Thüringen: Höchster Anteil betrieblicher Ausbildungsplätze unter allen neuen Ländern

Eine positive Bilanz des vergangenen Ausbildungsjahres hat Thüringens Wirtschaftsminister Franz Schuster gezogen. Bei reduzierter Bewerberzahl (-4 %), allerdings auch einem geringeren Ausbildungsplatzangebot (-5 %) waren Ende September 2001 noch 749 Bewerber bei den Arbeitsämtern als unvermittelt registriert – 265 weniger als noch im Vorjahr. «Damit haben wir für 98 Prozent aller Bewerber eine Lösung gefunden», so der Minister. «Angesichts der bundesweit schlechteren Konjunktur ist das ein großer Erfolg.» Auch im Vergleich der neuen Bundesländer insgesamt stelle sich die Situation in Thüringen am günstigsten dar.

Den 749 noch nicht vermittelten Bewerbern stehen gegenwärtig 110 gemeldete offene betriebliche Ausbildungsplätze und rund 130 offene Plätze im Bund/Länder-Sonderprogramm «Ausbildungsplatzinitiative Ost» gegenüber. Die Lücke zwischen Lehrstellen Suchenden und unbesetzten Ausbildungsstellen ist damit deutlich kleiner als im Vorjahr. «Natürlich: Die Zahl von 749 Jugendlichen ohne Ausbildungsplatz ist einfach noch zu hoch», sagte Schuster. Die Vermittlungsbemühungen würden daher intensiv fortgeführt. Er hoffe, dass die Zahl der unvermittelten Jugendlichen bis Jahresende auf unter 500 deutlich reduziert werden könne. Ende Dezember des Vorjahres waren noch 595 Jugendliche ohne Ausbildungsplatz.

Das Hauptproblem bestand auch in diesem Ausbildungsjahr im konjunkturbedingten Rückgang der betrieblichen Ausbildungsstellen, insbesondere im Handwerk. Noch immer übersteigt die Nachfrage das Angebot an betrieblichen Ausbildungsstellen deutlich. Die schwierige wirtschaftliche Situation vor allem im Bau- und Ausbaugewerbe hat direkte Auswirkungen auf die Ausbildungsbereitschaft der Unternehmen. Firmen und öffentliche Auftraggeber meldeten den Thüringer Arbeitsämtern über 1100 Ausbildungsstellen weniger als im Vorjahr. Das entspricht einem Rückgang von 6,1%. Der häufig zitierte Rückgang des betrieblichen Ausbildungsangebotes von 11,4 % geht übrigens auf eine Änderung in der Statistik zurück: Seit diesem Jahr werden geförderte Ausbildungsplätze für Behinderte – in Thüringen gibt es rund 1000 solcher Stellen – nicht mehr als «betriebliche», sondern als «überbetriebliche» Lehrstellen geführt.

In den neueren Berufen, vor allem den IT-Berufen, ist das Ausbildungsangebot hingegen leicht gestiegen, war aber – wie im gesamten Bundesgebiet – nicht ausreichend, um das gestiegene Interesse der Jugendlichen an einer solchen Ausbildung zu kompensieren. Zur Entlastung des Ausbildungsmarktes waren deshalb auch in diesem Jahr staatliche Fördermaßnahmen in über- und außerbetrieblichen Ausbildungseinrichtungen im Rahmen von Sonderprogrammen erforderlich.

Trotz des geringeren Ausbildungsplatzangebotes insgesamt gab es allerdings auch in diesem Jahr Berufe, in denen mehr Ausbildungsplätze angeboten als nachgefragt wurden. Neben den Berufen Landwirt, Fleischer und Fachverkäufer im Nahrungsmittelhandel sind darunter vor allem auch Berufe im verarbeitenden Gewerbe und der Metall- und Elektroindustrie wie Verfahrens-, Anlagen-, Konstruktions- und Werkzeugmechaniker sowie Industrieelektroniker.

Bei der Gesamteinschätzung der Ausbildungsbereitschaft in den Thüringer Unternehmen dürfe nicht unberücksichtigt bleiben, dass in Thüringen der Anteil der betrieblichen Ausbildungsplätze am Gesamtangebot im Vergleich der neuen Länder (68,4 %) mit 78,7 % (Vorjahr 79,6 %) nach wie vor am höchsten war, unterstrich Minister Schuster. Erst mit größerem Abstand folgen Sachsen mit 72,2 %, Sachsen-Anhalt mit 67,7 %, Mecklenburg-Vorpommern mit 67,3 % und Berlin-Brandenburg mit 59,5 %. «Von einer Verstaatlichung der Berufsausbildung, wie sie von dem allzeit staatliche Unterstützung einfordernden Gewerkschaftsbund paradoxerweise beklagt wird, kann also absolut keine Rede sein», so Schuster weiter. Auch der bereits geäußerte Vorwurf des Zweckoptimismus sei durch die Fakten widerlegt.

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