Versammlungsrecht muss auch in der Pandemie gewährleistet werden – Regeln gelten für alle
Mit großer Sorge nehme ich die steigende Anzahl von Demonstrationen gegen die Corona-Regeln wahr, zeigen sie doch die ablehnende Haltung eines gewissen Teils der Bevölkerung gegenüber den erforderlichen Einschränkungen. Allerdings ist auch klar, dass es in der aktuellen krisenhaften Situation nicht hilft, pauschale Versammlungsverbote zu fordern. Vielmehr müssen die Versammlungslagen im Einzelnen frühzeitig bewertet werden, um verhältnismäßige und erforderliche Maßnahmen zu treffen. Das reicht vom Erlass von Auflagen bis hin zur Untersagung als letztes Mittel. Bestehende Regeln müssen von allen eingehalten und letztlich konsequent vom Staat durchgesetzt werden, erklärt der innenpolitische Sprecher der LINKEN im Thüringer Landtag, Sascha Bilay.
Der Parlamentarier verweist dabei auf die zahlenmäßig wieder zunehmenden sogenannten Spaziergänge mit teils mehreren Hundert Menschen auf Plätzen und Straßen hin:
Es ist unerheblich, ob diese offenkundigen politischen Versammlungen unter freiem Himmel als Spaziergang, Flashmob, Demo oder was auch immer bezeichnet werden. Für alle gilt gleichermaßen das Gesetz, wonach Versammlungen 48 Stunden vorab behördlich angezeigt werden müssen. Nur so können Behörden gemeinsam mit Veranstaltern und gegebenenfalls Polizei konkrete Absprachen und Vorbereitungen treffen. Über Tage oder Wochen unangemeldete und in sozialen Medien beworbene politische Versammlungen können für sich keinen Charakter einer geschützten Eil- oder Spontanversammlung beanspruchen.
Mit Verweis auf den Brokdorf-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts von 1985 macht Bilay deutlich, dass gerade jene Veranstalter, die sich sehr kooperativ verhalten und Auflagen einhalten, ein höheres Schutzniveau gegenüber den Behörden erreichen, um einen versammlungsfreundlichen Verlauf zu gewährleisten. Gerade in der Pandemie sei dieses Grundrecht aber nicht grenzenlos und werde durch das Bundesinfektionsschutzgesetz und die Corona-Landesverordnung begrenzt.
Bilay erklärt weiterhin, dass auch seitens der Behörden auf die zugespitzte Lage angemessen reagiert werden müsse. Durch das zuständige Innenministerium müsse sichergestellt werden, dass eine tägliche Bewertung und Analyse erfolgt. Darauf aufbauend müsse eine vorausschauende und flexible Planung der Einsatzkräfte in ganz Thüringen stattfinden. Andernfalls würden vor allem Corona-Leugner und extreme Rechte die ernst zu nehmenden Fragen vieler Menschen politisch ausnutzen und letztlich die staatliche Autorität lächerlich machen, indem die Corona-Regeln bewusst verletzt würden.
Versammlungen wie vergangenes Wochenende in Eisenach, bei der die Polizei zuletzt auch mit Tränengas eingreifen musste und fünf Beamt:innen durch Demonstranten verletzt wurden, führen nicht dazu, dass die Sorgen und Fragen der Menschen ernst genommen werden können. Die gegenwärtige Aufgabe von Politik ist es, die zwingend notwendigen Maßnahmen zu erklären. Gerade den Einsatzkräften, die in einer schwierigen Lage für Sicherheit und Ordnung und bei der Durchsetzung der Corona-Regeln sogar noch angefeindet werden, gilt dabei unser Respekt und Dank, unterstreicht abschließend der Innenexperte.