ThSV: In der Abwehr zu passiv

Das war wahrlich nicht der Tag des ThSV Eisenach. Nach dem 32:32-Saisonauftakt-Remis gegen den Bergischen HC sahen die Wartburgstädter dem ersten Auswärtsauftritt der Saison beim TV Bittenfeld mit Optimismus entgegen. Beim Abpfiff in der kleinen mit 1000 Zuschauern gefüllten Gemeindehalle im Waiblinger Vorort Bittenfeld bejubelte jedoch der gastgebende Vorjahres-Dritte, obwohl ihm wichtige Stammkräfte (Jürgen Schweikardt, Alexander Heib) verletzungsbedingt fehlten, einen klaren 35:29 (21:15)-Erfolg.
Mit einer soliden Leistung, mit effektiv strukturiertem und umgesetztem Handball, dazu eine große Portion Siegeswillen, verbuchte der TV Bittenfeld im zweiten Saisonspiel den ersten vollen Erfolg. Auf den müssen die Wartburgstädter noch warten. Nächste Möglichkeit: am Samstag, 11.09.2010 im Heimspiel gegen den HSC Coburg.

Die Anfahrt der Eisenacher wurde 40 Kilometer vor dem Ziel durch eine Buspanne gestoppt. Ein Reifen musste gewechselt werden. Nach über einstündiger unfreiwilliger «Rast» landete der Mannschaftsbus im verwinkelten Bittenfeld in einer Sackgasse. Über Handy wurde der Bus durch einen Mannschaftsverantwortlichen des TV Bittenfeld zur Spielstätte gelotst. Das Team, mit einigen grippegeschwächten Akteuren, traf entgegen der Planung verspätet ein. «Dadurch wurde der Ablauf doch erheblich gestört», betonte Adalsteinn Eyjolfsson, der Coach des ThSV Eisenach, der auf Petr Hruby krankheitsbedingt völlig verzichten musste. Dann musste Alexander Koke feststellen, er hatte das falsche Trikot eingepackt. Der Rückraumspieler wurde behelfsmäßig eingekleidet.

Eryk Kaluzinski treffsicher – doch die ThSV-Abwehr gleicht einem offenen Scheunentor
Der Start auf dem Parkett verlief zunächst hoffnungsvoll. Eryk Kaluzinski glänzte sofort mit Shooter-Qualitäten, lochte mit seinem 4. Treffer zur 5:4-Führung (10.) für seine Farben ein. Girts Lilienfelds, weiter mit Ohrschutz, traf per Maßarbeit zum 7:6 (13.) für die Eisenacher, gleichzeitig deren letztmalige Führung. Ärgerlich, aus Eisenacher Sicht, die Unparteiischen Kaiser/Schmitz pfiffen mehrfach den Vorteil weg. Die Eisenacher Abwehr ließ fast jegliche Stabilität und Kompaktheit vermissen. «Wir agierten viel zu passiv, kamen vielfach einen Schritt zu spät, kassierten dadurch immer wieder einfache Tore», ärgerte sich Adalsteinn Eyjolfsson. Die Hausherren nahmen diese Präsente mit Freude an, vornweg Kreisspieler Simon Baumgarten (8 Treffer) und Linkshänder Florian Schöbinger (6 Treffer), der aus dem Rückraum die ThSV-Abwehr immer wieder düpierte. Der TV Bittenfeld, mit Torgefahr von allen Positionen, zog vom 10:9 (18.) auf 16:11 (24.) und 21:14 (30.) davon. Eisenachs Defensive glich einem weit geöffneten Scheunentor. Da waren auch die Schlussleute Radek Musil und Stanislaw Gorobtschuk (bei einem Kurzeinsatz) machtlos. Sie mussten bis zur Halbzeit, also binnen 30 Minuten, gleich 21 (!!) Bälle aus dem Netz holen. Dank des Zusammenwirkens mit seinen Vorderleuten konnte Bittenfelds Schlussmann Bastian Rutschmann im gesamten Spielverlauf mehrfach glänzen.

Referees erzürnen die Eisenacher
Beim Versuch, nach dem Seitenwechsel eine Wende herbei zu führen, rieben sich die Eisenacher immer mehr an den beiden Spielleitern. Sie haderten mit deren unterschiedlicher Beurteilung von Schrittfehlern und Fouls. Attacken gegen Tomas Sklenak und Nick Heinemann wurden von den Schiedsrichtern Frank Kaiser und Marc Schmitz nicht oder ganz milde geahndet, auf der Gegenseite hingegen sahen sich die Eisenacher immer wieder dezimiert. «Heute sprach fast alles gegen uns, leider auch die Schiris», machte sich Adalstein Eyjolfsson Luft. Einer Diskussion mit dem Eisenacher Trainer nach der Partie stellten sich die Spielleiter nicht. «Vielfach in Unterzahl gelang es uns nicht, auf Tuchfühlung zu verkürzen. Obwohl Bittenfeld nur einen kleinen Kader zur Stelle hatte, konditionelle Vorteile für uns ergaben sich in der Schlussphase nicht», bilanzierte Adalsteinn Eyjolfsson. Dem Angriffsspiel der Eisenacher fehlte Esprit. Immer wieder starteten sie stereotyp in Richtung des großgewachsenen Deckungsinnenblockes der Gastgeber mit dem kantigen Abwehrspezialisten Ludek Drobek und Dominik Weiß durch. Das Spiel über die Außen wurde gröblich vernachlässigt. Und dennoch leise Hoffnung im ThSV-Lager, als Adrian Wöhler einen Abpraller von Linksaußen energisch nachsetzte, bis auf vier Treffer (26:22, 44.) verkürzte. Günter Schweikardt, der Gastgebertrainer, sah die Gefahr für sein Team, zückte die grüne Karte, instruierte seine Schützlinge während einer Auszeit mit Nachdruck neu. Diese hatten verstanden, zogen durch Adrian Wehner, Neuzugang Arnor Gunnarsson und Simon Baumgarten auf 29:23 (47.) davon. Die Eisenacher gaben aber nicht auf, auch wenn sie erneut in doppelter Unterzahl auf dem Parkett standen. Benjamin Trautvetter, vom grippalen Infekt gezeichnet, die letzten Kräfte mobilisierend, mit schier artistischem Ball und Daniel Luther auf Heinemann-Vorlage verkürzten nochmals auf vier Treffer (29:25, 49./ 31:27, 52.). Der Sieg der Hausherren geriet jedoch nicht in Gefahr. Während die freudetrunkene Kulisse mit standing Ovations ihr Team feierte, traf sogar Youngster Martin Kienzle zum 35:29-Endstand. Klaus Hüppchen, der die Pressekonferenz bestreitende Co-Trainer des TV Bittenfeld, freute sich, dass seine Crew die Ausfälle bestens weggesteckt habe. «Wir sind noch enger zusammengerückt, haben uns gemeinsam bestens auf den ThSV Eisenach vorbereitet, auf dem Parkett 60 Minuten prächtig gefightet. Mit den Kontern in der ersten Halbzeit, vielfach von unserem Torhüter Bastian Rutsachmann eingeleitet, legten wir den Grundstein zum Doppelpunktgewinn. Mit diesem Erfolg im Rücken reisen wir nicht chancenlos nach Hüttenberg. Wir sind stabil genug, dort erfolgreich zu bestehen», blickte Klaus Hüppchen schon mal auf die nächste Aufgabe.

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Statistik

TV Bittenfeld: Rutschmann, Sdunek; Schimmelbauer (2), Schöbinger (6), Kienzle (1), Forstbauer (4), Weiß (7), Baumbach, Gunnarssson (5/1), Baumgarten (8), Wehner (2), Drobek

ThSV Eisenach: Musil, Gorobtschuk; Trautvetter (4), Sklenak (5), Wöhler (2), Lindner, Koke (2/1), Luther (2), Bitterlich, Kaluzinski (7), Schiffner, Langhans, Heinemann (3/2), Lilienfelds (4)

Zeitstrafen: Bittenfeld: 2 x 2 Min.; Eisenach 6 x 2 Min.

Siebenmeter: Bittenfeld 2/1; Eisenach 5/3

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