Folkrock am Sonntag im Schorschl

„Wayne Graham“ überraschen mit neuem Album die Kritiker

Vor fast einem Jahr waren sie schon einmal zu Gast in Eisenach: „Wayne Graham“, die Americana-Band aus Whitesburg, einem ehemaligen Bergbaustädtchen im Südosten von Kentucky. Damals hatten die Brüder Kenny und Hayden Miles ihr Album „Mexico“ im Gepäck, ihre erste europäische Veröffentlichung, die bereits mit der Reife eines Wilco-Albums aufwarten konnte.

Am kommenden Sonntag, 9. September, sind sie erneut in der Eisenachs Kleinkunstkneipe Schorschl zu Gast. Mit dabei haben sie diesmal ihr neues Album „Joy!“. Dass sie den Vorgänger damit noch toppen würden, hatte wohl selbst die Band so nicht erwartet. In der Augustausgabe der deutschsprachigen Ausgabe des „Rolling Stone“ jedenfalls stiegen die erst 27 und 22 Jahre jungen Musiker mit „Joy!“ von null auf Platz eins der Kritiker-Charts ein. Das war eine Ansage, bei der man sich sogar im kleinen Dresdner Label K&F, dem deutschen Partner der Band, die Augen reiben musste. Es müsse etwas damit zu tun haben, dass sich Qualität manchmal erst mit Verspätung durchsetzt, schreibt die Deutsche Presseagentur (dpa) in einer aktuellen Albumkritik.

„Joy!“ knüpft dort an, wo „Mexico“ endet. Beiden Brüdern scheinen Songs aus der Feder zu fließen, an denen andere monatelang feilen müssten. Virtuose Musiker und clevere Produzenten ihrer selbst, die dabei aber stets sachlich, fast nüchtern bleiben. Eine Doktrin, die wohl einerseits auf ihre Helden zurückgeht – Leute wie J.J. Cale oder der auf dem Album zitierte, jüngst verstorbene Don Williams, vor allem aber John Prine, der – genau wie Sänger Kenny Miles – vor seiner Musikkarriere als Postbote im ländlichen Kentucky unterwegs war. Aber auch Calexico und Tom Petty und die erwähnten Americana-Götter von Wilco klingen hier und da durch.

Ihre musikgewordene Zurückhaltung liegt aber ganz sicher auch in ihrer Erziehung begründet. Die beiden sind in einer ebenso gläubigen wie musikbegeisterten Familie aufgewachsen. Ihr Vater hat einst in ihrer Heimatstadt eine Kirche gegründet, in der die beiden Brüder – damals gerade acht und 13 Jahre alt – ihn regelmäßig bei Gottesdiensten an Schlagzeug und Bass begleiten.
Nichtsdestotrotz erweitert das neue Album ihre Farbpalette um ein gutes Stück. Und: „Wayne Graham“ kommen diesmal zu viert aus ausgewachsene Band. Neben den beiden Brüdern sind Multi-Instrumentalist Ludwig Bauer und der Gitarrist Johannes Till dabei, die auch bei einigen Aufnahmen in Dresden dabei waren.

„Joy!“, so erklärt Kenny Miles, sei auch das erste Album der Brüder, das entstand, während sie an unterschiedlichen Orten lebten und sie doch näher zusammenbrachte denn je. Nie zuvor hätten sie beim Songwriting stärker die Ideen des anderen weitergesponnen. Vor allem aber steuert Hayden Miles, eigentlich Schlagzeuger in der Band, zwei eigene Songs bei, die das Alternative Country-Terrain gleich gänzlich verlassen. Fragile, leise Indiepop-Songs wie ein tastendes Ausloten ungeahnter Möglichkeiten. Man darf also gespannt sein. Das Folkrock-Konzert am Sonntag in der Kleinkunstkneipe Schorschl ist das Abschlusskonzert ihrer Europatournee und beginnt um 20 Uhr.

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