Der digitale Nachlass – Was passiert mit meinen Daten nach dem Tod?

Arbeiten, einkaufen und kommunizieren – mehr und mehr verlagert sich unser Leben ins Internet. Vielzählige Dienste wie Onlinebanking, E-Mail-Konten oder soziale Netzwerke erfordern dabei ein persönliches, meist passwortgeschütztes Profil. Wer sicher gehen will, dass der eigene Datenbestand nicht in die falschen Hände gelangt, wenn er sich im Krankheitsfall oder durch Tod nicht mehr darum kümmern kann, sollte dafür zu Lebzeiten schon Vorkehrungen treffen. Rechtssicher lässt sich das in einer notariellen Vorsorgevollmacht oder einem notariellen Testament regeln. Daneben sorgt die sichere Hinterlegung von Zugangsdaten für einen schnellen und unkomplizierten Zugang der Erben zu Online-Konten.

Zunächst ist es wichtig zu wissen, dass es kein digitales Sondererbrecht gibt, erklärt Eric Rauschenbach, Geschäftsführer der Notarkammer Thüringen.

Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat unlängst bestätigt, dass auch der digitale Nachlass nach den allgemeinen Regelungen des Erbrechts zu beurteilen ist.

Die digitalen Lebensbereiche lassen sich sachgerecht mit den vorhandenen Normen der ‚analogen‘ Lebenswelt beurteilen, so Rauschenbach.

Beispielsweise geht das Nutzungsrecht an Daten, die lokal auf einem Datenträger des Erblassers gespeichert sind, zusammen mit dem Eigentum am physischen Speichermedium auf die Erben über. Sind die Daten extern, z.B. auf einem fremden Server hinterlegt, werden die Erben nutzungsberechtigt durch automatischen Eintritt in den Vertrag mit dem jeweiligen Diensteanbieter. Die Grenze der Vererblichkeit von Daten ist allerdings erreicht, wenn diese höchstpersönliche Rechte des Erblassers betreffen. Denn nach dem Tod eines Menschen besteht dessen Persönlichkeitsschutz fort.

Diese Differenzierung ist allerdings keine Besonderheit des digitalen Nachlasses, sondern ist Ausdruck der allgemeinen Wertungen des Gesetzgebers, erläutert Rauschenbach.

Rechtssicher in Vorsorgevollmacht oder im Testament regeln
Der digitale Nachlass kann daher in einer Vorsorgevollmacht oder im Testament geregelt werden, wobei sich für die Erstellung die Hinzuziehung einer Notarin oder eines Notars empfiehlt. Nicht zwingend notwendig, aber aus Gründen der Akzeptanz im Rechtsverkehr zweckmäßig, bietet sich in einer über den Tod hinaus wirksamen Vorsorgevollmacht die Aufnahme einer Regelung über die Verwaltung des digitalen Nachlasses durch den Bevollmächtigten an. Auch eine Vollmacht ausschließlich für den digitalen Bereich wäre denkbar. Im Verhältnis zum Bevollmächtigten kann der Vollmachtgeber sogar konkrete Anweisungen erteilen, wie mit den Daten oder einem Nutzungsverhältnis umgegangen werden soll.

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Darüber hinaus können auch Regelungen zum digitalen Nachlass in einem Testament oder Erbvertrag aufgenommen werden. Möchte man z.B. nicht, dass bestimmte Erben Einblick in besonders sensible Daten erhalten, wäre dies durch eine Auflage oder die Bestellung eines Testamentsvollstreckers in einem Testament festzuhalten.

So könnte z.B. der Testamentsvollstrecker angewiesen werden, dass gewisse Daten zu löschen oder konkrete Vertragsverhältnisse ohne vorherige Einsicht zu kündigen sind, führt Rauschenbach aus.

Benutzerkonten auflisten und sicher verwahren
Damit den Erben der Zugang etwa zu einem E-Mail-Konto des Erblassers wesentlich erleichtert wird, kann sich die Auflistung aller Benutzerkonten, Passwörter und etwaig dazugehöriger Vertragsverhältnisse anbieten. Um diese wichtigen Informationen vor einem unberechtigten Zugriff zu schützen, sollten sie sicher aufbewahrt werden.

Von der Aufnahme sämtlicher Zugangsdaten z.B. in die Vorsorgevollmacht ist abzuraten, da bei jeder Änderung oder Ergänzung von Passwörtern neue Urkunden erforderlich würden, erklärt Rauschenbach.

Eine praktikablere Lösung wäre die Liste der Zugangsdaten auf einem verschlüsselten und passwortgeschützten lokalen Datenträger zu erfassen und das „Masterpasswort“ einer Vertrauensperson zu übergeben. Hierfür kommen auch die Notarinnen und Notare in Betracht, die in einer sog. „digitalen Vorsorgevollmacht” angewiesen werden können, das Masterpasswort nur unter bestimmten Voraussetzungen an bestimmte Personen herauszugeben. Aufgrund der berufsrechtlichen Verschwiegenheitspflicht der Notarinnen und Notare wird dadurch ein besonders hohes Schutzniveau erreicht.

Über die Notarkammer Thüringen
Die Notarkammer Thüringen ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und vertritt die Gesamtheit der in ihr zusammengeschlossenen Notare im Freistaat Thüringen. Sie hat derzeit 68 Mitglieder, darunter 23 Notarinnen. Die Notarkammer Thüringen fördert die Pflege des Notariatsrechts und notarspezifischer Rechtsgebiete. Die Beratung und Belehrung der Notare in dienst- und standesrechtlichen Fragen gehören ebenso zu den Aufgaben der Notarkammer Thüringen wie Stellungnahmen zu Gesetzgebungsvorhaben in Rechtsgebieten mit notariellem Bezug. Die Notarkammer Thüringen unterstützt die Aufsichtsbehörden bei ihrer Tätigkeit. Außerdem ist sie für die Fortbildung der Notare und die Ausbildung des notariellen Nachwuchses verantwortlich.

Notarinnen und Notare in Thüringen sind im Suchdienst der Notarkammer unter: www.notarkammer-thueringen.de zu finden.

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