Südthüringer Handwerk kämpft sich durch

Konjunkturumfrage 1. Quartal: Talsohle durchschritten

Die Stimmung im Südthüringer Handwerk hat sich nach ihrem Tiefpunkt im Herbst 2022 in allen Handwerken leicht aufgehellt. Trotz gesunkener Energiepreise und nachlassender Lieferschwierigkeiten bleibt die Lage jedoch weiterhin instabil. Die Unsicherheiten sind angesichts des Ukraine-Krieges, der Entscheidungen in Bezug auf die Klimapolitik, der Zinsentwicklung und der hohen Inflationsrate hoch, bewertet Präsident Mike Kämmer das Ergebnis. Das Südthüringer Handwerk legt angesichts der großen Herausforderungen eine enorme Ausdauer an den Tag und kämpft sich weiter durch, so der Präsident.

Geschäftslage leicht verbessert: Der Index zur aktuellen Geschäftslage erreichte 63 Punkte und liegt damit 10 Indexpunkte unter dem Durchschnitt der letzten 10 Jahre und 2 Punkte unter dem Ergebnis des Vorjahreszeitraumes. Im Quartalsvergleich ist jedoch eine leichte Steigerung ersichtlich, die Talsohle scheint durchschritten. Dies betrifft jedoch nicht alle Handwerke in gleicher Weise.

Die Handwerker in Südthüringen blicken verhalten optimistisch auf die kommenden Monate. In den meisten Handwerken wird mit einer leichten Verbesserung der Geschäftslage gerechnet. Im Bauhandwerk zeichnet sich jedoch ein Rückgang ab, der in der Zukunft auch andere Bereiche destabilisieren könnte.

Im Bauhauptgewerbe, das bisher stets als starke Stütze der Konjunktur im Südthüringer Handwerk wirkte, ließ das Geschäftsklima um 16 Punkte am stärksten nach. Einen Rückgang des Geschäftsklimaindexes um 7 bzw. 4 Punkte
im Vergleich zum Vorjahr verzeichneten auch die Ausbauhandwerke sowie die Zulieferer und Dienstleister für den gewerblichen Bedarf. In den anderen Handwerksgruppen, wie Kfz-, Nahrungsmittel-, Gesundheits- und Dienstleistungshandwerk stieg der Geschäftsklimaindex über die Vorjahreswerte leicht an. Insgesamt bewerteten 41 Prozent der Südthüringer Handwerker ihre Geschäftslage als gut (Vorjahr 46 Prozent) und 43 Prozent (Vorjahr 38 Prozent) als zufriedenstellend.

Aufträge, Betriebsauslastung und Umsätze eingetrübt: Die Auftragslage hat im Südthüringer Handwerk im Durchschnitt nachgelassen, was jedoch ausschließlich auf den Auftragsrückgang im Bau- und teilweise im Ausbaubereich zurückzuführen ist. Hierin bildet sich der große Anteil dieser Branche am Gesamtbestand ab. Alle anderen Handwerksbereiche registrierten einen höheren Auftragsbestand gegenüber dem Vorquartal sowie dem Vorjahresquartal. Über alle Handwerksgruppen hinweg meldeten 73 Prozent der Unternehmer für die Jahreszeit einen normalen bzw. erhöhten Auftragsbestand. 27 Prozent bewerteten diesen als unterdurchschnittlich. Nur 15 Prozent der befragten Handwerker verzeichneten im Berichtszeitraum ein Auftragsplus. Im Vorjahr waren dies 19 Prozent gewesen. 52 Prozent (Vorjahr 54 Prozent) meldeten unveränderte und 33 Prozent (Vorjahr 27 Prozent) einen gesunkenen Auftragsbestand. Die Auftragserwartungen sind ein wenig zuversichtlicher. 18 Prozent aller Befragten rechnen mit steigenden und 62 Prozent mit gleich bleibenden Auftragseingängen. Nur noch 20 Prozent der Befragten gehen von einem weiteren Rückgang aus.

Die durchschnittliche Auftragsreichweite lag bei 10 Wochen, 14 Wochen im Bauhandwerk und 3 Wochen im Kfz-Handwerk. Analog der Auftragslage hat auch die Betriebsauslastung nicht weiter zugelegt.

Am höchsten war der Auslastungsgrad im Ausbau- und Zulieferbereich. 65 Prozent der Ausbau- und 58 Prozent der Zulieferbetriebe waren zu über 80 Prozent ausgelastet.

Die Umsatzentwicklung war im ersten Quartal rückläufig. Nur 17 Prozent aller befragten Unternehmen haben ihre Umsätze erhöht. Hingegen meldeten 39 Prozent sinkende Umsätze. Vor allem im Bau- und Ausbaubereich,
aber auch im Nahrungsmittelhandwerk sind die Umsätze besonders stark zurückgegangen. In den anderen Bereichen sanken sie nur geringfügig. Bei den Gesundheitshandwerken waren Umsatzsteigerungen zu verzeichnen. Durch die hohen Preissteigerungen müssen die Umsatzzahlen jedoch zusätzlich relativiert werden. Nach den Prognosen der Handwerksunternehmen wird sich die Umsatzlage in den kommenden Monaten – zum Teil auch saisonal bedingt – positiver entwickeln.

Preisentwicklung unter Druck: Die Inflationsrate in Thüringen lag im März 2023 mit 7,7 Prozent über dem bundesweiten Durchschnitt. Der Verbraucherpreisindex in Deutschland erhöhte sich laut Thüringer Landesamt für Statistik auf 116,1 Indexpunkte. Die Preise im Thüringer Handwerk erreichten ein hohes Niveau, sind jedoch im ersten Quartal weit weniger angestiegen als noch vor Jahresfrist. 79 Prozent der befragten Unternehmen verzeichneten gestiegene Kosten im Einkauf. 53 Prozent der Befragten konnten diese zumindest teilweise auf ihre Leistungen und Produkte umlegen. Überdurchschnittliche Preissteigerungen meldete das Kraftfahrzeughandwerk. Die Einkaufspreise stiegen in 94 Prozent der Autohäuser und Werkstätten an. Zwei Drittel konnten diesen Anstieg umlegen. In den nächsten Monaten wird zumindest nicht mit einer weiteren Verschärfung des Preisanstieges gerechnet.

Investitionen zurückgegangen: Die Investitionstätigkeit der Handwerksunternehmer in Südthüringen bewegt sich aufgrund der Herausforderungen und Unsicherheiten der aktuellen Wirtschaftslage in allen Bereichen weiterhin auf sehr niedrigem Niveau. Nur 11 Prozent der Unternehmen haben ihre Investitionen ausgeweitet, 41 Prozent haben diese gekürzt. Die durchschnittliche Investitionssumme ist stark zurückgegangen, aber auch der Anteil der Investoren ist gesunken.

Beschäftigung stagniert: Der Personalbestand im Südthüringer Handwerk ist im ersten Quartal 2023 wiederholt leicht zurückgegangen. Lediglich 7 Prozent der Handwerksbetriebe konnten zusätzliche Mitarbeiter einstellen. 17 Prozent meldeten einen Rückgang der Beschäftigtenzahlen. Diese waren per Saldo in allen Handwerksgruppen rückläufig. Geschuldet ist diese Entwicklung vor allem dem Fachkräftemangel.

Fazit: Alles in allem zeigt sich das Südthüringer Handwerk trotz der Widrigkeiten robust. Für allzu großen Optimismus ist es aber zu früh. Die Konjunkturrisiken sind nach wie vor erheblich. Sorgen bereitet immer noch die hohe Inflation. Nahezu alle Handwerksbetriebe spüren die Teuerung bei Materialkosten, Energie- und Kraftstoffpreisen. Nur teilweise konnten die Kostensteigerungen ausgeglichen werden. Ein großes Hemmnis für die Handwerksbetriebe in Südthüringen ist weiterhin der Fachkräftemangel. Die überwiegende Mehrheit der befragten Handwerksbetriebe hat Schwierigkeiten, Arbeitskräfte bzw. Berufsnachwuchs zu finden. Daran hat sich im Vergleich zur Vorjahresbefragung wenig geändert.

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