Thüringen auf dem Weg zum Luchsparadies

Laut NABU Thüringen bestehen derzeit gute Möglichkeiten, dass sich im Thüringer Wald und im Thüringer Schiefergebirge eine weitere Luchspopulation entwickelt

Jena – Eine weitere Luchssichtung aus dem Thüringer Wald stimmt den NABU Thüringen  positiv für die Möglichkeit, dass sich in Thüringen neben dem Harz eine weitere eigene  Luchspopulation in Deutschland entwickeln kann. „Es ist schön zu sehen, dass unsere Vision  von Thüringen als Luchsparadies immer mehr Gestalt annimmt,“ sagt Silvester Tamás der  Koordinator des NABU-Luchsprojektes. Das Bild mit der neuesten Luchssichtung bekam  Silvester Tamás von Katja Seltner und Isabelle Blau samt Standortdaten übersandt. „Der  fotografierte Luchs hat eine rötliche Fellfärbung mit kaum sichtbaren Rosetten auf dem Fell.  Das legt die Vermutung nahe, dass es sich um einen Luchs aus dem Umfeld der Harzer  Luchspopulation handelt, vielleicht sogar ein weibliches Tier“, erklärt Silvester Tamás. „Bei  unserer Annahme handelt es sich natürlich erst mal um eine reine Hypothese, mit der wir  arbeiten. Es wäre allerdings gut, wenn sich Herkunft und Geschlecht bald über genetische  Spuren absichern ließe, denn gerade wandernde Luchsweibchen sind rar. Mit bislang 15  nachgewiesenen Luchsen im zurückliegenden Monitoringzeitraum können wir in Thüringen  mittlerweile auf die Entstehung einer weiteren Luchspopulation hoffen.”  

Mit weiterer Zuwanderung von Luchsen wird gerechnet  

Die Aussichten für die Bildung einer weiteren Luchspopulation im Thüringer Wald und  Thüringer Schiefergebirge sind laut NABU Thüringen gut. Luchse aus der Harzer Population  sind immer wieder im südlichen Thüringen unterwegs. Mit Unterstützung von Jägern konnte  der NABU Thüringen bereits seit Anfang 2015 Tiere im Thüringer Schiefergebirge nachweisen.  „Zukünftig rechnen wir mit weiterer Zuwanderung aus dem Harz. Einzelne Tiere aus Bayern  und Sachsen sind auch schon im Freistaat unterwegs. Dazu kommen die ausgewilderten Luchse im Thüringer Wald. Die Mischung aus vielen verschiedenen Tieren mit unterschiedlicher  Herkunft soll dafür sorgen, dass langfristig eine genetisch gesunde Luchspopulation entsteht“,  so Silvester Tamás. Luchse leiden, anders als beispielsweise Wölfe, schnell unter Krankheiten,  die auf genetisch bedingte Ursachen zurückzuführen sind. Diese können entstehen, wenn sich  die Tiere in zu engen Verwandtschaftsverhältnissen untereinander verpaaren.  

Luchslebensräume schützen  

Anzeige

„Deshalb ist es jetzt von zentraler Bedeutung, dass Lebensräume als Trittsteine für Luchse  geschaffen und geschützt werden. Das bedeutet: wir brauchen störungsarme Rückzugräume in  unseren Wäldern, die möglichst naturnah oder gar nicht bewirtschaftet werden. Nur so können  wir es den Pinselohren ermöglichen, sich gefahrlos mit anderen Teilpopulationen im Harz oder  dem Bayerischen Wald oder im Erzgebirge zu vernetzen und genetisch auszutauschen.“  

LuchsWälder, die vom NABU Thüringen jährlich ausgezeichnet werden und andere geschützte  Wälder, leisten einen wichtigen Beitrag zur Vernetzung der bislang noch verinselten  Luchspopulationen. Luchse brauchen störungsarme Wälder als Rückzugsräume insbesondere zur Aufzucht ihres Nachwuchses. Geschützte NATURA 2000-Waldgebiete sind hierbei besonders wichtig, damit sich wandernde Tierarten über Landesgrenzen hinweg austauschen können.  

Wälder weiter unter Druck  

„Derzeit sehen wir allerdings, dass der Druck der Holzindustrie auf die geschützten Wälder immer größer wird und diese an ihre Belastungsgrenze kommen, bisweilen sogar zerstört werden“, mahnt Silvester Tamás. Hier braucht es dringend ein Umdenken bei den politischen Verantwortlichen und der Regierung, sonst ist der Luchsnachwuchs langfristig in Gefahr. „Mit bis zu 75 Prozent ist die Sterberate unter dem Luchsnachwuchs ohnehin schon hoch und ein Anzeichen für Stress, dem die Tiere ausgesetzt sind. Werden zum Beispiel vier Luchsjunge von einer Luchsin zur Welt gebracht – was eher selten passiert, denn meist sind es weniger -, dann überlebt in der Regel nur ein Junges das zweite Jahr“, so Silvester Tamás. „Das bedeutet alle unnötigen Stressfaktoren für Luchse müssen, so weit wie es geht, minimiert werden. Das gilt vor allem auch in geschützten Waldgebieten. Nicht umsonst ist der Luchs auch über den Anhang II der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie geschützt, der uns explizit dazu verpflichtet, nicht nur die Art selbst, sondern auch die Luchslebensräume zu schützen.“  

Mit LuchsWäldern die Zukunft von Pinselohren sichern  

Wer einen Wald besitzt und selbst etwas für Luchs tun möchte, der kann sich beim NABU Thüringen um eine Auszeichnung zum LuchsWald bewerben. Im Rahmen der Aktion werden jährlich bis zu drei ausgewählte Wälder in Thüringen symbolisch ausgezeichnet, in denen sich Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer in besonders vorbildlicher Weise für den Waldnatur- und Lebensraumschutz sowie die Lebensraumvernetzung einsetzen. Solche Waldgebiete können Luchsen als potenzielle Rückzugsräume, Wurfplätze und sichere Wanderwege dienen. Waldbesitzende, die sich für eine Auszeichnung ihres Waldes interessieren oder dafür bewerben möchten, können sich gerne beim NABU Thüringen melden. Kontakt: Luchs@NABUThueringen.de, www.NABU-Thueringen.de/LuchsWald 

Anzeige
Anzeige