Reduktion von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln nicht auf die lange Bank schieben

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NABU Thüringen: Agrarminister*innen sollen sich für Reduzierung von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln bis 2030 stark machen

Zum heutigen Beginn der Herbstkonferenz der Agrarminister*innen von Bund und Ländern in Oberhof appelliert Martin Schmidt, Landesvorsitzender des NABU Thüringen an Thüringens Landwirtschaftsministerin Susanna Karawanskij, sich für eine Reduzierung chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel stark zu machen: „Angesichts des dramatischen Insektensterbens,  welches wir derzeit und in den letzten Jahren erleben, ist es dringend notwendig, den Einsatz von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft bis 2030 insgesamt zu halbieren. Die Agrarministerinnen und -minister der Länder dürfen nicht länger die Augen vor der realistischen Tatsache des Artenschwundes verschließen. Weltweite Studien belegen den enormen negativen Einfluss von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln auf die Insektenwelt.“

Zu Recht setzt sich Deutschland auf globaler und europäischer Ebene für die Halbierung des Pestizideinsatzes ein. Das Zukunftsprogramm Pflanzenschutz bekräftigt dieses Ziel und weist mit einem umfangreichen Maßnahmenpaket in die richtige Richtung. Nichtsdestotrotz gibt es im Vorfeld des Agrarminister*innen-Treffens einige Stimmen, die eine Abkehr vom Reduktionsziel fordern. Andere behaupten, das Ziel sei so gut wie erreicht. Doch die Fakten sprechen eindeutig eine andere Sprache, die Probleme sind offensichtlich. Die Landwirt*innen selbst leiden längst unter den Auswirkungen des aktuellen Pestizideinsatzes: Parkinson-Erkrankungen, abnehmende Bodenqualität, Gewässerverschmutzung oder der Verlust von Bestäubern sind mögliche Folgen.

„Statt sich mit Diskussionen über das „Ob“ aufzuhalten, sollten Politik, Landwirtschaft und Naturschutz gemeinsam für eine schnelle Umsetzung des Zukunftsprogramms eintreten. Auch wenn das Programm noch nicht ausreicht, um eine Halbierung des Einsatzes zu garantieren, ist es mehr als dringend, das Thema endlich anzugehen und die Betriebe dabei zu unterstützen sowie Lösungen zu entwickeln, wie das Reduktionsziel tatsächlich erreicht werden kann“, so Martin Schmidt.

Hintergrund

Sowohl auf europäischer Ebene als auch im Weltnaturabkommen auf globaler Ebene hat sich Deutschland dazu verpflichtet, den Einsatz von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln um die Hälfte zu reduzieren. Vergangene Woche hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft das „Zukunftsprogramm Pflanzenschutz“ veröffentlicht, in dem das 50%-Reduktionsziel bis 2030 erneut vorgestellt wird.

Ein Handeln ist notwendig, denn die chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel leisten zweifelsfrei einen negativen Beitrag zum zunehmenden Artenverlust. Sogar in Schutzgebieten gehen die Bestände der Insekten immer weiter zurück. Dabei sind sie mit circa 70 % die artenreichsten aller Tierarten in Deutschland. Insekten sind teilweise oder vollumfänglich für die Bestäubung von etwa 80 % der Nutzpflanzen sowie von mehr als 90 % der Wildpflanzen zuständig. Gleichzeitig sind sie Futterquelle für eine Vielzahl anderer Tiere wie Fische, Amphibien, Reptilien, Vögel, Fledermäuse und andere Säugetiere. Der Verlust an biologischer Vielfalt und der damit verbundene Zusammenbruch von Ökosystemen wurden vom Weltwirtschaftsforum deshalb als eine der fünf größten Bedrohungen für die Welt eingestuft.