ThSV Eisenach lässt den SC Magdeburg zittern

Wartburgstädter unterliegen nach bärenstarker Leistung hauchdünn mit 32:33 (18:18)

„Der Handballgott wollte anscheinend nicht, dass wir uns im Meisterschaftskampf einmischen“, sinnierte Eisenachs Rückraumspieler Fynn Hangstein am Donnerstagabend in der Magdeburger GETEC Arena. Der mit Weltklassespielern gespickte amtierende deutsche Meister, mit guten Aussichten für die Titelverteidigung, und in wenigen Tagen im Champions-League-Final4 stehende SC Magdeburg, zitterte sich zu einem 33:32 (18:18) -Sieg über das Team von der Wartburg. Ein Schiedsrichterpfiff stoppte die Thüringer 27 Sekunden vor der Sirene auf dem Weg zum neuerlichen Ausgleichstreffer. Mit dem 15 Treffer markierenden Marko Grgic stand der überragende Spieler dieses Derbys in den Reihen des ThSV Eisenach. Dieser konnte den zuletzt krankheitsbedingt fehlenden Silvio Heinevetter wieder aufbieten. Der Ex-Magdeburger im Eisenacher Kasten war mehrfach zur Stelle. Der per Zweitspielrecht beim Stralsunder HV spielende 20-jährige Keeper Bastian Freitag war für den Notfall aus dem Norden angereist. Moritz Ende fehlte verletzungsbedingt, sodass Gian Attenhofer die Aufgaben auf Rechtsaußen allein zu erfüllen hatte, bei seinen 3 Treffern auf eine 100-Prozent-Wurfquote kam.

Der aufgerückte Philipp Meyer trifft per Tempogegenstoß / Foto: sportfotoeisenach

Erinnern an den Überfall auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt

Eigentlich sollte dieser Handballklassiker des Ostens unmittelbar vor dem Weihnachtsfest stattfinden, doch der Überfall auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt ließ Handball in den Hintergrund treten. In Erinnerung und als Mahnung lief das Team des ThSV Eisenach mit einem Banner auf: „Wir vergessen Euch nicht. Ihr bleibt in Erinnerung. Eisenach für Magdeburg.“

ThSV Eisenach mit klarer Aussage / Foto: sportfotoeisenach

Stolze Eisenacher trotz Niederlage

„Für Eisenach waren ein oder gar zwei Punkte möglich. Ich bin glücklich und erleichtert, dass beide Zähler bei uns geblieben sind“, bekannte Bennet Wiegert, der Coach des SC Magdeburg. Er sprach von einem tollen Handballfest, zu dem der ThSV Eisenach einen sehr, sehr großen Anteil beigetragen habe. Mit diesem Doppelpunktgewinn lassen die Elbestädter dem Führungsduo aus Füchse Berlin und MT Melsungen ihren heißen Atem weiter spüren. „Ich bin unfassbar stolz auf unsere Mannschaft, wie sie gefightet hat.  Ich bin ebenso stolz auf unsere Fans, die an einem Donnerstag unser Team in Magdeburg in so großer Zahl fantastisch unterstützt haben. Ja, wir hätten einen Punkt verdient. Am Ende gab es ein paar unglückliche Schiedsrichterpfiffe. Ein Foul an Fynn Hangstein in der entscheidenden Phase wurde nicht geahndet. Wir haben erhobenen Hauptes die GETEC Arena verlassen. Unsere Jungs haben über 60 Minuten hinten und vorn super gefightet. Wir haben jeden in der Liga gezeigt, auch gegen einen befreundeten Verein haben wir alles gegeben. Das hat jeder gesehen. Ich bin nur einfach stolz auf unsere Mannschaft und unser Trainerteam, was sie geleistet haben“, erklärte Eisenachs Geschäftsführer Rene Witte nach der Partie.

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Manuel Zehnder, in der Vorsaison im Trikot des ThSV Eisenach der Top-Torjäger der Liga, im Sommer zum SC Magdeburg gewechselt, nach einem Kreuzbandriss auf der Langzeitverletztenliste, bekannte, der SC Magdeburg habe während der 60 Minuten nie so richtig Zugriff in der Abwehr bekommen. „Unser Coach hat uns taktisch optimal vorbereitet. Wir schlossen konsequent ab“, konstatierte Eisenachs Rechtsaußen Gian Attenhofer, Landsmann von Manuel Zehnder. Beim jüngsten Sieg über die TSV Hannover-Burgdorf brillierte noch SCM-Keeper Sergey Hernandez, gegen die Thüringer bekam er kaum einen Ball zu fassen. „Riesenrespekt vor der Leistung meiner Mannschaf“, betonte Eisenachs Trainer Misha Kaufmann. Die Enttäuschung, nicht was Zählbares mitzunehmen, schwang freilich mit. Als die Hausherren in der zweiten Halbzeit ihrer Favoritenrolle gerecht zu werden schienen, nach Rot für Eisenachs Abwehrchef Philipp Meyer beim 26:22 (45.) gar mit 4 Treffern führten, schwante Misha Kaufmann nichts Gutes. „In dieser durchweg intensiven Partie haben wir weiter an uns geglaubt, den Rückstand wieder aufgeholt“, so Marko Grgic. „Wir rauften uns zusammen, glichen wieder aus“, ergänzte Malte Donker. Beim 30:30, eine Grgic-Fackel zappelte zum Gleichstand im Netz (55.), war wieder alles offen. Der Eisenacher Rückraum heizte den Hausherren ein. Diesen (Kristjansson) fehlte plötzlich das Zielwasser. Der SC Magdeburg wackelte mächtig. „Einen Punkt hätten wir uns verdient“, ergänze der zum Saisonende gen Minden abwandernde Malte Donker. Spannung pur war angesagt. Das hatte wohl keiner vorab für möglich gehalten. Den Magdeburger Führungstreffer egalisierten Peter Walz zum 31:31 (58.) und Marko Grgic mit einem an Simone Mengon verwirkten Siebenmeter zum 32:32 (59.). Vom Strich verwandelte Omar Ingi Magnusson zum 33:32 (60.). Im 7 gegen 6 steuerte der ThSV Eisenach das SCM-Gehäuse an. Eine Aktion von Simone Mengon stufte der Torschiedsrichter 27 Sekunden vor der Sirene als Stürmerfoul ein und setzte sich mit dieser Auffassung trotz aller Proteste durch.

Sogar Justin Kurch vollendet im Gegenstoß / Foto: sportfotoeisenach

Bis zur Halbzeit fallen 36 Tore

Keinesfalls ängstlich, vielmehr selbstbewusst, startete der ThSV Eisenach. Der 4- Mann-Rückraum mit Marko Grgic, Filip Vistorop, Simone Mengon und Malte Donker setzte auf hohes Tempo. „Simone Mengon und Marko Grgic erarbeiteten sich die Räume zum erfolgreichen Abschluss“, rekapitulierte SCM-Coach Bennet Wiegert. Frühzeitig bedienen sich beide Trainer des 7 gegen 6. Tore fallen wie reife Früchte, 36 bis zur Pause, je 18. Gian Attenhofer eroberte das Leder und zirkelte es zum 4:4 in den SCM-Kasten (7.). Marko Grgic sprüht vor Tatendrang. Die SCM-Abwehr kann Eisenachs Rückraum nicht bremsen. Marko Grgic netzt zum 6:6 ein (10.). Zwei- ThSV-Patzer nutzen die Gastgeber um Gisli Kristjansson zum 9:6 (13.). ThSV- Keeper Silvio Heinevetter pariert gegen Lukas Mertens. Der leichtfüßige und stets den Zweikampf suchende Simone Mengon und Marko Grgic gleichen zum 9:9 (17.) aus. Filip Vistorop netzt mit Power zum 10:10 ein (18.). Bennet Wiegert ruft sein Team zusammen, doch es bleibt unverändert. Auch, weil der ins SCM-Gehäuse eingewechselte Nikola Portner zunächst keine Einstellung zu den Eisenacher Würfen findet. Die Magdeburger legen vor, die Eisenacher gleichen aus. Nikola Portner verhindert dann den Eisenacher Führungstreffer, als er einen Ball von Filip Vistorop abwehrt (25.). Beim 17:18 durch Marko Grgic gelingt den Gästen dann doch die Führung (29.). Ivans Snajder kassiert nach Videobeweis eine Zeitstrafe und Simone Mengon muss aufgrund eines Wechselfehlers ebenfalls auf die Bank. Mehr als einen Siebenmeter-Treffer zum 18:18 gelingt dem Gastgeber nicht. Ein Hornke-Ball springt vom Innenpfosten ins Feld zurück. Zur Überraschung aller geht es beim Stand von 18:18 zu den Pausengetränken.

Malte Donker lässt sich nicht stoppen / Foto: sportfotoeisenach

Der SC Magdeburg wackelte mächtig

„Unsere zur Pause vorgenommenen Umstellungen waren erfolgreich. Eisenach gelingt 7 Minuten kein Tor, doch wir können kein entscheidendes Kapital daraus ziehen“, merkte Bennet Wiegert kritisch an. Silvio Heinevetter kaufte Magnus Saugstrup das Leder ab (36.). Doch Tum Hornke und Omar Ingi Magnusson trafen zum 22:19 (39.) und 25:21 (44.). „Ich befürchtete, unsere Felle schwimmen jetzt weg“, gestand ThSV-Coach Misha Kaufmann im Nachhinein. Doch es kam nicht so. Seine Schützlinge glaubten an den vom Trainer aufgestellten Plan auch nach dem 29:25 (50.) und 30:26 (51.). Den individuellen Qualitäten des SC Magdeburg begegnet der ThSV Eisenach mit kollektivem Kampfgeist. Da vollendet sogar Justin Kurch im Tempogegenstoß (30:28, 52.). Bennet Wiegert rief zur Auszeit. Doch Gisli Kristjansson schmetterte den Ball über den inzwischen von Matija Spikic gehüteten ThSV-Kasten. Malte Donker markierte den Eisenacher Anschlusstreffer (30:29, 54.). Der nächste SCM-Wurf landete am Holz. Marko Grgic glich zum 30:30 aus (55.). Doch das Happy End für den ThSV Eisenach fand nicht statt. Das Team wurde dennoch mit Ovationen vom mitgereisten Angang gefeiert. Die Magdeburger, auf Parkett und Rängen, bejubelten in mehr als glückliches Ende. Fast wären alle Meisterschaftsträume geplatzt….

Statistik
SC Magdeburg: Hernandez, Portner; Claar (5), Zechel. Kristjansson (2), Petterson,
Magnusson (10/5), Serradilla, Hornke (3), Weber, Lagerfren (1), Mertens (4),
Saufstrup (8), O`Sullivan, Damgaard, Bergendagl
ThSV Eisenach: Heinevetter, Spikic; Vistorop (2), Reichmuth, Capric, Hangstein (2),
Attenhofer (3), Walz (1), Mengon (5), Grgic (15/4). Meyer (1), Maric, Donker (1),
Kurch (1), Snajder (1), Saul
Siebenmeter: SC Magdeburg 5/5 – ThSV Eisenach 4/4
Zeitstrafen:
SC Magdeburg: 2 x 2 Min.
ThSV Eisenach 4 x 2 Min., Rot Meyer (41.)
Schiedsrichter: Baumgart/Dinges
Zuschauer: 6.600 (ausverkauft)
Th. Levknecht

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