ThSV: Entscheidung durch Till Riehn

Heimspielatmosphäre für den ThSV Eisenach am Tag der Deutschen Einheit in Hüttenberg. «Unsere Fans haben die richtige Wahl getroffen, uns zu begleiten», strahlte ThSV-Coach Zdenek Vanek nach dem Abpfiff. «Fantastisch, wie die Fans unsere Mannschaft unterstützt haben», zeigte sich der neue ThSV-Marketing-Geschäftsführer Walter Oppel beeindruckt. Die nahezu 200 in Blau-Weiß getauchten Eisenacher gerieten nach der buchstäblich letzten Aktion der Partie in einen Freudentaumel. Mannschaft und Anhänger lagen sich jubelnd in den Armen. Die Spannung entlud sich in einem Freudenfest.

Dramatik pur in der Schlussminute. Beim Stand von 23:23 brachte Hüttenbergs Arne Rigterink 25 Sekunden vor dem Abpfiff aus günstiger Position das Leder nicht im Eisenacher Kasten unter. Besonnen bauten die Eisenacher ihren letzten Angriffszug auf, brachten das Leder zu Rechtsaußen Zbynek Vesely. Der Tscheche wurde beim Wurfversuch in buchstäblich letzter Sekunde regelwidrig gestoppt. Die Unparteiischen Bölhoff/Lückert (Velbert/Bedburg) zeigten sofort auf den ominösen Punkt. Andrej Kastelic, bis dahin alle drei Strafwürfe verwandelnd, schritt zum Ort der Entscheidung. Doch die Hüttenberger rückten den Ball nicht heraus, versuchten das Leder durch Reiben an ihren nassen Trikots rutschig zu machen. Andrej Kastelic forderte resolut, wohl zu resolut, von ihnen den Ball. Die Schiedsrichter verhängten gegen den ThSV-Routinier eine 2-Minuten-Strafe. Eisenachs «Mister Zuverlässig» stand somit für den Siebenmeter nicht zur Verfügung. Wer sollte jetzt werfen, sich der Verantwortung stellen? «Ich habe zwischen Krisztian Szep-Kis und Till Riehn geschwankt», gestand Zdenek Vanek nach dem Abpfiff. Der ThSV-Trainer traf die richtige Entscheidung. Im Stile eines Routiniers schritt der 19-jährige Till Riehn zum Punkt, ließ Hüttenbergs Schlussmann Michael Rebstock keine Chance, versetzte alle Eisenacher in einen wahren Jubelrausch. Mit einem 24:23 (10:10) -Erfolg setzte der ThSV Eisenach seine Erfolgsserie in der 2. Handballbundesliga der Männer fort, katapultierte sich gar auf Tabellenrang 2 und empfängt am Samstag, 08.10.05 um 19.30 Uhr vor heimischer Kulisse den TV Kornwestheim. «Es macht einfach riesigen Spaß, diesem neuen ThSV Eisenach zuzuschauen», so erneut der einhellige Tenor im ThSV-Lager. «Kompliment und Dank an die Mannschaft, wie sie trotz einer Vielzahl von Fehlern mit tollem kämpferischen Einsatz das Ruder herumgerissen hat», erklärte Walter Oppel nach dem Abpfiff. Die ThSV-Crew hatte ihm das versprochene Geschenk zum 55. Geburtstag bereitet. Auch Jürgen Beck strahlte. «Bei uns ist der Star wirklich die Mannschaft», so das ThSV-Aufsichtsratsmitglied.
Ganz eitel Sonnenschein herrschte dennoch nicht in den ThSV-Reihen. Aus der Mannschaftskabine war nämlich der komplette Satz an Aufwärm-Trikots entwendet worden….

Wenig verheißungsvoller Start
Dabei verlief der Auftakt für die Wartburgstädter vor 1400 Zuschauern alles andere wie verheißungsvoll. In der Stammformation der letzten Wochen beginnend, jagten die Eisenacher das Leder über den Hüttenberger Kasten, fabrizierten technische Fehler. «Ein katastrophaler Start», gestand Zdenek Vanek. Seine Schützlinge lagen nach nicht einmal 8 Minuten mit 0:5 im Hintertreffen. Hüttenberg hatte sich bestens auf die 6:0-Deckung der Gäste eingestellt. Zdenek Vanek reagierte. Simon Herold kam für den glücklosen Karsten Lehmann ins ThSV-Gehäuse. Die Deckung wurde auf ein 5:1 System umgestellt. Stephan Mellack rückte auf die Regieposition. Der 18-jährige Simon Herold setzte gleich mit zwei parierten Bällen ein Signal. Tomas Sklenak eröffnete nach 9 Minuten die Eisenacher Torfolge. Till Riehn, obwohl zunächst drei technische Fehler fabrizierend, ließ sich nicht entmutigen. Markus Dau kam am Kreis in Fahrt. Beim 7:6 (21.) war der Anschluss geschafft. Doch die Wende war es noch nicht. Eisenachs sonstige Trümpfe, die Außen, stachen nämlich nicht. Hüttenberg mit Spielertrainer Gennadij Chalepo zeigte sich etwas kaltblütiger, zog auf 10:6 (27.) davon. Famos, wie die Thüringer sich selbst aus dem Schlamassel herauszogen. Erst tankte sich Tomas Sklenak durch, dann zappelte endlich eine Szep-Kis-Fackel im Netz. Simon Herold tauchte in die richtige Ecke ab. Nach Regelwidrigkeit an Markus Dau traf Andrej Kastelic per Siebenmeter. Vor Selbstbewusstsein strotzend schmetterte Till Riehn den Ball zum 10:10-Halbzeitstand in den Hüttenberger Kasten.

Vorbildlicher Kampfgeist
Mit gleichem Schwung ging es in die zweite Halbzeit. Zbynek Vesely und Till Riehn brachten die Thüringer mit 10:12 (32.) in Vorhand. Doch wieder schlichen sich Fehler ins ThSV-Spiel ein. Als dann kurz hintereinander Tomas Sklenak und Stephan Mellack auf die Strafbank mussten, drehte Hüttenberg den Spieß zum 15:13 (40.) um. Simon Herold verhinderte einen größeren Rückstand. Nach einer Rangelei mit Hüttenbergs Heißsporn Arne Rigterink kassierte Tomas Sklenak eine folgenschwere Zeitstrafe. Es war für den 23-jährigen Tschechen nämlich die Dritte, bedeutete das vorzeitige Aus. Doch die Wartburgstädter verdauten den Schock rasch. Stephan Mellack kniete sich mit Übersicht in die Regieführung. Philipp Emmelmann übernahm die «Indianerrolle» vor der eigenen Deckung. Die Partie atmete zwar wenig spielerische Klasse, hielt mit ihren kämpferischen Tugenden jedoch alle in Atem. Krisztian Szep-Kis schmetterte zum 15:15 ein (42.). Hüttenberg profitierte von der klugen Leistung ihres Regisseurs Mario Weber, der selbst zum 18:16 für seine Farben versenkte (45.). «Frech» ergatterte Philipp Emmelmann das Leder, versenkte es per Tempogegenstoß zum Eisenacher Anschlusstreffer (19:18, 48.). Die Thüringer erhöhten die Schlagzahl, sorgten mit zwei Kreisläufern (Dau und Emmelmann) für Verwirrung in den Hüttenberger Reihen, wandelten eine 21:19-Führung der Hausherren (51.) in einen eigenen 21:23-Vorsprung um (54.). Simon Herold fischte gedankenschnell einen Heber herunter. Doch Oldie Gennadij Chalepo und Arne Rigterink glichen für die Hessen zum 23:23 aus. Es folgten 150 nervenaufreibende Sekunden …!
Die Eisenacher jubelten, eine bittere Niederlage für den TV Hüttenberg, der damit weiter ohne einen Pluspunkt bleibt. «Trotz einer 5-Tore-Führung in der ersten Halbzeit und mehrmaligen 2-Tore-Plus in den zweiten dreißig Minuten, wir bekamen unsere Grenzen aufgezeigt», resümierte ein niedergeschlagener Jan Gorr, Trainer des TV Hüttenberg.

Statistik
TV Hüttenberg: Banisz (1.-54.), Rebstock (54.-60.); Weber (4/2), Chalepo (4), Schäfer (3), Laudt (2), Dettling (1), Scholz (1), Bepler (1), Stelzenbach (2), Langenbach, Roth (2), Regterink (3)

ThSV Eisenach: Lehmann (1.-8.), Herold (8.-60.), Nositschka (n.e.); Sklenak (3), Riehn (6/1), Baumgarten, Mellack, Szep-Kis (4), Kastelic (4/3), Vesely (2), Emmelmann (1), Dau (4), Weiß (n.e.), Ladyguine (n.e.)

Zeitstrafen: Hüttenberg 8 x 2 Min.; Eisenach 9 x 2 Min. (Rot für Sklenak, 41., nach 3. ZS)
Siebenmeter: Hüttenberg 2/2; Eisenach 4/4
Zuschauer: 1400