Gravierender Bestandseinbruch bei Graureihern

Bildquelle: Frank Derer – Graureiher
Verbände fordern von der Landesregierung einen sofortigen Stopp der Jagd auf Graureiher
Die Bestandssituation des Graureihers in Thüringen ist besorgniserregend. In Folge der Aufhebung der ganzjährigen Schonzeit des Graureihers im Jahr 2004 sind die Brutbestände in Thüringen um 66 Prozent zurückgegangen. Seitdem werden landesweit im Durchschnitt 487 Graureiher jährlich geschossen. Das entspricht etwa 43 Prozent des mittleren Brutbestandes der letzten 20 Jahre.
In einem gemeinsamen Schreiben an Thüringens Umweltminister Tilo Kummer fordern jetzt der Verein Thüringer Ornithologen, der NABU Thüringen sowie die GRÜNE LIGA Thüringen die Landesregierung auf, das sinnlose Töten von Graureihern zu beenden und das Landesjagdgesetz dementsprechend anzupassen.
„Die Ergebnisse des Monitorings seltener Brutvogelarten in Thüringen belegen, dass die ungeregelte Bejagung des Graureihers in Thüringen dazu geführt hat, dass der Brutbestand stark eingebrochen ist. Vom Bestand des Graureihers, der normalerweise in Thüringen bei etwa 1.000 Brutpaaren liegt, ist nur noch die Hälfte vorhanden“, verlautet der Verein Thüringer Ornithologen. „Von den Graureihern, die noch übrig sind, wird jährlich etwa die Hälfte abgeschossen. In Extremjahren bedeutet dies, dass jedes Brutpaar jeweils einen Partner verliert, der dann für die Reproduktion fehlt.“
Die in Thüringen noch stattfindenden Abschüsse haben seit 2020 trotz milder Winter erneut zu starken Bestandsrückgängen geführt. Laut der Verbände ist es fraglich, ob Zuwanderungen aus anderen Bundesländern diese Verluste ausgleichen können.
Martin Schmidt, der Landesvorsitzende des NABU Thüringen, kritisiert: „Arten wie der Graureiher, die nach dem Bundesnaturschutzgesetz geschützt sind, sollten nicht bejagt werden. In Thüringen wird versucht, die Jagd auf den Graureiher mit einer schweren Schädigung der Landeskultur zu rechtfertigen. Dies ist allerdings durch keinerlei Studien oder Zahlen zu wirtschaftlichen Schäden in der Fischereiwirtschaft belegt. Anstatt Graureiher zu töten, sollten sie als Helfer für die Landwirtschaft gesehen werden. Immerhin vertilgen sie auch zahlreiche Mäuse, die in der Landwirtschaft als Schädlinge gelten und sonst oft mit Gift bekämpft werden.“
Graureiher ernähren sich in Gewässernähe vor allem von Fischen und Amphibien. Sie fressen jedoch unter anderem auch Mäuse, Insekten oder Regenwürmer. Gejagt werden sie selbst vor allem aufgrund ihres Hungers auf Fische. Grit Tetzel, die Geschäftsführerin der GRÜNEN LIGA Thüringen erklärt: „Nicht die Graureiher sind daran schuld, dass es in den Gewässern zu wenige Fische gibt, sondern unsere Gewässer sind in keinem guten Zustand. Es fehlt ihnen an Gewässerstruktur und die Durchgängigkeit der Bäche und Flüsse muss noch verbessert werden. Dann finden Fische wieder ausreichend Lebensräume, Deckung und genügend Nahrung, um sich ungestört vermehren zu können.“
Laut der Verbände zeigt der Einbruch des Thüringer Brutbestandes von Graureihern deutlich, wie rücksichtslos mit der Natur umgegangen wird. Anstatt Probleme mit Waffen lösen zu wollen, sollte die Landesregierung vielmehr Kraft in die Wiederherstellung der Natur setzen. Geschieht dies nicht, können kommende Generationen sauberes Wasser, gute Luft, gesunde Ökosysteme und beeindruckende und wichtige Großvogelarten wie den Graureiher wohl kaum noch erleben.