ThSV Eisenach jubelt beim Handballklassiker im Erzgebirge

Zur Weihnachtsfeier des EHV Aue tanzten die einheitlich blaue Zipfelmützen tragenden 120 Fans des ThSV Eisenach durch die Erzgebirgshalle! Was war da geschehen? Der ThSV Eisenach hatte den Handball-Klassiker, das ewig junge Traditionsderby, beim so heimstarken EHV Aue mit 25:23 (14:13) völlig verdient für sich entschieden. Das Erfolgsrezept der Handschke-Schützlinge in der mit 1500 Zuschauern gefüllten Höhle des Löwen: Mentale Stärke, Beharrlichkeit, geduldiger Spielaufbau, kompakte Abwehr mit einem sich rechtzeitig prächtig steigernden Torhüter Radek Musil, dazu die lautstarke Unterstützung der mitgereisten Anhänger. Lediglich beim 1:0 (2.) und 23:22 (56.) hatten die Gastgeber knapp die Nase vorn. Beim 16:19 (41./Schiffner nach Steilvorlage von Sklenak) führten die Thüringer mit drei Treffern. «Lächerlich, wenn mein Kollege auf Seiten des EHV Aue, Maik Nowak, von einem glücklichen Sieg sprach. Wir haben auf hohem Niveau über die gesamte Distanz aufgetrumpft. Hätten wir unsere herausgearbeiteten Torchancen noch resoluter genutzt, wäre die Entscheidung früher gefallen», kommentierte Eisenachs Trainer Maik Handschke. In dem einsatzstarken aber ausgesprochen fairen Prestigederby wurde es noch einmal eng. Mit der Einwechslung des Ex-Eisenachers Timo Meinl im Tor setzte der EHV Aue zur Schlussoffensive an. Die Wartburgstädter behielten in der dramatischen Schlussphase kühlen Kopf. Nick Heinemann egalisierte von Rechtsaußen zum 23:23 (57.). Ein Matschos-Ball klatscht ans Gebälk des ThSV Kasten. Da hatten die Eisenacher jenes Glück des Tüchtigen, das ihnen vormals bei zurückspringenden Bällen fehlte, die Aue dann versenkte. Ballstafette zum ansonsten gut abgeschirmten Eisenacher Kreisläufer Benjamin Trautvetter, der regelwidrig ausgebremst wurde. Die von der heißblütigen Kulisse unbeeindruckten Referees Knapp/Puchinger entscheiden auf Siebenmeter. Alexander Koke, zuvor zwei Strafwürfe sicher verwandelnd, scheitert an Timo Meinl, der die Faust in die Höhe streckt (59.). Doch die Eisenacher bleiben in Ballbesitz. Nur acht Sekunden nach dem parierten Strafwurf muss Timo Meinl einen Ball von Daniel Luther zum 23:24 passieren lassen. Die Gastgeber steuern sofort mit Vehemenz den Eisenacher Kasten an. Tomas Sklenak stoppt den Angriffszug nur auf Kosten seiner dritten Zeitstrafe und eines Siebenmeters für den EHV Aue. Der Kulminationspunkt! Der 24-jährige Marcel Schäfer contra den 36-jährigen Radek Musil! Der Routinier im Eisenacher Kasten bleibt ganz ruhig stehen, lässt sich zu keiner vorzeitigen Reaktion hinreißen – und lenkt das Leder über den Kasten! Da waren noch 34 Sekunden zu absolvieren. Im Alles oder Nichts gehen die Hausherren zur Manndeckung über. Die Eisenacher sichern das Leder. Maik Handschke, der ThSV-Coach, hat sich die grüne Karte aufgehoben. Auszeit. Zehn Sekunden gilt es noch zu überstehen. Daniel Luther und Alexander Koke spielen sich das Leder zu, passen zum plötzlich Rechtsaußen freien Krisztian Szep-Kis. Der «Altmeister» versenkt drei Sekunden vor Ultimo im so gewichtigen Traditionsderby zum 23:25, überschäumende Freude im Eisenacher Lager auslösend. Auf dem Parkett und den Rängen! Bestens gelaunt beging das ThSV-Bundesligateam mit dem Vereinsvorstand am gestrigen Sonntag seine Weihnachtsfeier. Die Handballfans in und um Eisenach, ja in ganz Thüringen, dürfen sich auf die zwei ThSV-Heimspiele unmittelbar vor den Festtagen freuen, am Samstag, 19.12.09 gegen den HC Erlangen (Anwurf 19.30 Uhr) und am Mittwoch, 23.12.09 gegen die TSG Groß-Bieberau (Anpfiff 20.00 Uhr).

Gemeinsamer Protest gegen mdr-Boykott
«In dieser tollen Atmosphäre hat es riesigen Spaß gemacht, Handball zu spielen», befand Eisenachs Trainer Maik Handschke, erstmals seit 20 Jahren, seit seiner aktiven Zeit bei Post Schwerin und dem ASK Vorwärts Frankfurt/Oder, wieder im Erzgebirge. Gar nicht so toll finden die Handballfans aus beiden Lagern die Ignoranz des «Heimatfernsehens» mdr in puncto Zweitbundesligahandball. Die Fans des EHV Aue und des ThSV Eisenach entrollten unter stürmischem Beifall aller Zuschauer ein Protestplakat gegen den mdr-Boykott.

Selbstbewusste Eisenacher übernehmen das Zepter
Bevor der Ball freigegeben wurde, erklang die Nationalhymne des Erzgebirges, «Der Steiger». Eine tolle Tradition, die beibehalten wird. Die Gastgeber gingen durch ihren Regisseur Eric Meinhardt mit 1:0 in Führung (2.). Eine von lediglich zwei Gastgeber-Führungen im gesamten Spiel! Wenig später blieb Eisenachs Schlussmann Radek Musil im Siebenmeterduell mit Landsmann und Ex-Eisenacher Zbynek Vesely Sieger (4.). Die Wartburgstädter zogen selbstbewusst ihr Angriffsspiel gegen die defensiv ausgerichtete Deckung der Erzgebirgler auf. «Mit geduldigen Angriffszügen die gegnerische Abwehr in Bewegung bringen», hieß die Devise. Mit Erfolg! Auf Zuspiel von Alexander Koke, der sowohl im Rückraum als auch auf Linksaußen agierte, versenkte Daniel Luther zum 1:2 (6.). Der 22-jährige Rückraumspieler übernahm immer wieder Verantwortung, ließ sich nicht entmutigen. Martin Hoffmann lief im Rücken der Abwehr zur Kreismitte, verwertete ein Sklenak-Zuspiel zum 3:5 (9.). Die Eisenacher waren klar tonangebend. Mareks Skabeikis im Kasten des EHV Aue, der den Vorzug vor Timo Mein bekommen hatte, rechtfertigte das Vertrauen seines Trainers mit einer Vielzahl von Paraden. Im ersten Abschnitt hielt das Torwartplus die Hausherren auf Tuchfühlung! Er meisterte auch einen Prokopec-Siebenmeter (16.). Statt die Führung auf 6:10 auszubauen, kassierte der ThSV Eisenach im Gegenzug das 7:9 (17.,Eric Meinhardt vom Punkt). Der Isländer Arnar Agnarsson, im Sommer ins Erzgebirge gekommen, setzte sich aus dem rechten Rückraum nun mehrfach in Szene. Alexander Koke zog für die Gäste trocken zum 8:11 ab (20.). Dann scheiterten die Eisenacher Alexander Schiffner und Alexander Koke am EHV-Keeper. Eric Meinhardt überwand vom Punkt den eingewechselten Stanislaw Gorobtschuk zum 12:12 (25.). Ballgewinn Martin Hoffmann. Sekunden später läuft der Mann von der Waterkant lehrbuchreif von außen zur Kreismitte, kann das Zuspiel aber nicht am Schlussmann vorbeibringen (27.). Dafür zappelt wenig später eine Sklenak-Ball zum 12:13 (28.). Dem Ausgleichstreffer (Agnarsson mit seinem 5. Tor) lässt Eisenachs Kapitän Pavel Prokopec per Aufsetzer das 13:14 folgen. ThSV-Torhüter Radek Musil fischt ein Agnoarsson-Ball weg und sichert die knappe Pausenführung für seine Farben.

Lob für die Defensivleistung von Sklenak und Trautvetter
«Das Zusammenspiel mit unseren Außen klappte nicht», bemängelte ein sichtlich frustrierter EHV-Coach Maik Nowak. Dass das Angriffspiel der Hausherren nicht auf Betriebstemperatur kam, ein Hauptgrund hierfür lag sicherlich in der Abwehrarbeit der Eisenacher. Für die Defensivleistung erteilte Eisenachs Trainer Maik Handschke an Tomas Sklenak und Benjamin Trautvetter ein Sonderlob!! Die zweite Halbzeit begann gleich mit einer Glanzparade von Radek Musil bei einem Knaller von Marcel Schäfer (31.). Der ThSV-Keeper wehrte dann auch einen Rothenburger-Ball ab. Eine Ballstafette auf Linksaußen lochte Alexander Koke zum 14:16 (35.) ein. Besonnenheit bleibt weiter Trumpf beim ThSV Eisenach! Pavel Prokopec zirkelt eine Freiwurfablage zum 14:17 in die Maschen (38.). Die Bälle von Annar Agnarsson gleichen schon fast Verzweiflungswürfen. «Unsere Abwehr im Zusammenspiel mit unserem Torhüter hatte fast alles im Griff», freute sich Maik Handschke. Die Gastgeber zeigten Nerven. Alexander Matschos vertändelte das Leder. Die Eisenacher «dankten» mit dem 16:19 (41.). Bei einem Abpraller stand Aues Tommi Sillanpää erneut goldrichtig, staubte zum 17:19 (42.) ab. Der ins EHV-Gehäuse eingewechselte Timo Meinl entfachte mit parierten Bällen neue Emotionen. Nun traf auch Aues Alexander Matschos (20:20, 47.). Daniel Luther wuchtete zum 20:21 ein (48.). Durch blitzschnelles Herauslaufen fischte ThSV-Torhüter Radek Musil bei einem Tempogegenstoß der Hausherren dem Japaner Sihinnosuke Uematsu das Leder weg (50.). Auf der Gegenseite parierte Timo Meinl. Nichts für schwache Nerven die Schlussphase! Alexander Matschos setzt sich kraftvoll zum 21:21 durch (51.). Eisenach scheitert gleich doppelt an Timo Meinl. Von Hektik dennoch keine Spur. Balleroberung, Steilpass zu Rechtsaußen Nick Heinemann, der kaltblütig zum 21:22 (52.) versenkt. Der EHV Aue mobilisiert die letzten Kräfte. Eine Heimniederlage im Derby gegen Eisenach, unmittelbar vor der Weihnachtsfeier, das soll unbedingt vermieden werden! Alexander Matschos und Shinnosuke Uematsu bringen die Erzgebirgler tatsächlich mit 23:22 in Vorhand (56.). Ein mental bärenstarker ThSV Eisenach hat jedoch die entscheidenden Antworten parat!
Erwähnenswert: Als «Player of match» wurde auf Seiten des ThSV Eisenach Radek Musil vom Gastgeber geehrt.

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Statistik

EHV Aue: Skabeikis, Meinl (ab 40.); Schäfer (3/1), Meinhardt (6/4), Kempe, Roch, Rothenburger, Agnarsson (6), Richter, Vesely, Sillanpää (3), Uematsu (1), Wittig, Matschos (4)

ThSV Eisenach: Musil, Gorobtschuk (21.-30.); Hoffmann (3), Trautvetter (1), Sklenak (3), Luther (5), Bitterlich, Schiffner (1), Lindner, Heinemann (2), Koke (4/2), Prokopec (5), Szep-Kis (1)

Siebenmeter: EHV Aue 7/5; ThSV Eisenach 4/2
Zeitstrafen: EHV Aue 2 x 2 Min.: ThSV Eisenach 4 x 2 Min.