Bei Minderjährigen die Rechnung nicht ohne das Gericht machen!

Wenn Minderjährige erben, Unternehmensanteile geschenkt bekommen oder ein Haus verkaufen, ist häufig unklar: Können die Eltern selbst alle notwendigen Erklärungen für das Kind abgeben? Oder müssen andere Stellen zustimmen? Und wer kümmert sich darum? Vergleichbare Fragen stellen sich etwa im Falle einer Vormundschaft oder einer angeordneten Betreuung. Was Sie in diesen Fällen beachten sollten, erläutert Eric Rauschenbach, Geschäftsführer der Notarkammer Thüringen.

In der Regel werden Kinder bei Abschluss eines Vertrags durch ihre Eltern vertreten. Dies genügt aber nicht immer. Bekommt ein Minderjähriger z.B. von seinen Großeltern eine Eigentumswohnung geschenkt, können die Eltern ihr Kind nicht vertreten.

Die Eltern befinden sich in einem Interessenkonflikt, erklärt Rauschenbach. In diesem Fall muss das Familiengericht einen Ergänzungspfleger bestellen, der anstelle der Eltern die notwendigen Erklärungen abgibt.

Auch darüber hinaus kann die Vertretungsmacht der Eltern oder des Vormunds beschränkt sein.

Für bestimmte Rechtsgeschäfte ist die Genehmigung des Familiengerichts erforderlich, so Rauschenbach.

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Hierzu gehören etwa der Verkauf eines Grundstücks, die Belastung desselben mit einer Grundschuld, die Ausschlagung einer Erbschaft sowie der Verzicht auf einen Pflichtteil.

Durch den Genehmigungsvorbehalt soll das Grundvermögen des Kindes in vom Gesetzgeber als besonders wichtig erachteten Fällen geschützt werden, weiß Rauschenbach.

Insbesondere die in der Praxis häufig gewünschte Übertragung von Immobilien auf Minderjährige im Wege der vorweggenommenen Erbfolge sollte daher immer auch vor dem Hintergrund einer künftigen (Weiter-)Veräußerung bewertet werden. Eine solche wird das Familiengericht grundsätzlich nur genehmigen, wenn sie dem Kindeswohl entspricht. Dies wird in der Regel der Fall sein, wenn die Veräußerung zu marktüblichen Konditionen erfolgt.

Ob ein Rechtsgeschäft mit einem Minderjährigen der familiengerichtlichen Genehmigung bedarf oder nicht, ist oft nicht leicht zu erkennen und einzelfallabhängig. Werden einem Minderjährigen Unternehmensbeteiligungen übertragen, kommt es darauf an, ob die Gesellschaft nur vermögensverwaltend tätig oder auf den Betrieb eines Erwerbsgeschäfts ausgerichtet ist. „Insbesondere im Bereich der Immobilienverwaltung lässt sich beides nur schwer trennen. Vorsorglich sollte bei Anteilsübertragungen daher das Familiengericht beteiligt werden“, rät Rauschenbach.

Vorsicht ist geboten bei der Ausschlagung einer Erbschaft für das minderjährige Kind. Diese ist von Gesetzes wegen innerhalb einer Frist von sechs Wochen zu erklären. Muss innerhalb der Frist noch die Genehmigung des Familiengerichts eingeholt werden?

Das kommt darauf an, erläutert Rauschenbach. Erbt das Kind nur infolge der Ausschlagung eines sorgeberechtigten Elternteils, ist eine Genehmigung entbehrlich. Hat das Kind hingegen von vornherein zusammen mit dem Elternteil geerbt – was der gesetzliche Regelfall beim Tod eines Ehepartners ist –, muss das Familiengericht die Ausschlagung genehmigen. Es genügt aber, wenn diese innerhalb der Ausschlagungsfrist beantragt wird.

Das klingt kompliziert. Notarinnen und Notare prüfen jedoch bei jeder Beteiligung Minderjähriger, ob die Eltern bzw. der Vormund das Kind vertreten können und ob eine Genehmigung des Familiengerichts erforderlich ist. Sie unterstützen bei der Bestellung eines Ergänzungspflegers und holen beispielsweise im Rahmen der Abwicklung von Immobiliengeschäften die erforderlichen Genehmigungen ein.

Über die Notarkammer Thüringen
Die Notarkammer Thüringen ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und vertritt die Gesamtheit der in ihr zusammengeschlossenen Notare im Freistaat Thüringen. Sie hat derzeit 68 Mitglieder, darunter 23 Notarinnen. Die Notarkammer Thüringen fördert die Pflege des Notariatsrechts und notarspezifischer Rechtsgebiete. Die Beratung und Belehrung der Notare in dienst- und standesrechtlichen Fragen gehören ebenso zu den Aufgaben der Notarkammer Thüringen wie Stellungnahmen zu Gesetzgebungsvorhaben in Rechtsgebieten mit notariellem Bezug. Die Notarkammer Thüringen unterstützt die Aufsichtsbehörden bei ihrer Tätigkeit. Außerdem ist sie für die Fortbildung der Notare und die Ausbildung des notariellen Nachwuchses verantwortlich.
Notarinnen und Notare in Thüringen sind im Suchdienst der Notarkammer unter: www.notarkammer-thueringen.de zu finden.

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