ThSV Eisenach schließt „schwierigste und komplexeste Saison“ auf Platz 11 ab

Personalveränderungen im Saisonverlauf mit Blick neue Spielphilosophie und Transferpolitik zahlten sich aus/ Vorbereitungsstart für Saison 2021/22 naht

Unser ganzes Land war und ist von der Bekämpfung der Corona-Pandemie betroffen. Die Handball-Bundesligisten – und damit auch der ThSV Eisenach – gehörten zu den Privilegierten, die ihren Job weiter ausüben konnten. Freilich unter strikter Einhaltung von Hygienekonzepten, die den Wartburgstädtern zusätzliche Kosten von über 100.000 € abverlangten. Ohne Zuschauer zu spielen, und das auch im Thüringer Handballtempel, war schwer verdaulich. Sportlich und wirtschaftlich! Die Sponsoren und Partner, selbst in Schwierigkeiten, hielten größtenteils die Treue. Die von Eisenachs Manager Rene Witte gegründete Initiative Teamsport Thüringen mit den 11 Profivereinen fand bei der Thüringer Landespolitik offene Ohren, mit dem Ergebnis finanzieller Hilfe.

Von der schwierigsten und komplexesten Saison, die wir je hatten, sprach Rene Witte. Zuschauer Ja oder Nein, Sponsoring Ja oder Nein, Förderhilfen vom Bund und Land Ja oder Nein, das waren allgegenwärtige Probleme, berichtet Rene Witte mit Blick auf den Fortbestand der Zweitbundesliga-Mannschaft.

Dass viele Dauerkarten-Inhaber auf die Rückzahlung verzichteten, der Gehaltsverzicht aller Spieler und Mitarbeiter durch Kurzarbeitergeld nennt der Eisenacher Manager als wichtige Bausteine. Das Land Thüringen ist sich der Wertigkeit seiner Sport-Botschafter bewusst. Nahezu quer durch alle Landtagsfraktionen, voran deren sportpolitische Sprecher, dem zuständigen Minister Helmut Holter, Ministerpräsident Bodo Ramelow war der Wille zur Hilfe ausgeprägt. Der örtliche Landtagsabgeordnete Raymond Walk war unermüdlich auf Achse, um Türen zu öffnen, bürokratische Hürden abzubauen, Bearbeitung von Anträgen voranzutreiben. In ihm und auch Eisenachs Oberbürgermeisterin Katja Wolf wusste der ThSV Eisenach verlässliche Partner an der Seite.

Unzählige Videokonferenzen bestimmten unseren Arbeitsalltag, berichtet der Eisenacher Manager, für den das Wort „Videokonferenz“ zum Unwort des Jahres aufstieg. Die meisten Sponsoren sind uns treu geblieben, wir mussten dennoch Verluste hinnehmen, bekennt Rene Witte.

Das, was den ThSV Eisenach über Jahrzehnte auszeichnete, der enge Kontakt, der Zusammenhalt zwischen Mannschaft, Sponsoren, Partnern und Fans, fand Corona bedingt nicht statt.

Schlimm für unsere Spieler. Manche unserer Spieler kannten bis kurz vor Saisonende nur leere Zuschauerränge in der Werner-Aßmann-Halle, geschweige eine volle Halle. Manche Spieler durften Corona bedingt 11 Monate nicht zu ihrer Familie fahren, erläutert Rene Witte.

Die Mannschaft selbst musste in einer „Blase“ viele Monate verbringen, um ihren Beruf auszuüben.

Unseren Neuzugängen, das Gefühl ThSV Eisenach zu vermitteln, war nicht möglich, nennt Rene Witte einen Aspekt dieser so ganz außergewöhnlichen Saison. Der Dank geht auch an den Vorstand des ThSV Eisenach, die Gesellschafter und alle Mitarbeiter der Marketing GmbH für die gute Zusammenarbeit. Wir alle zogen gemeinsam an einem Strang und in eine Richtung, nur so war diese außergewöhnliche Spielzeit zu meistern, betont Rene Witte.

Stets Abstand zu den gefährdeten Tabellenplätzen
Das primäre Ziel, der Klassenerhalt, war 5 Spieltage vor dem Saisonende gesichert. Über Platz 11 in der 19 Teams umfassenden Liga wurde das Ticket für den DHB-Pokal gelöst.

Angesichts der Corona-Horror-Saison können wir damit zufrieden sein, befindet ThSV-Coach Markus Murfuni.

Die Thüringer wahrten stets ein kleines Polster zu den gefährdeten Rängen.

Wir haben unser oberstes Ziel erreicht, 33 Punkte eingefahren. Ja, wir haben noch Luft nach oben. Geduld ist angesagt, um uns Stück für Stück zu steigern, um noch mehr zusammenzuwachsen, unterstreicht Rene Witte mit Blick in die Zukunft. Die Punktspiele glichen einem Wellental. Uns fehlte die Konstanz, im Spiel und über die Saison, bilanzierte Markus Murfuni.

Die 1014 Gegentore, nur die Absteiger und der TV Emsdetten kassierten mehr, liegen dem Eisenacher Coach schwer im Magen.

Da spielen viele Komponenten hinein. Absprachen im Innenblock gehörten dazu, so Markus Murfuni.

Die Torhüter Blaz Voncina und Thomas Eichberger wiesen im Kalenderjahr 2020 nicht die erwünschten Fangquoten auf. Im neuen Kalenderjahr steigerte sich zunächst Oldie Balz Voncina, schwang sich zum sicheren Rückhalt auf. Thomas Eichberger, der im Sommer 2020 gekommene österreichische Auswahl-Keeper, zwischenzeitlich mit Rückenproblemen belastet, erfüllte erst zum Saisonabschluss die Erwartungen. Der aus der 2. Mannschaft aufgerückte Torhüter Andreas Fehr war im Training und im Wettkampf stets mit großem Engagement zur Stelle. Mit den erzielten 986 Treffern war Markus Murfuni nicht unzufrieden.

Damit liegen wir im vorderen Drittel, so der Eisenacher Coach.

Er setzt auf ein temposcharfes Spiel über 60 Minuten aus einer kompakten Abwehr. In Linksaußen Ivan Snajder (155 Tore, Platz 20 der Torjägerliste der Liga) hatte der ThSV Eisenach seinen erfolgreichsten Werfer. Der Dienstälteste im Eisenacher Team, Adrian Wöhler, stockte seine persönliche Trefferausbeute auf 1.171 Tore auf, liegt nur noch knapp hinter dem die interne Torjägerliste anführenden Titel Raduta.

Zwanzig in der Rückrunde eingefahrene Punkte zeugen von einem Leistungsanstieg und mehr Konstanz, konstatiert der Eisenacher Coach.

Nervenstark und erfolgreich in den „4-Punkte-Spielen“
Leistungsanstieg und mehr Konstanz sind ursächlich mit personellen Veränderungen zum Ende des Jahres 2020 und Anfang 2021 verknüpft. Kreisspieler Justin Mürköster und Rückraumspieler Jonas Ulshöfer zogen sich frühzeitig Kreuzbandrisse zu, die das vorzeitige Saisonaus bedeuteten. Rückraumspieler Kristian Vollar, der sich im Sommer 2019 in der 1. DHB-Pokal-Hauptrunde schwer verletzte, wurde in Reha-Maßnahmen immer wieder zurückgeworfen, kam zu keinem weiteren Pflichtspieleinsatz bis zum Auslaufen seines Vertrages am 30.06.2021. Kreisspieler Kristian Beciri, erst im Sommer gekommen, nutzte eine Ausstiegsklausel und wechselte zur Erstbundesligist HBW Balingen-Weilstetten. Rückraumspieler Luka Kikanovic zog es in den Katar. Die Verantwortlichen reagierten. Kreisspieler Hannes Iffert wurde von Drittligist Falken Groß-Bieberau zurückgeholt. Unmittelbar vor dem Weihnachtsfest schlüpften der 20-jährige Rückraum-Mitte-Spieler Jannis Schneibel (von den Rhein-Neckar Löwen) und der 24-jährige Rückraum-Links-Spieler Daniel Hideg (seinerzeit vereinslos, in der Saison zuvor bei den Eulen Ludwigshafen) in das Trikot des ThSV Eisenach. Kurz vor dem Ende der Wechselfrist im Februar 2021 kam der 26-jährige Kreisspieler Peter Walz von der HG Saarlouis, der mit seiner „Mentalität als ehemals erfolgreicher Ringer und Bereitschaftspolizist“, so der Sportliche Leiter Maik Nowak, ein absoluter Zugewinn wurde. Mit Martin Potisik (22 Jahre) und Jannis Schneibel (20) verfügte der ThSV Eisenach über zwei Spielmacher ganz unterschiedlichen Typs. Die Formkurve von Daniel Hideg, aus einer Verletzung gekommen, zeigte stetig nach oben.

Er hat das Vertrauen zurückgezahlt, betont Maik Nowak.

Der Saarländer Peter Walz wurde eine feste Größe am Kreis sowie im Innenblock an der Seite von Daniel Dicker. In Peter Walz hat auch Linkshänder Alexander Saul aus dem rechten Rückraum eine ideale Anspielstation gefunden. Auf den Kapitän lastete erneut nahezu die alleinige Verantwortung im rechten Rückraum.

Auch bei mir gab es Höhen und Tiefen. Die Saisonauftaktphase lief ganz gut. Dann bin ich eingebrochen, hatte miserable Wurfbilanzen. Auf der Saison-Zielgeraden lief es dann wieder deutlich besser. Gegen den HC Elbflorenz ist mir ein Super-Spiel gelungen, wir bejubelten im 6. Anlauf den ersten Doppelpunktgewinn gegen die Sachsen, erinnert sich Alexander Saul.

Dem HC Elbflorenz knöpfte der ThSV Eisenach mit einem 26:26 in Dresden und einem 31:27 in heimischer Halle 3 Punkte ab. Nervenstark präsentierte sich der ThSV Eisenach bei den Siegen in den sogenannten 4-Punkte-Spielen gegen Emsdetten, Konstanz, Dessau, Wilhelmshaven, Fürstenfeldbruck. Zu den Highlights zählten sicherlich der 32:29-Sieg in Großwallstadt, der 28:25-Erfolg in Konstanz, die beiden klaren Siege über den TuS Fürstenfeldbruck, dessen Halle die Spitzenteams der Liga als Verlierer verließen, das 26:17 über Rimpar, der 32:27-Auswärtserfolg in Wilhelmshaven (mit dem der Deckel zum Klassenerhalt eigentlich drauf gemacht wurde) und auch der 35:32-Sieg bei der SG BBM Bietigheim. Der „Ausreißer“ war die 23:33-Heimniederlage gegen den TV Großwallstadt.

Hin zu neuer Spielphilosophie und Transferpolitik

Dass sich die im Saisonverlauf verpflichteten Neuzugänge in unserem Verein mit Herz wohlfühlen, davon zeugen deren Vertragsverlängerungen, betont Rene Witte.

Damit wurde der Wechsel in der Spielphilosophie und Transferpolitik hin zu jungen talentierten deutschen Spielern eingeläutet, der mit den Neuzugängen für die Saison 2021/2022 fortgeführt wird.

Wir wollen uns Stück für Stück steigern und zusammenwachsen, blickt Rene Witte nach vorn.

Dafür soll das Mannschaftsgefüge länger zusammenbleiben. Das „grüne Licht“ aus Bund, Land und Stadt für die neue Arena sollte ein zusätzlicher Motivationsfaktor sein!

Personelle Veränderungen
Verlassen haben den ThSV Eisenach die Rückraumspieler Kristian Volar (Ziel unbekannt) und Andrej Obranovic (HSG Krefeld). Aus den Reihen der 1. Mannschaft wurde Rechtsaußen Armend Alaj (künftig Stand-by Spieler und in der Thüringenliga-Mannschaft am Ball) sowie Torhüter Andreas Fehr (verstärkt das junge Torhüterteam der zweiten Männermannschaft) verabschiedet.
Neu im Kader stehen Linkshänder Male Donker (23 Jahre, zuletzt TSV Hannover-Burgdorf) für den rechten Rückraum, Kreisläufer Ruben Carlos Mota (26 Jahre, TuS Vinnhorst), Rückraumspieler Fynn Hangstein (21 Jahre, TBV Lemgo) und Torhüter Johannes Jepsen (21 Jahre, TuS Nettelstedt-Lübbecke).

Mit Medizin-Checks startet die Saisonvorbereitung
Nur kurz ist die Pause zwischen dem Ende der Saison 2020/2021 und dem Start der Vorbereitung auf die Spielzeit 2021/2022. Mit Corona-Testungen und Medizin-Checks geht es ab Mittwoch, 14.07.2021 bereits wieder los. Ein umfangreiches Saisonvorbereitungsprogramm wartet auf die Schützlinge von Markus Murfuni.

Hochkarätig besetzte 2. Handballbundesliga
Das Niveau der 2. Handballbundesliga dürfte sich in der nächsten Saison nochmals steigern. Auch angesichts der Erstliga-Absteiger Eulen Ludwigshafen, TuSEM Essen, HSG Nordhorn-Lingen und HSC Coburg sowie der starken Aufsteiger HC Empor Rostock und Eintracht Hagen. Und da ist ja auch noch der VfL Gummersbach, der im dritten (!) Anlauf die Rückkehr in die Beletage des deutschen Handballs schaffen will. Auch die SG BBM Bietigheim schielt nach oben.

Das Mittelfeld der Liga wird dünner, wirft Rene Witte schon einmal den Blick voraus.

Er hofft, auf Zulassung einer größeren Zahl von Zuschauern zu den Heimspielen in der Werner-Aßmann-Halle. Zu den Mitteldeutschland-Duellen gegen Aue, Dessau und Dresden gesellt sich nun mit dem HC Empor Rostock ein alter Klassiker. Auch die thüringisch-fränkischen Nachbarschaftsvergleiche mit dem HSC Coburg dürften ihre Anziehungskraft nicht verfehlen. Zum ersten Heimspiel der neuen Saison kommt wahrscheinlich der VfL Gummersbach in den Thüringer Handballtempel….

Th. Levknecht

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