ThSV: Knappe Niederlage mit einem ganz bitteren Beigeschmack

Oh, war das bitter für den ThSV Eisenach. Einen 3-Tore-Rückstand (27:30) in der 58. Minuten egalisierten sie mit einer Deckungsumstellung und daraus resultierender Ballgewinne durch Treffer von Benjamin Trautvetter und Krisztian Szep-Kis (2) in Unterzahl zum 30:30 (60.). Da waren noch 13 Sekunden in der Sporthalle am Viadukt in Bietigheim zu absolvieren. Krisztian Szep-Kis hatte sich bei seinem Ausgleichstreffer in den Werbebanden verfangen. In 6:4-Überzahl steuerten die Gastgeber das Eisenacher Gehäuse an, wählten die eigentlich schlechteste Option über Rechtsaußen. «Ich stand mit meinem Körper korrekt vor dem eigenen Kreis», schilderte Karsten Wöhler die spielentscheidende Szene zwei Sekunden vor Ultimo. Bietigheims Angreifer marschierte frontal auf den Eisenacher Kapitän zu. Den Pfiff der Schiedsrichter deuteten nahezu alle als Entscheidung auf Stürmerfoul. Zum Entsetzen der Wartburgstädter zeigte Spielleiter Thomas Kern auf den ominösen Punkt. Zunächst Verwunderung, dann Freude in den Reihen der Gastgeber. Alle Proteste der Eisenacher halfen nichts. Karsten Wöhler verstand die Handball-Welt nicht mehr. Die Szene wurde nicht nur für ihn zum Alptraum für die 350-Kilometer-Heimfahrt. Bietigheims Sebastian Knieriem verwandelte zum 31:30-Sieg für seine Farben. «Ein mehr als glücklicher Siebenmeter bescherte uns beide Punkte», gestand Uwe Rahn, der Coach der SG BBM Bietigheim. Die Gäste aus Thüringen fühlten sich eines Punktes beraubt, haderten nicht nur in dieser Szene mit den Unparteiischen Thomas Kern/Thorsten Kuschel (Belheim/Hagenbach). Beim Stand von 27:26 für Bietigheim war Eisenachs Benjamin Trautvetter auf dem Weg zum Ausgleichstreffer (57.), ein ihn verfolgender Bietigheimer testete mit einem Griff an das Trikot des Eisenacher dessen Festigkeit. Statt des zu erwartenden Freiwurfes für die Gäste erkannten die Schiedsrichter auf «Ball geführt» und sprachen den Hausherren das Leder zu. Christian Löffler dankte für das Geschenk mit seinem Treffer zum 28:26 (57.). «Der Lohn für vorbildlichen Kampfgeist und tolle Moral blieb uns versagt», konstatierte zerknirscht Eisenachs Trainer Hans-Joachim Ursinus. Statistische Werte sprachen eigentlich für den ThSV Eisenach. Eine Torwurfeffektivität von 56 %, ein 21 Bälle (entspricht 40 %) abwehrender Torhüter und im gesamten Spielverlauf nur 9 Technik- und Regelfehler hätten eigentlich für Zählbares reichen müssen, zumal die Eisenacher in der Schlussphase athletisch klar noch eine Schippe drauf legten. «Kleine Nuancen waren in der Endabrechnung ausschlaggebend», bilanzierte Eisenachs Coach. Dazu gehörte die Schwäche beim Torwurf von Rechtsaußen. Drei Spieler versuchten sich da erfolglos. Da vermissten die Eisenacher ihren verletzt zuhause gebliebenen Joker Adrian Wöhler.

Nach pomadigem Startviertelstunde auf Betriebstemperatur
Eine überwiegend niveauarme erste Spielhälfte sahen die 900 Zuschauer. Die Unparteiischen passten sich sofort diesem an. (Während beide Mannschaften sich später zu steigern wussten, verharrten die Spielleiter auf ihrem Level). Den Eisenachern schien die weite Anreise in den Gliedern zu stecken. Tomas Sklenak und Pavel Prokopec rotierten zwischen der mittleren Aufbauposition und dem linken Rückraum. Spielfluss kam kaum zustande; geradezu pomadig der ThSV Eisenach in der Vorwärtsbewegung gegen die körperbetonte Abwehrarbeit der Gastgeber. Flache Bälle waren zudem nach dem Geschmack von Bietigheims Schlussmann Mathias Lenz. Eine gelungene Vorlage von Pavel Prokopec zu Benjamin Trautvetter, wie zum 2:3-Anschlusstreffer (6.), besaß Seltenheitswert. Die keineswegs Bäume ausreisenden Gastgeber zogen auf 6:2 durch den eingewechselten Christian Löffler (14.) davon. Wenig später kassierte Eisenachs Girts Lilienfelds bereits seine zweite Zeitstrafe (16.). Der junge Nils Weidner kam für Abwehraufgaben. Martin Hoffmann bezog auf Rechtsaußen Position. Bietigheims Kreisspieler Robin Haller ließ sich nur schwer stellen. Benjamin Trautvetter tat dies auf Kosten eines Siebenmeters und einer 2-minütigen Strafe. Nico Kibat, im Sommer von der TSG Friesenheim gekommen, verwandelte vom Punkt zum 10:6 (22.). In Unterzahl und mit dem im linken Rückraum eingewechselten Daniel Luther kam Eisenachs Angriffsspiel in Schwung. Karsten Wöhler verkürzte von Linksaußen auf zwei Treffer (11:9). In Überzahl brachten die Einheimischen das Leder nicht am guten Radek Musil im ThSV-Kasten vorbei. Ein Doppelschlag von Daniel Luther, eine präzise Steilvorlage von Radek Musil auf Martin Hoffmann, beim 13:13 (29.) erreichten die Thüringer Gleichstand.

Kampf und Leidenschaft blieben unbelohnt
Unmittelbar nach Wiederanpfiff schlug eine Sklenak-Fackel zum 14:15 (31.) ein. Bietigheim wackelt. Eisenachs Angriffsspiel kommt auf Touren. Ballstafetten zum Kreis, zu Benjamin Trautvetter, sorgen für helle Aufregung in den Bietigheimer Reihen. Als Eisenachs Kreisspieler mal wieder nur regelwidrig gestoppt wurde, verwandelte Karsten Wöhler den fälligen Strafwurf zum 16:17 (35.). Wenig später hob Martin Hoffmann das Leder von Rechtsaußen über Torhüter Mathias Lenz, aber auch über den Kasten (36.). Scharf und präzise zog Daniel Luther zum 16:18 (37.) ab. Nun war richtig Feuer auf dem Parkett, Geschichte die freundschaftlichen Umarmungen zwischen beiden Teams vor dem Anpfiff. Die Zeitstrafen gegen den ThSV Eisenach schnellten in die Höhe. Pavel Prokopec und Karsten Wöhler erwischte es kurz hintereinander. Der eingewechselte Andreas Nositschka blieb im Siebenmeterduell gegen Nico Kibat Sieger, die Gastgeber nutzten dennoch die doppelte Überzahl zu Treffern vom 16:18 (37.) zum 21:18 (43.). Kampf, kaum handballerische Feinheiten, war angesagt. Beide Teams fighteten mit großem Einsatz. Selten standen sich beide Vertretungen komplett gegenüber; zumeist die Wartburgstädter dezimiert. Bietigheims Sebastian Sauerland ließ kurzzeitig seine Torgefährlichkeit aus dem linken Rückraum aufblitzen (23:20, 46.). Auf Eisenacher Seite setzte Daniel Luther immer wieder zum Torwurf an, scheiterte am Holz oder an Schlussmann Mathias Lenz. Die Eisenacher steckten Misserfolge weg. Hans-Joachim Ursinus gab während einer Auszeit neue Anweisungen, sprach seinen Schützlingen Mut zu. Endlich traf auch Girts Lilienfelds, fasste sich sogar der junge Nils Weidner nahezu von Rechtsaußen ein Herz (27:25, 55.). Pavel Prokopec schmetterte zum Anschlusstreffer ein (27:26, 56.). Benjamin Trautvetter wurde auf dem Weg zum Ausgleichstreffer jäh gestoppt. Bietigheim traf durch Christian Löffler und Nico Kibat zum 29:26 (57.). Jetzt ging es Schlag auf Schlag. Balleroberung mit ein oder gar zwei vorgezogenen Akteuren war bei den Eisenachern die Devise. Auch nach der dritten Zeitstrafe gegen Pavel Prokopec (die insgesamt 9. gegen Eisenach!) wurde diese Linie beibehalten. Routinier Krisztian Szep-Kis versenkte per Doppelschlag zum 30:30 (60.). Es folgte der unsägliche Pfiff. In einer Partie, die keinen Sieger verdient hatte, unterlag der ThSV Eisenach durch einen heftigst umstrittenen Siebenmeter in der Schlusssekunde bei der SG BBM Bietigheim mit 30:31 (14:14).

Statistik
SG BBM Bietigheim: Lenz, Gysin; Haller (4), Amann, Kibat (3/2), Knieriem (6/3), Heuberger (1), Schäfer (2), Bauer (2), Scheerschmidt (1), Rothe (4), Hinz (2), Löffler (4), Sauerland (2)
ThSV Eisenach: Musil, Nositschka; Hoffmann (1), Trautvetter (5), Sklenak (4), Luther (4), Emmelmann, Schiffner, K. Wöhler (5/3), Lilienfelds (2), Weidner (1), Jauernik (1), Prokopec (3), Szep-Kis (4)
Siebenmeter: Bietigheim 6/5 – Eisenach 4/3
Zeitstrafen: Bietigheim 4 x 2 Min.; Eisenach 9 x 2 Min./ Rot gegen Prokopec nach 3. ZS, 60.

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