„Wir werden das Spiel nicht herschenken. Ganz im Gegenteil!“

ThSV Eisenach zeigt sich kämpferisch vor dem Heimspiel am Samstag  gegen den ruhmreichen Altmeister VfL Gummersbach  

Mit dem VfL Gummersbach und dem ThSV Eisenach stehen sich am Samstag, 08.05.2021 um 19.30 Uhr in der Eisenacher Werner-Aßmann-Halle zwei echte Handball-Traditionsvereine gegenüber. In beiden Städten wurden vor etwa 100 Jahren erste Handball-Sparten gegründet.

Der Altmeister (11-facher Deutscher Meister!) aus dem Oberbergischen, dessenRuhm freilich verwelkt ist, mit Kochkarätern besetzt (u.a. Timm Schneider, Janko Bozovic, Alexander Herrmann. Raul Santos), bangt um den fest eingeplanten Wiederaufstieg in die Beletage des deutschen Handballs. Aktuell rangiert er auf dem Nichtaufstiegsplatz 3. Die Mission Wiederaufstieg verlief bis zum Ende des vergangenen Kalenderjahres nach Plan. Doch es folgte eine Schwächephase mit zahlreichen unerwarteten Niederlagen. sogar beim Tabellen-Schlusslicht TuS Fürstenfeldbruck. Dem VfL Gummersbach ist die Wertigkeit der Partie in der Werner-Aßmann-Halle bewusst. Eine weitere Niederlage würde das Saisonziel arg gefährden. Aus eigener Kraft wäre der Aufstieg dann nicht mehr zu realisieren. Die Fahrtstrecke von Gummersbach nach Eisenach beläuft sich auf nicht einmal 270 Kilometer, dennoch bezieht der VfL-Tross auf dem Weg in die Wartburgstadt ein Stundenhotel. „Wir erwarten ein schweres Spiel. Eisenach hatte bei uns beim Hinspiel nicht seinen besten Tag, aber sie haben in dieser Saison schon mehrfach bewiesen, wie gut sie spielen können. Wir freuen uns auf das Spiel. Personell sieht es bei uns gut aus, wir haben ein paar verletzteund angeschlagene Spieler, aber die Spieler, die mitkommen und das VfLTrikot anziehen werden, sind bereit, alles zu geben“, unterstreicht Gudjon ValurSigurdsson, der Trainer des VfL Gummersbach.

„Wir werden nichts herschenken. In dieser Liga ist alles möglich. Es ist nicht unmöglich, gegen den ruhmreichen VfL Gummersbach zu punkten. Wir sind dazu in der Lage“, gibt sich Eisenachs aus Gummersbach stammender Trainer Markus Murfuni kämpferisch. („Meine familiäre Heimat ist Gummersbach. Meine sportliche Heimat ist aktuell Eisenach.“ O-Ton Markus Murfuni). Corona bedingtbei den vorgesehenen Kontrahenten oder im eigenen Team sowie aufgrund der Länderspielpauseliefen seine Schützlinge vor 5 Wochen, beim 28:25 über den ASV Hamm-Westfalen letztmalig um Punkte auf. „Wir haben die Zeit genutzt, um Wehwehchen und Blessuren auszumerzen“, berichtet Markus Murfuni. Er hofft, bis auf die beiden langzeitverletzten Justin Mürköster und Jonas Ulshöfer, alles an Deck zu haben. Vergessen die klare Hinspielniederlage. „Unser Gesicht und unsere Spielweise haben sich seitdem verändert“, betont Markus Murfuni, auch mit dem Verweis auf die zum Jahresende und Jahresanfang verpflichteten Hannes Iffert, Jannis Schneibel, Daniel Hideg und Peter Walz. Diese Verpflichtungen und die bereits bekanntgegebenen Neuzugänge für die nächste Saison (Fynn Hangstein vom TBV Lemgo Lippe, Malte Donker vom TSV Hannover-Burgdorf und Johannes Jepsen vom TuS Nettelstedt-Lübbecke) sind für Eisenachs Manager Rene Witte der klare Nachweis für die künftige Ausrichtung mit jungen deutschen Spielern. Um den sicheren Hafen für ein weiteres Jahr im Handball-Unterhaus anzulaufen, brauche der ThSV Eisenach nach Auffassung von Rene Witte noch 6 Punkte. (Derzeit weist die Habenseite 23 Zähler nach 25 Spielen auf.) Vor den Wartburgstädtern stehen noch 11 Punktspiele, einige davon gegen Teams aus der unteren Tabellenhälfte. Aufgrund der Corona-Zwangspause mit drei ausgefallenen Spielen stehen englische Wochen an. Ende Mai geht es zusätzlich zum Doppelpack in den Norden: am Freitag, 28.05.2021 beim HSV Hamburg und am Sonntag, 30.05.2021 beim Wilhelmshavener HV.  

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Gummersbach und Eisenach – Städte mit langer Handballgeschichte

Der 1861 gegründete VfL (Verein für Leibesübungen) Gummersbach eröffnete Anfang 1923 eine Handballsparte. „Die SG Wartburg“ und die „Freien Turner“ gründeten drei Jahre zuvor, 1920, die ersten Handballsparten in Eisenach. Im Jahre 1928 baute auch die Spielvereinigung „Jahn 1860“ eine Handballsparte auf. Nach 1945 waren es ehemalige Mitglieder der „Turnerschaft Wartburg“, die den Handball neu belebten (in der „BMW Eisenach“), der dann ab 1949/1950 in der Sektion Handball der BSG (Betriebssportgemeinschaft) Motor Eisenach seine neue Heimat bekam. Im Jahr 1958 eroberten die Motor-Handballer den Titel des „Deutschen Meisters im Feldhandball der DDR“.  Aus dieser Sektion Handball der BSG Motor gründete sich 1990 der ThSV Eisenach. Dieser ist einer der wenigen Vereine aus den neuen Bundesländern, der (bis auf eine Ausnahme) durchgängig auf der Bundesligakarte zu finden ist. Während seiner Erstligazeiten lieferte sich der ThSV Eisenach mit dem VfL Gummersbach 20 rasante Duelle. Mit einem 18:18 am 04.12.1991 in Gummersbach gelang dem in Notbesetzung auflaufenden ThSV Eisenach mit Hans-Joachim Ursinus auf der Trainerbank der erste Auswärtspunkt im wiedervereinigten Deutschland.Rückraumspieler Martin Münzberg, heute Physiotherapeut, musste auf Rechtsaußen aushelfen, netzte bei 9 Versuchen 6 Bälle ein. Auch Frank Gießler markierte 6 Treffer, benötige hierfür 13 Versuche. „Gegen Gummersbach haben wir etliche Punkte geholt“, erinnert sich Eisenachs langjähriger Coach Rainer Osmann. Im Dezember 1997 wurde beim Gummersbacher Starensemble um Toptorjäger Yoon (insgesamt 2905 Bundesliga-Tore!) ein 30:29-Sieg bejubelt. Bernd Fichtner, heute im ThSV-Vorstand, netzte per Dreher im Gegenstoß zum siegbedeutenden Treffer ein. Die Werner-Aßmann-Halle glich einem Tollhaus, als der VfL Gummersbach am 22.02. 2002 mit 24:19 bezwungen wurde. Ein Jahr später wurde an gleicher Stelle ein 29:28-Erfolg gefeiert. Danach gab es für die Thüringer freilich nur Niederlagen zu konstatieren. Auch in den Zweitliga-Vergleichen. Im Hinrundenspiel dieser Saison waren für den ThSV Eisenach in der Schwalbe Arena Gummersbach beim 8:18-Rückstand zur Halbzeitpause schon sämtliche Messen gelesen (Endstand 33:24 für den VfL). Das Hinspiel haben wir vergessen. In Gummersbach hatten wir ähnliche Probleme wie in Hamm. Wir haben inzwischen eine neue Truppe, mit neuen Gesichtern und neuem spielerischem Profil. Das haben wir im Rückspiel gegen den ASV Hamm-Westfalen nachhaltig bewiesen. Das wollen wir auch gegen den VfL Gummersbach ähnlich gut lösen, erklärt ThSV-Coach Markus Murfuni mit Blick auf den Samstagabend.

Der VfL Gummersbach schrieb eine nationale und internationale Erfolgsgeschichte. Wir im Osten Deutschlands, hinter dem „eisernen Vorhang“, verfolgten mit ganz viel Sympathie die grandiosen Auftritte des VfL Gummersbach in den 70er und 80er Jahren. Auf der Vita des VfL stehen 11 x Deutscher Meister, 5 x DHB-Pokalsieger, 4x Europapokalsieger der Landesmeister, 4 x Europapokalsieger der Pokalsieger, 2 x IHF/EHF-Pokalsieger, 2x Vereinseuropameister. Doch das ist überwiegend lange her. Zum Ende der Saison 2018/2019 stand der erstmalige Abstieg in die 2. Handballbundesliga. Im zweiten Anlauf soll nun unbedingt die Rückkehr ins deutsche Handballoberhaus gelingen.

Th. Levknecht

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