Vogelschlag an Glas minimieren

NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger besucht Vortrag zum Schutz von Vögeln an Glasfassaden im Ilm-Kreis

Schätzungen zufolge sterben in Deutschland jährlich über 100 Millionen Vögel an Fenstern und Glasfassaden. Vor allem große Bürogebäude und öffentliche Einrichtungen mit großflächigen Glasfassaden werden für viele Vögel zur Todesfalle.

„Der stille Tod an der Glasscheibe muss nicht sein. Bauherren, Behörden und Architekten müssen sich endlich ihrer Verantwortung bewusst werden und sich aktiv mit dem Thema auseinandersetzen. Wir können uns diese dramatischen Verluste in der Vogelwelt nicht leisten“, sagte NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger anlässlich des heutigen Vortrags zum Vogelschlag an Glas in Ilmenau.

Eingeladen hatte die Arbeitsgruppe „Artenschutz an Gebäuden“ des NABU Ilm-Kreis. Dr. Siegbert Hopfgarten, Leiter der Arbeitsgruppe, gab einen Überblick über die geleistete Arbeit und stellte verschiedene Projekte zum Thema vor. „Unter anderem haben wir die Problematik bereits in den Ilmenauer Stadtratsausschuss für Wirtschaft, Umwelt und Verkehr eingebracht und der Stadtrat hat einen entsprechenden Beschluss gefasst, sich in Zukunft verstärkt mit dem Thema zu beschäftigen. Großen Nachholbedarf in Sachen Vogelschutz haben in Ilmenau einige öffentliche Gebäude. An der Schwimmhalle und an einem Gebäude der Technischen Universität wollten wir in Absprache mit den jeweiligen Objektverantwortlichen eigentlich ein einjähriges Monitoring durchführen. Dieses Vorhaben konnten wir bereits nach einem halben Jahr abbrechen, weil die Zahl der verunglückten Vögel und eindeutigen Anflugspuren so hoch war“, berichtet Dr. Siegbert Hopfgarten. Insgesamt fand die NABU-Arbeitsgruppe in dem halben Jahr allein 18 tote Vögel an beiden Gebäuden. Hinzu kommen weitere Anprallereignisse, zum Beispielbenommene Vögel, Federn und Abdrücke an Scheiben.  Die Gesamtzahl der Vogelschlagereignisse an der Schwimmhalle weist 2 Totfunde und 10 Anprallereignisse in einem halben Jahr aus. Auf ein Jahr hochgerechnet heißt das ein um 700 % erhöhtes Tötungsrisiko gegenüber dem Normalen. An einem Gebäude der Technischen Universität sehen die Zahlen nicht besser aus, 16 Totfunde und 8 Anprallereignisse. Die Hochrechnung auf ein Jahr ergab dort an Glasfassaden ein um 340 % und an Fensterfassaden ein um 220 % erhöhtes Tötungsrisiko. Gemeinsam mit den Verantwortlichen für die Gebäude wird nun nach Lösungen gesucht, um das Problem in den Griff zu bekommen, weil bereits ab einem um mehr als 100 % erhöhten Risiko Schutzmaßnahmen ergriffen werden müssen. Als positives Beispiel für Schutzmaßnahmen an Verglasungen nennt Hopfgarten eine Lärmschutzwand in einem Wohngebiet, die durch horizontale Streifen auf der Verglasung vogelsicherer gemacht wurde. Die Kollisionsgefahr kann unter anderem durch das Sichtbarmachen der Verglasung mit geprüften Vogelschutzmarkierungen gebannt werden, die es sowohl für den privaten als auch für den gewerblichen Bereich gibt. Greifvogelsilhouettenaufkleber sind ungeeignet!

„Vögel sind vielen Gefahren ausgesetzt und die Zerstörung ihrer Lebensräume schreitet immer weiter voran. Um das Kollisionsrisiko an Glasfassaden zu verringern, gibt es genügend technische Lösungen, sie müssen nur angewendet werden“, fordert NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger.

Hintergrundinformation

Allein in Deutschland sterben jedes Jahr möglicherweise 100 Millionen Vögel durch den Aufprall gegen Glasscheiben. Das ergeben Hochrechnungen der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten (LAG VSW). Denn Vögel erkennen Glasflächen nicht als Hindernis. Sie sehen nur die Landschaft, die durch das Glas scheint oder sich darin spiegelt. Dann prallen sie mit hoher Geschwindigkeit gegen die gläsernen Fronten, brechen sich das Genick oder ziehen sich eine tödliche Gehirnerschütterung zu. Da immer mehr Glas verbaut wird, steigt die Zahl der verunglückten Vögel höchstwahrscheinlich weiter.