IHK-Vollversammlung kritisiert Pandemiemanagement

Wirtschaft möchte beim Impfen unterstützen

Bauhaus: „Politik wirkt mit ihren Entscheidungen immer hilfloser“

Im Mittelpunkt der gestrigen hybriden Sitzung der Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer (IHK) Erfurt wurde neben der geplanten Ausweitung des Bundesinfektionsschutzgesetzes, die Testpflicht für Unternehmen und die aktuelle Impf-Situation in Thüringen diskutiert. Vor allem an der Novellierung des Bundesinfektionsschutzgesetzes, das am Dienstag vom Kabinett beschlossen und jetzt dem Bundestag zur Beratung vorgelegt wurde, gab es scharfe Kritik aus der Unternehmerschaft.

Die nun geplanten Maßnahmen werfen die betroffenen Unternehmen in Thüringen meilenweit zurück und das bei weiter sinkender Akzeptanz der Maßnahmen insgesamt. Nach über einem Jahr Pandemie ist keine Weiterentwicklung des Pandemiemanagements zu erkennen. Die politischen Entscheidungen wirken immer hilfloser. Wenn Unternehmen so agieren würden, gäbe es sie bald nicht mehr, betont Dieter Bauhaus, Präsident der IHK Erfurt.

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Dass auf die erst vor kurzem vereinbarte Selbstverpflichtung der Unternehmen beim Testen nun die Testpflicht folgt, wurde von der Vollversammlung scharf kritisiert. Diese Maßnahme würde keinen spürbaren Effekt auf das Infektionsgeschehen insgesamt haben. Das könne man in Sachsen, wo die Testpflicht für Unternehmen seit etwa vier Wochen besteht, gut ablesen. Vielmehr werden den Unternehmen neue Kosten und im schlimmsten Fall auch neue Bürokratie auferlegt. Gerade kleinere Unternehmen müssen auf die öffentliche Testinfrastruktur zurückgreifen können.

Die Versäumnisse der Politik beim Impf-Management werden nun auf dem Rücken der Wirtschaft ausgetragen, so der IHK-Präsident.

Der aus Berlin zugeschaltete Beauftragte der Bundesregierung für die Neuen Länder und Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundeswirtschaftsminister, Marco Wanderwitz, MdB, gab einen Einblick in das Pandemiemanagement der Bundesregierung, die Hilfsmaßnahmen des Bundeswirtschaftsministeriums und die durch die Pandemie nochmals verstärkte, hohe Bedeutung der Digitalisierung. Diskutiert werden aktuell auch eine weitere Verlängerung der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht sowie auch einer Ausweitung der Hilfen für langzeitbetroffene Unternehmen in der Pandemie.

Von der Vollversammlung diskutiert wurde auch die Einbeziehung der Unternehmen beim Impfen. Bereits vor einigen Wochen hatte die IHK Erfurt Kontakt zur Thüringer Gesundheitsministerin aufgenommen und die Impfbereitschaft auch in den Unternehmen deutlich signalisiert. Passiert sei bisher leider noch nichts. Gerade jetzt müssen die Vorbereitungen für die Zeit des Impfstoffüberhangs anlaufen. Hier könnten Unternehmen gerade in ländlichen Regionen einen enormen Beitrag leisten, etwa durch eigene betriebsärztliche Strukturen, Räumlichkeiten oder Logistik. Damit könne vor Ort nicht nur die eigene Belegschaft, sondern auch beispielsweise Mitarbeiter benachbarter Unternehmen, Angehörige der Mitarbeiter oder auch Anwohner aus dem Umkreis geimpft werden. Von der Politik erwarte man nun aber auch die Bereitschaft zu Dialog und Zusammenarbeit. Kurzfristig sollten alle relevanten Akteure die notwendigen Maßnahmen und Rollenverteilungen besprechen, damit bei verfügbarem Impfstoff umgehend gestartet werden kann.

Die Unternehmen haben nach über einem Jahr Pandemie viele kluge, innovative und auch nachhaltige Vorschläge für einen umsichtigen Umgang der Pandemie unterbreitet. Dazu zählen nicht nur Schutzmaßnahmen im Unternehmen und im Kundenkontakt, sondern auch die freiwillige Selbstverpflichtung zum Testen und nun aktuell die Impfbereitschaft. Eine Fortsetzung des restriktiven Kurses der Politik gegenüber den Unternehmen wird zu weiter sinkender Akzeptanz und weniger Vertrauen führen. Die Unternehmen sind auch weiterhin bereit, einen wichtigen Beitrag zu leisten. Wir fordern von der Politik aber, dass die Unternehmen dazu auch die Möglichkeit erhalten und nicht mit weiteren Verpflichtungen und Verboten belastet werden, erklärt IHK-Präsident Bauhaus abschließend.