Thüringens Großbaustelle Pflege

BARMER Pflegereport prognostiziert alarmierenden Zukunftstrend

Der Pflegenotstand in Thüringen wird nach neuesten Hochrechnungen der BARMER brisanter als bisher angenommen. Bis zum Jahr 2030 wird es im Freistaat demnach rund 188.000 Pflegebedürftige geben, so die Ergebnisse im aktuellen Pflegereport der Krankenkasse. Das sind 32.000 mehr als bisher angenommen, woraus sich auch ein deutlich höherer Bedarf an Pflegepersonal ergibt.

Die Analysen zeigen einen alarmierenden Zukunftstrend und die Zeit drängt. Bereits heute fehlen Pflegekräfte. Es müssen rasch die Weichen für eine verlässliche und qualitativ hochwertige Pflege gestellt werden, sagt Birgit Dziuk, Landesgeschäftsführerin der BARMER Thüringen.

Mehr Nachwuchs für die Pflege gewinnen
Aus Sicht der BARMER muss der bereits bestehende Arbeitskräftemangel in der Pflege weiter entschlossen bekämpft werden. Im Fokus müsse dabei insbesondere die Ausbildung stehen. Mit der seit 2020 einheitlichen Pflegeausbildung und dem Wegfall des Schulgeldes seien bereits wichtige erste Schritte getan.

Es muss allerdings weiter gezielt für die Ausbildung in der Pflege geworben werden, sagt Thüringens BARMER-Chefin Birgit Dziuk.

Eine angemessene Bezahlung sei hier nur ein Schritt. Ebenso wichtig seien bessere Arbeitszeitmodelle, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtern.

Finanzielle Überforderung Pflegebedürftiger vermeiden

Entscheidend ist auch, dass Pflege qualitativ hochwertig und gleichzeitig bezahlbar bleibt, so Birgit Dziuk weiter.

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Ein wichtiger Baustein dabei sei, dass das Land Thüringen seiner gesetzlichen Pflicht nachkommt, die Investitionskosten zu übernehmen. Bereits dadurch würde eine Entlastung bei den Eigenanteilen der Pflegebedürftigen erreicht werden. Denn bisher stellen die Pflegeheime die Investitionskosten in der Regel den Bewohnerinnen und Bewohnern in Rechnung. „Das führt nicht selten zur finanziellen Überforderung der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen. In Thüringen haben besonders viele Menschen dafür weder eine ausreichende Rente noch entsprechendes Vermögen“, sagt BARMER-Landeschefin Birgit Dziuk. Das wiederum führe zu zusätzlichen Belastungen der Kommunen und Landkreise, die dann Sozialhilfe leisten müssen.

Pflegende Angehörige und deren Belange mitdenken
Entsprechend der laut BARMER Pflegereport steigenden Zahl an Pflegebedürftigen wird auch die Zahl der pflegenden Angehörigen anwachsen. Schätzungen zufolge werden rund drei Viertel der pflegebedürftigen Menschen von ihren Angehörigen versorgt. Deren Zahl liegt demnach in Thüringen bei aktuell über 90.000.

Mehr als 40 Prozent der pflegenden Angehörigen sind im erwerbsfähigen Alter. Diese Menschen sind ein unverzichtbarer Pfeiler des Pflegesystems. Sie müssen frühzeitig unterstützt, umfassend beraten und von überflüssiger Bürokratie entlastet werden. Unter dem Aspekt des allgemeinen Fachkräftemangels ist die Gesundheit pflegender Angehöriger auch in der Arbeitswelt ein wichtiges Thema, so Birgit Dziuk.

Um auf die Unterstützungsangebote und die Bedeutung aufmerksam zu machen werde es im Juli dieses Jahres erneut eine landesweite „Thüringer Woche der pflegenden Angehörigen“ geben, ausgerichtet vom Verein „Wir pflegen e.V.“ und finanziell unterstützt von der BARMER Thüringen.

Gesund alt werden in Thüringen

Generell muss in unserer immer älter werdenden Gesellschaft dem Thema Gesundheitsförderung eine zunehmende Bedeutung zukommen, betont Birgit Dziuk.

Qualitätsgesicherte Angebote der Prävention, Gesundheitsförderung und die individuelle Gesundheitskompetenz seien zentrale Stellgrößen, um Pflegebedürftigkeit zu vermeiden. Es sei dementsprechend eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, allen Menschen in Thüringen ein aktives, selbstständiges und selbstbestimmtes Leben sowie Lebensqualität auch im Alter zu bewahren.

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Bisherige Vorausberechnungen der Zahl der Pflegebedürftigen und des benötigten Pflegepersonals haben ausschließlich demografieabhängige Effekte berücksichtigt. Für die Analysen der BARMER wurden, neben Lebenserwartung, Geburtenzahlen und Wanderungssalden, auch Einführungseffekte der Gesetzgebung hinzugezogen. Durch diese steigt die Zahl der Anspruchsberechtigten und des benötigten Pflegepersonals zusätzlich.

Genaueres dazu im BARMER Pflegereport unter www.bifg.de.

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