ThSV Eisenach im Jubel – Nur ein Zähler fehlt noch zum Aufstieg

Samstagabend im Siegerland, in der Sporthalle Kreuztal: Ausgelassen tanzen die Spieler des ThSV Eisenach vor dem mit über einhundert mitgereisten eigenen Fans voll besetzten Gästeblock, dirigiert von Rückraumspieler Daniel Luther als Stimmungskanone. Die in blau-weiß gehüllten ThSV-Fans, die Handball live dem Fußballereignis im TV den Vorzug gaben, feiern ihre Lieblinge enthusiastisch, der gastgebende TV Ferndorf gratuliert nach dem 25:30 (10:13) den Wartburgstädtern zum Aufstieg in die 1. Bundesliga.

Adalsteinn Eyjolfsson, der Coach des ThSV Eissenach, wiegelt noch ab, theoretisch sei noch nicht alles in trockenen Tüchern, solle der letzte Schritt im Heimspiel am Samstag, 01.06.2013 gegen Eintracht Hildesheim vollzogen werden. Doch die Würfel über den dritten Aufsteiger, neben dem Bergischen HC und TV Emsdetten, dürften am vergangenen Wochenende, am 36. Spieltag, zugunsten des Teams um Kapitän Benjamin Trautvetter gefallen sein. Der hartnäckigste Widersacher um den so begehrten dritten Tabellenplatz, die SG Bietigheim, patzte bei einem Tabellen-Kellerkind, ließ sich von der SG Leutershausen im zweiten Abschnitt regelrecht zum 42:31 überrumpeln.

Die «roten Teufel» lieferten eine Maßvorlage, die der ThSV Eisenach beim Tabellen-Letzten resolut verwertete. Vor den abschließenden zwei Spieltagen haben die Eisenacher gegenüber der SG Bietigheim ein Plus von vier Zählern, können zudem auf das bessere Torverhältnis verweisen (Eisenach plus 57 Tore. Bietigheim plus 34 Tore). Was soll da der Rückkehr des Traditionsvereines von der Wartburg in die Beletage des deutschen Handballs noch im Wege stehen?

«Wir wollen gemeinsam mit unseren fantastischen Fans im Heimspiel gegen Eintracht Hildesheim die Ziellinie komplett überqueren», übte sich Eisenachs Trainer Adalsteinn Eyjolfsson in Zurückhaltung, während sich seine Spieler ein kühles Blondes genehmigten. «Wir haben den Kontrahenten nicht unterschätzt, sind mit vollster Konzentration in die Aufgabe beim Tabellen-Letzten gegangen. Unsere mitgereisten Fans haben uns auch in dieser Partie enorm geholfen», betonte Eisenachs Rückraumspieler Duje Miljak, den die ThSV- Anhänger mit «Duje! Duje»- Sprechchören feierten. Der Linkshänder, eine «Bank» im Deckungsinnenblock, dem die eigenen Fans oftmals mehr Entschlossenheit im Vorwärtsgang wünschen, überzeugte dieses Mal auch im Angriff, wuchtete selbst fünf Bälle ein und lieferte mehrere Vorlagen zu Torerfolgen vom Kreis. Sichtbar zu gute kam dem ThSV Eisenach auch das Comeback des länger verletzt gewesenen Tomas Sklenak. Der tschechische Nationalspieler ergänzte sich bei seinen noch dosierten Einsätzen vortrefflich mit Hannes Jon Jonsson in der Rolle des Spielgestalters. Bei eigener Unterzahl standen beide gemeinsam auf dem Parkett, initiierten die Spielzüge zu Eisenacher Treffern. Daniel Luther bestätigte einmal mehr sein Leistungshoch, brillierte mit seiner Wurfstärke aus dem Rückraum. Auf den Altmeister im ThSV-Tor, Radek Musil, war erneut Verlass. Als er in der 54. Minute einen Siebenmeter abwehrte, huldigten ihn die stimmgewaltigen eigenen Fans mit «Radek! Radek»-Rufen. Der 39-jährige Keeper unterzeichnete in der Vorwoche einen zum 01.07.2013 beginnenden Zwei-Jahresvertrag bei Zweitligist EHV Aue. Radek Musil und auch Rückraum-Routinier Eryk Kaluzinski werden am Samstag, ebenso wie Philipp Lindner, aus den Eisenacher Reihen verabschiedet.

Etwas Schlendrian im Schlussgang
Adalsteinn Eyjolfsson ärgerte sich nach dem Abpfiff in der Halle Kreuztal über die ausgelassene Chance, etwas für das eigene Torverhältnis zu tun. «Nach dem 9-Tore-Plus haben wir etwas überdreht, nicht souverän genug gespielt», befand der Isländer in Diensten der Thüringer.
Mit Beginn der zweiten Halbzeit trumpften seine Schützlinge zunächst konsequent auf, zogen mit sehenswerten Ballstafetten zu den Kreispositionen, zu Nicolai Hansen und Adrian Wöhler, mit platzierten und knallharten Würfen aus dem Rückraum (Daniel Luther, Duje Miljak) und technisch eleganten Solis von Hannes Jon Jonsson auf 11:20 (39.) davon. Eine Deckungsumstellung der Hausherren, bei denen Cheftrainer Caslav Dincic krankheitsbedingt nicht dabei sein konnte, vom jungen Trainer der zweiten Mannschaft Michael Lerscht vertreten wurde, mit einer offensiven Variante gegen Hannes Jon Jonsson und Daniel Luther, vermochte Eisenachs Spielfluss kaum zu beeinträchtigen.
In dieser Phase gab es für die beherzt aufspielenden jungen Gastgeber, bei denen allerdings der erfahrene Simon Breuer nur bei einem über den Eisenacher Kasten gesetzten Strafwurf (8.) auffiel, kein Vorbeikommen am Innenblock der Eisenacher Abwehr. Ballgewinne waren vielmehr Ausgangspunkt für erfolgreiche Angriffszüge. Nick Heinemann verwandelte nach Regelwidrigkeit am eingewechselten Kapitän Benjamin Trautvetter den fälligen Strafwurf zum 13:21 (41.). Daniel Luther angelte sich das Leder und vollendete selbst zum 17:26 (51.). Doch dann ließ die Konzentration merklich nach. ThSV-Schlussmann Radek Musil ärgerte sich sichtbar über Aussetzer seiner Vorderleute. Die Gastgeber nutzten die Gunst, um auf 22:27 (57.) zu verkürzen, was Eisenachs Trainer Adalsteinn Eyjolfsson zur grünen Karte greifen ließ. Schwer, seine Mannen noch einmal zu erhöhter Konzentration aufzufordern, während das eigene Fanlager längst enthusiastische Jubelgesänge angestimmt hatte…

Sklenak-Comeback und Miljak-Offensivqualitäten
Die Gastgeber, die sich nach einjährigem Intermezzo wieder aus der 2. Bundesliga verabschieden, von ihren treuen Anhängern vorbildlich unterstützt, zeigten sich keinesfalls frustriert, zeigten sich im Aufeinandertreffen Tabellen-Letzter contra Tabellen-Dritter überaus couragiert, freuten sich über eine 3:1-Führung (Carsten Lange, 6.). Die Eisenacher, in der zuletzt erfolgreichern Formation beginnend sowie mit bewährtem Angriffs- und Deckungswechsel, fanden zu ihrem Spielrhythmus. «Stratege» Hannes Jon Jonsson übernahm das Kommando. Adrian Wöhler löste den Alexander Schiffner auf Linksaußen ab. Als Hannes Jon Jonsson eine Zeitstrafe kassierte, feierte Tomas Sklenak seinen Wiedereinstand (10. Min.), forcierte das Tempo und leitete zwei Treffern bei eigener Unterzahl ein, abgeschlossen durch Nick Heinemann und Daniel Luther zum 3:5 (11.). Die Hausherren beorderten Moritz Barkow auf vorgezogene Abwehrposition, um die Kreise von Eisenachs Spielgestalter Hannes Jon Jonsson einzuengen. Allerdings ohne wenig Erfolg. Adrian Wöhler vollendete eine Ballstafette von Linksaußen zum 7:9 (22.). Wenig Erfolg hatte allerdings Girts Lilienfelds mit seinen Würfen aus dem rechten Eisenacher Rückraum. Da standen die Torhüter der Gastgeber stets richtig. Duje Miljak übernahm dann mit Erfolg dessen Aufgabe im Angriff «Das spricht zugleich für unsere Breite im Kader», unterstrich Duje Miljak, der sich mit seinem Treffer zum 8:11 (27.) gehörig Selbstbewusstsein einimpfte, sich mit einer Energieleistung zum 10:13-Halbzeitstand durchtankte.

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Statistik

TuS Ferndorf: Rottschaefer, Hamers; A. Siljaric (4), Prskalo, Sorg (1/1), Aust (5), Breuer, Hilger (1), Lange (2), Johnen (3), M. Siljaric (1), Bettig (1), Barkow (5), Schneider (2)

ThSV Eisenach: Musil, Gorobtschuk; Trautvetter (1), Sklenak (1), Wöhler (3), Jonsson (7), Luther (6), Miljak (5), Kaluzinski, Hansen (3), Schiffner, Heinemann (4/1), Lilienfelds, Koloper

Siebenmeter: TuS Ferndorf 3/1 – ThSV Eisenach 1/1

Zeitstrafen: TuS Ferndorf 3 x 2 Min. – ThSV Eisenach 7 x 2 Min.

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