Facettenreichtum in der Ausbildung
Es ist acht Uhr morgens und in der Werkstatt des Sanitätshauses Schindewolf und Schneider, in Eisenachs Bahnhofstraße, herrscht bereits mächtig Betrieb. Da werden Prothesen abgeschliffen, Bandagen genäht und unechte Hüftgelenke zusammengebaut. Viele Menschen sind an diesem Morgen in der Werkstatt aktiv, unter ihnen auch die 18-jährige Carolin Henschel modelliert fleißig an einem Gipspositiv umher.
Damit wird später einmal eine Unterschenkelprothese hergestellt
erklärt die junge Frau mit einem Blick auf jenes noch etwas unförmige Gipsmodell in ihrer Hand.
Carolin Henschel ist eine von fünf Auszubildenden in dem Betrieb mit insgesamt 50 Mitarbeitern. Die gebürtige Erzgebirgerin kam durch einen Zufall zu jenem Handwerk, welches aktuell einige Nachwuchssorgen hat.
Sie selbst leide an einer Knochenkrankheit, erzählt sie. Als ein Orthopädietechniker ihr dann ein Korsett anfertigen sollte, wurde sie neugierig:
Ich sah ihm also bei seinen Planungen über die Schulter und entwickelte immer mehr Interesse für die Tätigkeit im orthopädisch-mechanischen Bereich.
Nachdem sie dann die zehnte Klasse in ihrer Sächsischen Heimat abgeschlossen hatte, machte sich Carolin Henschel auf die Suche nach einer passenden Ausbildungsstelle. Im Thüringischen Eisenach fand sie eine geeignete Stelle. Denn nicht nur die Bezahlung, welche im ersten Lehrjahr aktuell rund 600 Euro beträgt, passte. Auch das Arbeitsfeld und die Aufnahmebedingungen in dem mittelständischen Unternehmen waren ideal.
Einen vollkommen anderen Weg wiederum ging René Schmidt. Der heute 35-Jährige befindet sich ebenfalls im ersten Ausbildungsjahr. Doch der gelernte Orthopädieschuhmacher hat schon einen etwas längeren Berufsweg hinter sich. Nach seiner Lehre in Themar bei Hildburghausen war er neun Jahre lang in der Photovoltaiktechnik beschäftigt. Er reiste auf seinen Montagen durch ganz Europa und arbeitete täglich körperlich hart.
Doch dann beschloss Schmidt wieder zurückzukommen in die Nähe seines eigentlichen Handwerks und fand bei Schindewolf und Schneider eine neue berufliche Perspektive.
Ich bin eher durch Zufall im Internet auf die Firma gestoßen und war sofort begeistert
konstatiert der Ilmenauer zu seiner Entscheidung ausgerechnet nach Eisenach zu gehen. Und diese Entscheidung war für ihn eine goldrichtige. Denn neben seinem Tätigkeitsfeld in der Schuhtechnik zählen nun auch die Bereiche Prothesenbau und Bandagenistentätigkeit zu seinen Aufgaben. Er freut sich täglich über den großen Facettenreichtum der Arbeit und kann es nur schwer nachvollziehen, dass Firmen im Bereich der Medizintechnik hart um Auszubildende kämpfen müssen.
Denn auch das Eisenacher Unternehmen muss um künftige Azubis in seinem Bereich werben. Obwohl die Vergütung der Ausbildung mit einem Einstiegsgehalt von 596€ (im 2. Ausbildungsjahr sind es 704€ und im dritten 811€), exklusive Leistungs- und Gesundheitsprämie, überdurchschnittlich hoch und die Arbeit sehr abwechslungsreich ist, fällt es nicht leicht neue Bewerber für eine Stelle zu finden. Und obwohl es neben Orthopädietechnik-Mechanikern auch Kaufmänner und -frauen im Gesundheitswesen sowie Servicefahrer sind, welche das Sanitätshaus ausbildet, ist die Bewerberquote bisher noch recht unschön.
Einen kleinen Einblick in den Arbeitsalltag gibt es hier: