Eisenacher Neonazis müssen sich vor Gericht verantworten: Opferberatung und Betroffene erwarten Signalwirkung des Rechtsstaates

Bildquelle: Werbeagentur Frank Bode | www.werbe-bo.de

Am Donnerstag, den 31. Januar müssen sich mehrere Neonazis aus Eisenach und Umgebung vor dem Amtsgericht verantworten.

Darunter befindet sich auch der stadtbekannte Neonazi Kevin N., der seit Jahren brutale Angriffe, Bedrohungen und Einschüchterungsversuche gegen politische Gegner*innen begeht. Das Amtsgericht Eisenach wirft den angeklagten Neonazis gleich mehrere Straftaten vor. Darunter auch der brutale Angriff auf einen politisch engagierten Musiker aus Eisenach im Oktober 2017, der den Fall im Internet selbst öffentlich gemacht hatte. Dabei wurde der Betroffene gezielt von Vermummten überfallen und mit Pfefferspray und Schlagstöcken attackiert.

Dieser Fall steht nur exemplarisch für die unerträgliche Situation von vielen Betroffenen. Die Angeklagten und ihr Umfeld terrorisieren weitgehend straffrei seit Jahren alle diejenigen, die bisher die Courage hatten, sich der rechten Normalität in Eisenach entgegenzustellen, erklärt ezra-Mitarbeiter Robert Friedrich.

Die Stadt Eisenach ist neben Saalfeld schon länger eine Schwerpunktregion organisierter und militanter Neonazistrukturen in Thüringen. Neben der NPD, die mit ihrer Landesgeschäftsstelle über eine Immobilie für Konzerte oder Vorträge verfügt, sind vor allem jüngere Neonazis wie Kevin N. im sogenannten „Nationalen Aufbau Eisenach“ aktiv. Die Gruppe ist nicht nur für gewaltsame Angriffe und Bedrohungen, sondern auch durch Aufkleber und zahlreiche Graffitis mit rechten Inhalten im gesamten Stadtbild verantwortlich. Zuletzt waren Mitglieder der Gruppe bei bewaffneten Angriffsversuchen auf den antifaschistischen Ratschlag im November 2018 beobachtet worden.

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Zur Bedeutung der rechtlichen Aufarbeitung des Tatgeschehens für die Betroffenen stellt Friedrich fest:

Politisch-motivierte Gewalttaten von Neonazis werden nach unserer Erfahrung im Gerichtsverfahren und auch bei der Strafbemessung leider viel zu häufig bagatellisiert. Deshalb erwarten wir von der Justiz eine angemessene Signalwirkung an die Täter, um die engagierten Menschen in Eisenach zu bestärken. Wird diese Chance vertan, wäre das nicht nur ein belastender Rückschlag für die Betroffenen, die schon genug durchgemacht haben, sondern auch ein Rückschlag für das Vertrauen in den demokratischen Rechtsstaat.

Ein Bündnis aus politisch Engagierten hat am 31. Januar eine Kundgebung von 8:00 bis 18:00 Uhr vor dem Amtsgericht Eisenach angemeldet, um die Öffentlichkeit für die Eisenacher Zustände zu sensibilisieren und sich mit den als Zeug*innen geladenen Betroffenen zu solidarisieren.

Sowohl die Teilnahme an der Kundgebung als auch die Beobachtung des Gerichtsverfahrens sind für die Betroffenen wichtige Unterstützungsmöglichkeiten der Öffentlichkeit. Das zeigt ihnen in dieser stressigen Situation, das sie nicht alleine sind. Wir würden uns natürlich freuen, wenn möglichst viele Menschen diese Möglichkeiten nutzen, fügt der Opferberater hinzu.

ezra arbeitet in Trägerschaft der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM). Seit April 2011 unterstützt die Beratungsstelle Menschen, die angegriffen werden, weil Täter*innen sie einer von ihnen abgelehnten Personengruppe zuordnen. Finanziert wird die Opferberatungsstelle über das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ und das Thüringer Landesprogramm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit „DenkBunt“.

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