Südthüringer Handwerk im Krisenmodus
Konjunkturumfrage III. Quartal: Geschäftslage deutlich verschlechtert
Angesichts der stark gestiegenen Energiepreise hat sich die Stimmungslage im Südthüringer Handwerk deutlich verschlechtert.
Unseren Mitgliedsunternehmen geht es zunehmend an die Substanz, kommentiert Manuela Glühmann, Hauptgeschäftsführerin der Handwerkskammer Südthüringen, die Veröffentlichung des Konjunkturberichts für das dritte Quartal 2022. Das Handwerk in Südthüringen befindet sich seit fast drei Jahren in einer Ausnahmesituation bisher ungekannten Ausmaßes. Die Handwerksunternehmen leiden massiv unter dem Energiepreisschock und der Verteuerung der Rohstoffe. Die Eskalationsspirale in Osteuropa verhindert die notwendige Erholung nach der Corona-Zeit. Die Unsicherheit ist zurück. Die Lieferketten weltweit sind weiterhin massiv gestört. Enorme Preissteigerungen drücken die Nachfrage und machen gerade unseren kleinen und mittleren Unternehmen zu schaffen, deren Reserven nach den Pandemiejahren erschöpft sind, erläutert Glühmann.
Zwar seien noch nicht alle Handwerke im gleichen Maße betroffen, doch sei der Trend der Geschäftslageentwicklung eindeutig, so die Hauptgeschäftsführerin.
Allgemeines Geschäftsklima: Das Südthüringer Handwerk ist zunehmend von Belastungen in Folge von Inflation und gestörten Lieferketten betroffen. Die hohe Preisdynamik erschwert die Kalkulation handwerklicher Leistungen. Lieferverzögerungen verhindern die Abarbeitung von Aufträgen und führen zu Auftragsstornierungen. Besonders energieintensive Bereiche wie die Nahrungsmittelhandwerke können ihre Kosten nicht mehr umlegen und ihre Produkte nicht mehr kostendeckend verkaufen. Besonders, die am privaten Konsum orientierten Gewerke wie Dienstleistungs- oder Gesundheitshandwerke, bei denen sich das Geschäftsumfeld nach zwei Pandemiejahren
wieder zu normalisieren begann, erweisen sich aktuell noch als robust. Die Geschäftslage ist insgesamt deutlich schlechter als vor einem Jahr. 38 Prozent der befragten Unternehmen (Vorjahr 56 Prozent) meldeten eine gute Geschäftslage, 37 Prozent (Vorjahr 34 Prozent) bewerteten diese mit zufriedenstellend und 25 Prozent (Vorjahr 10 Prozent) mit schlecht. Damit ist vor allem der Anteil der Handwerksunternehmen mit einer guten Geschäftslage signifikant zurückgegangen.
Aufträge und Umsätze: In den Sommermonaten hat sich die Auftragslage in vielen Handwerksbetrieben verschlechtert. Nur zehn Prozent der Befragten verzeichneten im dritten Quartal ein Auftragsplus. 32 Prozent meldeten für die Jahreszeit einen unterdurchschnittlichen Auftragsbestand, 59 Prozent bewerteten diesen mit normal. Im Vorjahr waren dies noch 22 Prozent gewesen. 54 Prozent (Vorjahr 59 Prozent) meldeten unveränderte und 36 Prozent (Vorjahr 19 Prozent) niedrigere Auftragsbestände gegenüber dem Vorquartal. Damit hat die Auftragslage in beinahe allen Gewerken nachgelassen. Lediglich im Bereich der privaten Dienstleistungen ist eine Verbesserung eingetreten. Der Anteil der ungenügend ausgelasteten Unternehmen hat stark zugenommen, während andere weiterhin an Kapazitätsgrenzen stoßen. So konnten mehr als 70 Prozent der Bau– und Ausbauhandwerke ihre Ressourcen voll ausschöpfen, während 40 Prozent der Kfz-Werkstätten nur unzureichend ausgelastet waren. Damit einhergehend wurde ein deutlicher Umsatzrückgang verzeichnet. Nur 18 Prozent der Befragten konnten ihre Umsätze steigern (Vorjahr 25 Prozent), 32 Prozent meldeten Umsatzausfälle (Vorjahr 19 Prozent).
Preise
95 Prozent der befragten Handwerker meldeten gestiegene Kosten für Energie, Rohstoffe und Material. Dies zeigt sich deutlich bei den Preissteigerungen für Handwerkerleistungen und handwerklich hergestellte Produkte.
Allerdings konnten die hohen Ausgaben von den Handwerksbetrieben nicht im vollen Umfang umgelegt werden. Nur 64 Prozent der Betriebe haben die Preise erhöht. Vor allem im Lebensmittelhandwerk mussten die Betriebsinhaber ihre Verkaufspreise anpassen. Aber auch in anderen Handwerken wurden die stark gestiegene Kosten teilweise an die Kunden weitergeben.
Investitionen: Die Investitionsbereitschaft liegt mit 33 Prozent auf dem niedrigsten Wert seit fünf Jahren. Nur acht Prozent der Handwerksunternehmen konnten während der Sommermonate ihre Investitionen ausweiten, 43 Prozent haben diese dagegen gekürzt.
Beschäftigte: Die Beschäftigtenzahlen im Südthüringer Handwerk sind leicht zurückgegangen. Während zehn Prozent der Betriebe zusätzliche Mitarbeiter einstellen konnten, gingen die Beschäftigtenzahlen bei zwölf Prozent zurück. 78 Prozent konnten ihr Personal halten. Geeignete Fachkräfte zu finden und im Betrieb zu halten bleibt auch künftig eine große Herausforderung für viele Unternehmen.
Prognosen: Die unsicheren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen durch Inflation und die Versorgungsunsicherheit beim Bezug von Gas, Öl, Energie und Material werden sich in den Wintermonaten voraussichtlich nicht entspannen. Daher wird in allen Bereichen mit einem Nachlassen der Kaufkraft und damit der Nachfrage gerechnet. Hinzu kommt, dass auch die Corona-Infektionszahlen weiter auf hohem Niveau liegen, was zu einer Beeinträchtigungen der wirtschaftlichen Tätigkeit führt. Dementsprechend sind die konjunkturellen Erwartungen der Handwerksunternehmen für die nächste Zeit wenig optimistisch. Auf breiter Basis wird mit erheblichen Umsatzeinbußen gerechnet. Damit blickt das Handwerk in Südthüringen mehr als pessimistisch in die Zukunft.
Gerade unsere Handwerker haben in den vergangenen Jahren große Flexibilität, Kreativität und Krisenresilienz bewiesen. In vielen Fällen wurden Eigenkapital und private Mittel eingebracht und aufgebraucht. Was unsere Handwerksunternehmen jetzt dringend benötigen, sind wirksame Maßnahmen insbesondere in der Energiepolitik, so Manuela Glühmann abschließend.