Wolf- und Luchszahlen in Thüringen rückläufig
Der NABU Thüringen fordert mehr Akzeptanz und Schutz für Luchs und Wolf
Jena – Der aktuell veröffentlichte Monitoringbericht des Thüringer Umweltministeriums zeigt laut NABU Thüringen, dass es Wölfe und Luchse im Freistaat immer noch schwer haben, sich auf natürlichem Wege anzusiedeln.
Situation Wolf
Im Monitoringjahr 2022/23 wurden in Thüringen noch zwei sesshafte Wolfsrudel nachgewiesen, im Monitoringjahr 2023/24 nur noch ein Rudel. Der NABU Thüringen ist besorgt: Mit fünf Wolfsterritorien, mit einem Rudel, zwei Paaren und zwei Einzeltieren, bleibt das Wolfsvorkommen weiter auf einem kritischen Niveau.
Silvester Tamás vom NABU-Luchsprojekt: „Eigentlich müsste man bei der aktuellen Wolfssituation erwarten, dass Thüringen von den deutlich länger und reicher besiedelten Wolfsgebieten in Ost- und Norddeutschland profitiert. Die Gründe für die Stagnation der Wolfausbreitung sehen wir vor allem in den Verlusten durch den Straßenverkehr. Allein für Thüringen zählen wir seit der Rückkehr des Wolfes im Jahr 2013 mindestens acht Todesopfer. Deutschlandweit sind seit 1991 bis heute 842 Wölfe im Straßenverkehr ums Leben gekommen. Das ist eindeutig zu viel! An den bekannten Unfallschwerpunkten mit Wildtieren müssen endlich geeignete bauliche Maßnahmen ergriffen werden, um die Situation zu entschärfen.“
Einen weiteren Grund für den ausbleibenden Ausbreitungserfolg sieht der NABU Thüringen in der mangelnden Akzeptanz durch bestimmte Personen- und Interessengruppen. Seit 1991 wurden in Deutschland mindestens 100 Wölfe illegal getötet, die Dunkelziffer dürfte deutlich höher liegen.
Erfreulich ist, dass die durch Wölfe verursachten Rissschäden in Thüringen im Jahr 2023 mit 16 gemeldeten Fällen weiterhin auf einem niedrigen Niveau liegen. Der NABU führt dies insbesondere auf die vorbildlichen und verbesserten Rahmenbedingungen des Thüringer Umweltministeriums zur Förderung des Herdenschutzes zurück.
Situation Luchs
Mit nur vier nachgewiesenen, standorttreuen Luchsen in Thüringen im zurückliegenden Berichtszeitraum, hat sich die Vorkommenssituation der seltenen Pinselohren im Freistaat weiter deutlich verschlechtert. „Das Auswilderungsprojekt zum Aufbau und zur Stützung der Luchspopulation in Thüringen ist daher zu begrüßen. Mit unserer Arbeit im NABU-Luchsprojekt unterstützen wir die Auswilderung unter anderem durch akzeptanzfördernde Maßnahmen wie Vorträge und Exkursionen sowie durch Projekte zur Lebensraumverbesserung“, so Silvester Tamás. „Diese Arbeit muss aber noch dringend ausgebaut werden, vor allem beim Lebensraumschutz und der Lebensraumvernetzung sehen wir das Land Thüringen in der Pflicht.“
Die Gründe für das Fehlen von Luchsen in Thüringen sind vielfältig. Für den Berichtszeitraum 2021/22 konnten noch sechs territoriale Luchse dokumentiert werden, wobei seit November 2021 die bekannte Luchsin Mira an der Hohenwartetalsperre aus bisher ungeklärten Gründen als tot bzw. verschollen gelten muss. 2022 ist im Januar ein Luchs mit einer tödlichen Schussverletzung im Gleisbett der ICE-Strecke bei Buttstädt aufgefunden worden. Im Juni 2023 wurde ein weiterer toter Luchs bei Jützenbach im Eichsfeld aufgefunden. Ihm wurde der linke Vorderlauf am Schulteransatz gezielt abgeschossen. Das Tier musste noch tagelang gelitten haben, bevor es an seinen Schmerzen und vor Erschöpfung starb.
„Obwohl Thüringen unmittelbar am Harz, dem Hotspot der Luchsvorkommen in Mitteleuropa liegt, scheint es den Tieren nicht zu gelingen, sich dauerhaft und sicher in Thüringen anzusiedeln“, sagt Silvester Tamás. „Der NABU Thüringen fordert daher die Einrichtung einer Stabsstelle zur Bekämpfung von Umweltstraftaten. Diese bestialischen Straftaten müssen konsequent aufgeklärt und geahndet werden. Nur mit notwendigen Strukturen und Personal können akzeptable Aufklärungsquoten erreicht werden. Bis jetzt gibt es diesbezüglich keine Erfolge.“