Wir haben mit ganz viel Dusel gewonnen!

ThSV Eisenach II verwandelt einen 5-Tore-Rückstand im Schlussspurt noch in einen 28:27 (14:16)-Sieg bei der SG Suhl/Goldlauter

So richtig verstanden die Trainer Jörn Schläger (ThSV Eisenach II) und Daniel Hellwig (SG Suhl/Goldlauter) das gerade zu Ende gegangenen Punktspiel in der Handball-Thüringenliga der Männer nicht. „Ein Spiel, das wir nie verlieren durften“, stammelte ein schier fassungsloser Daniel Hellwig, der mehr Spieler als angekündigt zur Stelle hatte, selbst nicht eingreifen brauchte.

Wir haben mit ganz viel Dusel gewonnen, gestand Jörn Schläger, der personell aus dem Vollen schöpfen konnte.

Beim 22:17 (48.) und beim 24:20 (52.) sahen die Gastgeber wie der sichere Sieger aus. Nach dem Abpfiff verließen sie mit gesenkten Häuptern die kleine Schulsporthalle in der Suhler Bruchholzstraße. Ein 27:28 leuchtete an der Anzeigetafel, das Team aus der Wartburgstadt tanzte auf dem Parkett, zelebrierte mit den mitgereisten Anhängern die Laola-Welle. Die offene Rechnung von der denkwürdigen 31:34-Heimniederlage Mitte Oktober gegen die SG Suhl/Goldlauter war beglichen. In einer fairen Partie waren Ricardo Hausdörfer und Martin Löwe zwei unauffällige und dennoch sichere Leiter.

Vaterfreuden entgegen sehender Keeper in Hochform
„Im heutigen Handball ist ein 5-Tore-Rückstand rasch aufgeholt“, befand ein aufgekratzter Benjamin Trautvetter, der spielende Eisenacher Co-Trainer. Dass es zu einem 5-Tore-Rückstand gekommen war, das sorgte bei Jörn Schläger für Verständnislosigkeit. „Nach guten 20 Auftaktminuten verließen wir vollkommen unsere Linie. Unsere Torwürfe waren dann so richtig nach dem Geschmack des Suhler Torhüters“, konstatierte Jörn Schläger. Gastgeber-Keeper Tizian Bittermann, im Sommer aus der Region Coburg gekommen, sehnlichst auf einen Anruf aus der Entbindungsstation wartend, weil Vaterfreuden entgegensehend, parierte insgesamt 23 Bälle. Die Eisenacher brachten vielfach das Leder von beiden Außenpositionen nicht am Keeper vorbei. „Egal wohin wir warfen, der Suhler Keeper war schon da“, gestand ThSV-Rückraumspieler Pascal Küstner. „Wir verloren die Ballkontrolle, trafen falsche Entscheidungen, ermöglichten den Gastgebern Ballgewinne“. analysierte Jörn Schläger. Von „Fahrlässigkeit“ sprach Benjamin Trautvetter, der im Finish dann seine ganze Routine einbrachte.

Deckungsumstellung sorgte für die Wende
Ein Griff in die Taktikkiste führte zur nicht für möglich gehaltenen Wende. „Die Umstellung auf eine 5:1-Deckung mit Noah Streckhardt als vorgezogene Spitze war der Schlüssel zum Erfolg“, bekannte Benjamin Trautvetter. Ausgerechnet der bis dahin beste Suhler, Regisseur Krisztian Gali, verlor völlig die Übersicht, patzte. Unter Druck verloren die Hausherren plötzlich in Serie das Leder. „Bis zur 52. Minute lief bei uns alles nach Plan. Dann gaben wir durch Undiszipliniertheiten einen sicheren Sieg aus der Hand“, konstatierte ein stinksaurer Daniel Hellwig, der gar von „Arroganz seines Teams“ sprach. Die Eisenacher machten sich das Leben dennoch selbst schwer, Maximilian Manys (55.) und Luca Baur (58.) scheiterten bei der Aufholjagd mutterseelenallein nach einem Gegenstoß an Keeper Tizian Bittermann. Noah Streckhardt übernahm Verantwortung beim Torwurf, ließ das Netz mit seinem 8. Treffer zum 24:24 zappeln (55.). Mit Pascal Küstner hatte ThSV-Coach Jörn Schläger in der 40. Minute ein gehöriges Stück Leidenschaft eingewechselt (5 Treffer!). Mit bekannter Zweikampfstärke traf er, nach dem Ausgleichstreffer von Maximilian Manys zum 26:26 (58.), im Doppelpack zum 26:28 (60.). „Lars Kremmer, der bis dahin kaum einen Ball zu fassen bekam, war in den Schlussminuten 3-mal zur Stelle“, benannte Daniel Hellwig einen wichtigen Aspekt. Mit seinem 7. Treffer stellte Markus Triebel den Endstand her, die Punktevergabe beeinflusste das nicht mehr.

Nach 20 Minuten riss der Faden
Die Eisenacher, mit Maximilian Manys auf Links- und Philipp Urbach auf Rechtsaußen, Markus Collatz, Noah Streckhardt und Armend Alaj im Rückraum, Benjamin Trautvetter am Kreis und Lars Kremmer im Tor beginnend, bestimmten mit abgeklärter Spielweise die Auftaktphase. ThSV-Coach Jörn Schläger betraute Youngster Noah Streckhardt mit der Rolle des Spielgestalters. Markus Collatz lochte zum 3:5 ein (9.). Nach leichtfüßigem Soli schloss Noah Streckhardt zum 5:7 (12.) ab. Der 18-Jährige suchte immer wieder den Abschluss. Die Hausherren, mit einer Vielzahl ausländischer Spieler auf dem Parkett, erhöhten mach dem 9:10 (20.) mit ganz viel Leidenschaft ihre Schlagzahl. Angriffszüge zu ihrer starken rechten Angriffsseite mit Richard Wagner und Markus Triebel (zusammen 13 Tore) brachten die Gäste von der Wartburg in arge Verlegenheit. Philipp Urbach (von Rechtsaußen) und Maximilian Many (von Linksaußen) scheiterten binnen 60 Sekunden am Schlussmann der Hausherren (26.), Tempogegenstöße landeten im Aus. Das Feuer loderte beim Gastgeber, der vom 9:10 (20.) zum 14:11 (28.) einnetzte. Personelle Wechsel blieben beim ThSV Eisenach II ohne die erhoffte Resonanz.

Im furiosen Schlussspurt die Partie noch gedreht
„Auch nach dem Seitenwechsel fanden wir nicht zu Stabilität“, kritisierte Pascal Küstner. Die SG Suhl/Goldlauter, mit einem spielintelligenten und selbst torgefährlichen Regisseur Krisztin Galli, behielt das Zepter in der Hand. Eisenachs eingewechselter Kapitän Sascha Kleint fand binnen weniger Augenblicke bei zwei Würfen von Linksaußen in Suhls Keeper seinen Meister (38.). Richard Wagner, nicht der Komponist sondern der Rechtsaußen der SG Suhl/Goldlauter, traf stattdessen von Rechtsaußen zum 19:14 b(39.). „Da ließen einige schon die Köpfe hängen“, räumte Benjamin Trautvetter ein. Auch eine Auszeit von Jörn Schläger mit erneuten personellen Veränderungen fruchtete nicht. Krisztian Galli markierte das 21:16 (46.)., der Ex-Eisenacher Michael Frank das 23:19 (50.). Die Hausherren schienen aber auch über ihren Kräften gelebt zu haben. Auf die Deckungsumstellung der Eisenacher hatten sie keine Antwort mehr parat. Allgemeine Verunsicherung war angesagt. Einen eigenen Ballgewinn nutzte Noah Streckhardt per konsequent abgeschlossenem Konter zum Anschlusstreffer. Er markierte kurz darauf den Ausgleichstreffer (24:24, 55.). Die Hausherren wankten, wehrten sich (26:25, 57.), konnten kein Kapital daraus ziehen, dass Eisenachs Linkshänder Luca Baur gleich doppelt das Leder nicht versenken konnte. Unter Druck ging bei den Gastgebern im Angriff nichts mehr. Balleroberungen des ThSV Eisenach II waren die Grundlage für die Treffer zum 26:28 (60.).

Der ThSV Eisenach II rückte mit diesem Doppelpunktgewinn auf den 4. Tabellenplatz vor, allerdings mit 6 Punkten Rückstand zu Spitzenreiter HBV Jena.

Statistik
SG Suhl/Goldlauter: Bittermann, Hornschuh; Pamer (2), Frank (4), M. Gerstenberg (1), Wagner (6), Buncak, Mattutat, Galli (6/1), Triebel (7), Szenteszki (1), Prunner
ThSV Eisenach II: Kremmer; Trautvetter (1), Küstner (5), Urbach (1), Emmelmann (3/2), Kleint, Manys (2), A.Alaj (1), Bohrt (2), Collatz (4/3), Streckhardt (8), Q. Alaj, Lämmerhirt, Bauer (1),
Siebenmeter: SG Suhl/Goldlauter 3/2 – ThSV II 6/5
Zeitstrafen: SG Suhl/Goldlauter 2 x 2 Min. – ThSV II 2 x 2 Min.
Schiedsrichter: Hausdörfer/Löwe
Zuschauer: 85

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