Agrarförderprogramme auf dem Prüfstand

Forschungsprojekt zu Fortentwicklung der Agrarförderung gestartet – Landwirte für Teilnahme gesucht

Wissenschaftler der Universität Rostock (Agrarökonomie) und des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung in Leipzig wollen gemeinsam mit Praxispartnern dazu beitragen, die Agrarumweltmaßnahmen der Landwirtschaftsförderung zu verbessern. Ein Modellgebiet liegt in Thüringen und wird von der Natura 2000-Station Unstrut-Hainich/Eichsfeld (Wildtierland Hainich gGmbH) als Praxispartner betreut. Der Thüringer Bauernverband ruft gemeinsam mit den Projekt- und Praxispartnern Landwirte zur Teilnahme auf.

Dieses neue Projekt zielt darauf ab, dass Landwirte und Naturschützer gemeinsam Vorschläge zur Weiterentwicklung der Landwirtschaftsförderung erarbeiten. Ich freue mich sehr, dass es uns gelungen ist, eine Modellregion hier nach Thüringen zu holen, erläutert Dr. Katrin Vogel, Geschäftsführerin der Wildtierland Hainich gGmbH. Der Verlust der Artenvielfalt ist neben der Klimakrise die größte Herausforderung unserer Zeit. Auch auf den landwirtschaftlich genutzten Flächen muss hier gegengesteuert werden und das gelingt nur gemeinsam mit der Landwirtschaft und mit praxistauglichen Instrumenten.

Als Thüringer Bauernverband unterstützen wir die Ziele des Projektes. Besonders wichtig ist dabei, dass auch die ökonomischen und soziologischen Aspekte für die Landwirtschaft bei diesem Projekt in den Blick genommen werden. Denn die Landwirtschaft möchte Artenvielfalt auf ihren Flächen, muss aber auch ökonomisch arbeiten. Wir hoffen, dass sich viele Landwirte beteiligen, sagt Dr. Klaus Wagner, Präsident des Thüringer Bauernverbandes.

Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) gehört zu den wichtigsten Aufgabenfeldern der EU. Im Laufe der Jahre wurde sie immer wieder umgestaltet und soll auch weiterhin fortentwickelt werden. Die GAP ist das umfangreichste Förderinstrument der EU und stellt einen nicht unerheblichen Anteil am Einkommen landwirtschaftlicher Betriebe dar. Zugleich wurde in den letzten Jahren deutlich, dass in der durch Menschen erschaffenen Kulturlandschaft ein Rückgang der Artenvielfalt bei Pflanzen und Tieren festzustellen ist. Die Frage ist nun, wie die für Ökosystemleistungen vorgesehenen Finanzmittel der EU so eingesetzt werden können, dass sie für Natur- und Artenschutz sowie für Landwirtschaft gleichermaßen von Nutzen und auch praktikabel sind.

Anzeige

Thüringen wurde als Modellgebiet ausgewählt, um gezielt mit Landwirten ins Gespräch zu kommen. Geplant sind bis Herbst 2024 Betriebsbefragungen. Hierbei können Landwirte ihre Präferenzen und Kritikpunkte in Bezug auf Umweltmaßnahmen angeben. In Austauschplattformen werden die Erfahrungen und Vorschläge der Landwirte gesammelt und über die Ergebnisse informiert und diskutiert.

„Aktuell suchen wir noch weitere Landwirte, die in den Regionen Eichsfeld (Raum Niederorschel, Leinefelde-Worbis, Dingelstädt), Thüringer Becken (Raum Bad Tennstedt, Bad Langensalza) und Jena an dem Projekt teilnehmen wollen“, informiert Dr. Ronald Brudler, Projektleiter der Wildtierland Hainich gGmbH. „Den beteiligten Landwirten bieten sich viele Vorteile bei einer Teilnahme: Sie haben die Möglichkeit, ihre Anregungen direkt einzubringen und so die Landwirtschaftsförderung zu verbessern, sie kommen in Austausch mit anderen Landwirten in den Austauschplattformen, können bei Interesse eine naturschutzfachliche Beratung für ihren Betrieb erhalten und, falls gewünscht, an einem Tier- und Pflanzenmonitoring auf ihren Flächen teilnehmen. Dabei können sie auch gerne selbst mitwirken, so Dr. Brudler weiter. Für den Zeitaufwand in den Austauschplattformen gibt es eine Aufwandsentschädigung.

Das Projekt CAP4GI (Hebel und Potenziale in der Gemeinsamen Agrarpolitik für eine bessere Unterstützung von grüner Infrastruktur, Biodiversität und Ökosystemleistungen) wird im Rahmen der Forschungsinitiative zum Erhalt der Artenvielfalt (FEdA) des Bundesministeriums für Bildung Forschung (BMBF) durchgeführt. Projektlaufzeit ist November 2021 bis Oktober 2024 mit einem Gesamtvolumen von rund 1,9 Mio. EUR, davon entfallen etwa 245.000 EUR auf den Thüringer Teil.

Die Natura 2000-Station Unstrut-Hainich/Eichsfeld befindet sich in Trägerschaft der Wildtierland Hainich gGmbH, die auch das Wildkatzendorf Hütscheroda betreibt. In dem von der Station betreuten Gebiet im Nordwesten Thüringens (Landkreise Eichsfeld, Unstrut-Hainich und nördlicher Wartburgkreis) werden viele praktische Naturschutzprojekte initiiert und durchgeführt beziehungsweise Flächennutzer naturschutzfachlich beraten.

Natura 2000 ist das weltweit größte, grenzübergreifende Schutzgebietsnetz. Europaweit hat es den Schutz wildlebender Tiere und Pflanzen und ihrer Lebensräume zum Ziel. Neben dem behördlichen Naturschutz ist in Thüringen ein Netzwerk von zwölf Natura 2000-Stationen an dessen Umsetzung beteiligt. Ziel ist die Vermittlung zwischen behördlichem und ehrenamtlichem Naturschutz, Land- und Forstwirtschaft und der Bevölkerung vor Ort.

Das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz (TMUEN) hat die Natura 2000-Stationen eingerichtet und fördert diese. Seit 2019 ist das Netzwerk der Natura 2000-Stationen im Thüringer Gesetz zur Neuordnung des Naturschutzrechts (vom 30. Juli 2019) gesetzlich verankert und somit fester Bestandteil des Naturschutzes in Thüringen. Informationen zum Netzwerk unter www.natura2000-thueringen.de.

Anzeige
Anzeige