberg herunter (6.). Doch ein Fehlerfestival der Eisenacher brachte die Hausherren wieder in die Erfolgsspur. Casanova traf für Eisenach nur das Holz. Zwei Vildalen-Würfe sahen Wetzlars Keeper Axel Geerken als Sieger. Jonny Jensen unterlief ein Schrittfehler beim Konter, Sergio Casanova ein Stürmerfoul. Über 5:4 (Michel, 8.Min.) bauten die Gastgeber ihren Vorsprung auf 4 Treffer aus (10:6, 18.Min.). Eisenachs Ronny Göhl scheiterte mehrfach aussichtsreich. Für den jungen Ex-Suhler rückte Elmar Romanesen auf die Rechtsaußenposition. Jonny Jensen kam für den scheinbar ohne Zielwasser angereisten Martin Reuter im Rückraum. Den Hausherren gelangen einfache Treffer aus dem Rückraum (Bjarnaason, Michel). Eisenach steckte die eigenen Stockfehler weg, ließ sich nicht entmutigen, ließ aber auch dickste Möglichkeiten aus. Statt des möglichen Anschlusstreffers beim Stand von 12:10 erreichte ein Vildalen-Zuspiel nicht Stephan Just. Thomas Michel hämmerte im Gegenzug zum 13:10 ein. In Ballbesitz leistete sich der ThSV Eisenach Sekunden vor der Halbzeitsirene ein Fehlabspiel. Eines mit Folgen, denn unmittelbar danach sah Sergio Casanova Rot.

Eisenach dreht auf
Für den nun im ThSV-Fanblock sitzenden Sergio Casanova kam Martin Reuter zurück auf das Parkett. Die 4-minütige Überzahlsituation konnte Wetzlar jedoch nicht nutzen. Eisenach ging stattdessen gestärkt daraus hervor. Endlich wurde fehlerfrei kombiniert. Die Eisenacher steigerten sich von Minute zu Minute. Nach schöner Ballstafette lochte Stephan Just zum Anschlusstreffer ein (14:13, 36.). ThSV-Schlussmann Dragan Jerkovic motivierte seine Vorderleute durch eine Glanztat gegen den völlig frei vor ihm auftauchenden Robert Sighvatsson (41.). Den folgenden Eisenacher Angriffszug stoppte Wolfgang Klimpke nur regelwidrig. Die verhängte Zeitstrafe war die Dritte und bedeutete vorzeitiges Duschen.
Eine entscheidende Schwächung für die Gastgeber! Eisenachs Kapitän Martin Reuter stellte die Zeichen auf Sieg. Er wuchtete zum 15:15 Ausgleich ein (41.), egalisierte die folgende Wetzlarer Führung prompt (16:16, 44.). Nach Vorarbeit von Martin Reuter traf Karsten Wöhler von Linksaußen zum 17:17 (45.).

Erfolgsrezept: Anspiele zum Kreis
Stephan Just markierte per Heber auf Vorlage von Preben Vildalen das 17:18 (47.). Bis zum Schlusspfiff ließen sich die Wartburgstädter die Führung nicht mehr aus der Hand nehmen. Martin Reuter versenkte das Leder zum 17:19 (48.). Die Gastgeber wirkten ausgelaugt, stemmten sich verzweifelt gegen die drohende Niederlage. Doch weder Thomas Michel noch Sigurdur Bjarnason konnten die Eisenacher Deckung und Keeper Dragan Jerkovic noch entscheidend bezwingen. Stephan Just lochte zum 19:22 (52.) ein. Karsten Wöhler staubte zum 20:23 (55.) ab. Wetzlar kämpft. Die Würfe ihres Kanoniers Thomas Michel landeten jedoch neben dem Eisenacher Kasten. Doch auch Eisenachs Martin Reuter traf nun nicht mehr. Sighvatsson und Golic (Siebenmeter) verkürzten für Wetzlar auf 22:23 (59.). In Unterzahl, Stephan Just musste auf die Bank, galt es für die Schützlinge von Peter Rost und Matthias Allonge die 80 Schlusssekunden zu überstehen. Elmar Romanesen, zuletzt nur «Bankdrücker», fasste sich ein Herz, legte all den Frust des Nichtspielens in den Wurf und traf zum alles entscheidenden 22:24 (60.). Als «Sahnehäubchen» meisterte dann Eisenachs Torhüter Dragan Jerkovic gar noch einen Golic-Strafwurf. Ausgelaugt und ausgepowert musste Wetzlar die Überlegenheit der Gäste aus Thüringen anerkennen.

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STIMMEN ZUM SPIEL
Velimir Petkovic (gesperrter Trainer der HSG Wetzlar):
Wir sahen eine Partie mit zwei Gesichtern. In der 1. Halbzeit klappte bei uns vieles, folgerichtig die Pausenführung. Eisenach hatte bis dahin erhebliche Probleme. In der 2. Halbzeit kippte die Begegnung. Den Ausfall von Wolfgang Klimpke nach der roten Karte konnten wir nicht kompensieren. Der Mittelblock in der Deckung war nun löchrig. Die Deckung fand keine Einstellung mehr. Eisenachs Kapitän Martin Reuter konnte so einfache und zugleich für seine Mannschaft ganz wichtige Tore erzielen. Der immer wieder praktizierte Spielzug zur Kreismitte brachte für Eisenach den insgesamt verdienten Erfolg. Ausschlaggebend waren zudem die Kraftreserven der Eisenacher. Mit unserem bis auf 6 Feldspieler geschrumpften Kader fehlte in der Schlussviertelstunde einfach die Kraft. Thomas Michel und Nebosja Golic waren völlig ausgepumpt.
Nach dieser Niederlage befinden wir uns in einer kritischen Situation, zumal wir personell weiter auf Sparflamme fahren müssen. Aber vielleicht gelingt uns in Wilhelmshaven eine Überraschung, oder dann beim Rückspiel in Eisenach…

Peter Rost (Trainer ThSV Eisenach):
Wir haben endlich nachgewiesen, auch diese Saison auswärts gewinnen zu können. Zunächst setzte sich jedoch der Trend unserer Auswärtsauftritte fort. Viele Technik- und Regelfehler stoppten unser Spiel. In puncto Chancenverwertung sündigten wir. Mit Beginn der 2. Halbzeit haben wir uns gefangen. Martin Reuter traf endlich aus dem Rückraum. Wir wussten von der Personalmisere der Gastgeber, bauten auch auf deren Kräfteverschleiß. Wetzlar kämpfte wacker, doch wir hatten das größere Spielerpotential und damit in der Schlussphase einfach mehr Kraftreserven. Völlig verdient nehmen wir die zwei Pluszähler mit nach Thüringen. Das gute Verhältnis zwischen beiden Vereinen, seit vielen Jahren gewachsen, bleibt natürlich weiter bestehen.

Thomas Dröge (Manager ThSV Eisenach):
Wir waren froh, in dieser Saison in der Hinrunde in Dutenhofen antreten zu können. In den vergangenen zwei Spielzeiten hatten wir gegen Wetzlar Heimrecht und verloren. Nach 5 Auswärtsniederlagen in Folge haben wir endlich den Bock umgestoßen. Die rote Karte für Sergio Casanova unmittelbar vor der Pause blieb für uns ohne Folgen. Mit seiner unbeherrschten Aktion hätte er der Mannschaft schwer schaden können. Wetzlar zog allerdings daraus keinen Vorteil.

Rainer Dotzauer (sportlicher Leiter der HSG Wetzlar):
Wir haben diese Partie unter Protest absolviert. Wir hoffen in Sachen Khalepo auf die Verhandlung am Freitag in Dortmund. Unser finanzieller Rahmen lässt eine Neuverpflichtung nicht zu.

STATISTIK
Wetzlar: Geerken, Strzelec; Bjarnason (5), Michel (5), Brajkovic, Sighvatsson (3), W. Klimpke (1), Golic (4/1), M. Allendörfer (1), Schmidt
Eisenach: Jerkovic, Lehmann (n.e.); Romanesen (1), Wöhler (3), Amalou (1), Vildalen (1), Reuter (4), Bitterlich, Jensen (1), Just (10/5), Göhl (1), Casanova (2)
Zeitstrafen: Wetzlar 5×2 Min. (Rot für W. Klimpke 41. n. 3. ZS);
Eisenach 6×2 Min. (Rot für Casanova 30. n. 3. ZS)
Siebenmeter: Wetzlar 3/1; Eisenach 5/5
Schiedsrichter: Geipel/Helbig (Steuden/Raguhn)
Zuschauer: 1600