ThSV: „Land unter“ in der zweiten Halbzeit

Ein Blick auf den Kölner Dom bei Nacht und das Wiedersehen mit Ex- ThSVler Sergio Casanova waren die wenigen positiven Aspekte für die kleine ThSV-Fangemeinde beim Auswärtstrip am vergangenen Sonntag nach Dormagen. Nach einer passablen ersten Halbzeit (12:10 für Dormagen) fiel der ThSV Eisenach im schmucken TSV Bayer Sportcenter im zweiten Spielabschnitt völlig auseinander. Mit Tempohandball überrollten die Gastgeber die völlig überforderten Eisenacher am Ende klar und deutlich mit 31:19 (12:10). Die Wartburgstädter waren spätestens bei Bayer-Schlußmann Matthias Reckzeh mit ihrem Latein am Ende. Der Ex-Suhler parierte 24 Bälle und bekannte im Anschluß, Spiele gegen den ThSV Eisenach seien für ihn noch immer etwas Besonderes, resultierend aus der einstigen Rivalität
zwischen Suhl und Eisenach. Zu seinen Trainern in Suhl zählte vor fast 15 Jahren auch Thomas Dröge, der heutige sportliche Berater des ThSV Eisenach, der fassungslos den „Untergang“ des aktuellen Eisenacher Teams verfolgte. Da verschlug es auch Sergio Casanova die Sprache. Diese Eisenacher Mannschaft kam ihm „spanisch“ vor. Der jetzt für TUSEM Essen erfolgreich in der 1. Liga auf Torejagd gehende Rückraumspieler hatte sich mit unter die ThSV-Fans gemischt, getreu dem Motto, „Alte Liebe rostet nicht“. Doch auch er wandte sich mit Grausen ab.
Der höchste Saisonsieg der Rheinländer sorgte für Verzücken bei den 1300 Zuschauern. „Wir haben es geschafft, hier eine Mannschaft mit Team- und Kampfgeist aufzubauen. Hier wächst etwas zusammen, das uns noch viel Freude bereiten wird“, lobte Dormagens Trainer Kai Wandschneider seine Schützlinge in den höchsten Tönen und traf damit zugleich treffend den Unterschied zwischen beiden Mannschaften. In naher Zukunft soll alter Glanz in der 1. Liga wieder aufpoliert werden. Die Weichen sind nach dem Intermezzo in der Regionalliga anscheinend richtig gestellt. Die Eisenacher können davon wahrlich nur träumen. Ausgerechnet am Totensonntag präsentierten sie sich im zweiten Abschnitt als Mannschaft ohne Leben, ohne Zusammenhalt. Spielertrainer Runar Sigtryggsson entschuldigte sich bei den eigenen Anhängern für die Leistung. Sein „Vorgänger“ Zlatko Feric tat dies auch mehrfach – und mußte gehen. Die Spieler blieben indes die gleichen. „Wir haben bis zur 26. Minute als Mannschaft gespielt, manöverierten uns durch technische Fehler in den Pausenrückstand und fielen nach Wiederanpfiff völlig auseinander, waren nur eine Ansammlung von Individualisten“, bekannte der 32-jährige Isländer mit saurer Mine. „Wir wollten Dormagen den Kampf anbieten“, doch die Worte des Trainers schienen nahezu bei allen auf taube Ohren gestoßen. Einzig Stefan Kneer krempelte bis zum Abpfiff die Ärmel hoch. Ausgerechnet der 18-jährige Jugend-Europameister, der ein Trainingslager und ein Länderspiel seit Wochenmitte in den Knochen hatte, erst in den Nachtstunden nach Thüringen und über Umwegen nach Eisenach zurückgekehrt war! Mit 5 Treffern war er auch erfolgreichster Werfer seines Teams.
Trauriger „Höhepunkt“ – oder viel mehr Tiefpunkt: In 6:3 Spielerüberzahl vermochten die Eisenacher beim Stand von 25:15 (46.Min.) nicht das Leder im Dormagener Kasten unterzubringen. Im Gegenteil: Dormagen narrte die Eisenacher mit dem Treffer zum 26:15!
Dabei ließ der Beginn und nahezu die gesamte erste Halbzeit nicht auf einen derartigen Einbruch schließen. Der ThSV Eisenach startete selbstbewußt. Danijel Grgic traf zum 1:3 (6.Min.). Bernard Latchimy löste Krisztian Szep-Kis in der Defensive ab. Der Ungar brachte nach 4 Minuten einen Siebenmeter nicht am Dormagens Keeper Matthias Reckzeh vorbei. Runar Sigtryggsson begann im Angriff im linken Rückraum. Jugend-Nationalspieler Stefan Kneer löste nach 12 Minuten dort seinen Spielertrainer ab. Die Thüringer waren klar tonangebend, auch weil Dragan Jerkovic ein sicherer Rückhalt war, parierte nach 10 Minuten einen Siebenmeter. Ronny Göhl zeigte sich auf Rechtsaußen tatendurstig. Andrej Kastelic versenkte vom Punkt nach Foul am energisch in die Lücke ziehenden Ronny Göhl den fälligen Strafwurf zum 6:7 (19.). Gar in Unterzahl wuchtete Stefan Kneer zum 6:8 (21.) ein. Der ThSV Eisenach war auf gutem Wege. Doch risikovolle Zuspielversuche öffneten Dormagen Tür und Tor für Tempogeghenstöße. Dormagens Tobias Plaz tummelte sich da nach Herzenslust, nahm die Gastgeschenke an und versenkte zum 10:8 (27.). Der junge Till Riehn war auf die Regieposition gerückt, Danijel Grgic an den Kreis. Kastelic (7-Meter) und Szep-Kis glichen zum 10:10 (29.) aus. Zwei individuelle Patzer ermöglichten Dormagen die 12:10 Halbzeit-Führung.
Torreich ging es nach Wiederanpfiff der Unparteiischen Damian/Wenz los. Nach dem 16:13 (35.) nahm Dormagens Angriffsspiel Fahrt auf. Die Gastgeber drückten unaufhörlich auf das Tempo. Sie spielten die Wartburgstädter, zwischenzeitlich mit Bernard Latchimy auf Rechtsaußen, regelrecht schwindlig. Dragan Jerkovic bekam keine Hand mehr an den Ball. Karsten Lehmann nahm seinen Platz im ThSV-Gehäuse ein. Ein unpräziser Abwurf von ihm nutzte Dormagen zum 20:14 (40.). Das Unheil nahm seinen Lauf! Kein Positionswechsel vermochte dem Einhalt zu gebieten! Der ThSV Eisenach glich einem Torso. Dormagen überrollte im Spielrausch die Gäste aus Thüringen. Bis auf Stefan Kneer und dem sich nach seinem argen Patzer steigernden Karsten Lehmann war kein Aufflackern zu spüren. Nach einer Eisenacher Schlafwageneinlage traf Michael Lochtenbergh zum 25:15 (46.). Die hausbackenen Angriffsbemühungen der Eisenacher fordern Beifallsstürme für Dormagens Schlußmann heraus, der den Gästen den letzten Nerv zieht. Nach dem 27:15 (50.) hatten es die Eisenacher ihrem Schlußmann Karsten Lehmann zu verdanken, daß das Debakel nicht noch höher ausfiel…..

Am Freitag, 26.11.04 kommt mit Melsungen der verlustpunktlose Tabellenführer in die Werner-Aßmann-Halle (Anpfiff 19.30 Uhr). Nur mit einer Kehrtwendung um 180 Grad kann das Team um Kapitän Danijel Grgic ein erneutes Desaster verhindern……!

Die Spielstatistik:
Dormagen: Kurth (bei einem 7m), Reckzeh; Plaz (7), Kopeinigg (1), Meyer (1), Hantusch (1), Baekhoej (1), Sieberger (2), Wernicke (1), Aschenbroich (5), Tesch (2), Koke (6/2), Lochtenbergh (4), Landsberg.
Eisenach: Jerkovic, Lehmann (ab 37.); Kneer (5), Sigtryggsson, Augensen (1), Riehn, Ehrhardt (1), Emmelmann (n.e.), Latchimy, Grgic (3), Göhl (2), Kastelic (3/3), Szép-Kis (4)
SR: Damian/Wenz (Bingen/Mainz). – Z: 1.320. – Zeitstrafen: 10:6 Minuten (Kopeinigg/zweimal, Sieberger, Tesch, Lochtenbergh -Latchimy/zweimal, Augensen). – Siebenmeter: 3/2:5/3 (Lochtenbergh scheitert an Jerkovic/10. – Reckzeh hält gegen Szép-Kis/4. und Riehn/54.)

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