Historische Fehlentscheidung für Thüringen

Historische Fehlentscheidung für Thüringen

Leise, still und unauffällig hat am vergangenen Freitag die Verbandsversammlung des Zweckverbandes der Abfallwirtschaft Südwestthüringen (ZASt) in Eisenach eine für die Nachhaltigkeit der Umwelt und die Abfallgebühren der Bürgerinnen und Bürger verheerende Entscheidung für den Bau der ersten Müllverbrennungsanlage (neudeutsch: Restmüllentsorgungsanlage auf thermischer Basis) in Zella-Mehlis in Thüringen getroffen. Man ist zur reinen Lehre der Müllverbrennung wie in den 70iger und 80iger Jahren in den Altbundesländern praktiziert zurückgekehrt. Nicht einmal die früher im Konzept angedachte biomechanische Vorbehandlung des Restmülles im Zweckverband ist übrig geblieben. Es soll eine mit 160000 Jahrestonnen Abfall völlig überdimensionierte Anlage gebaut werden, bei der weder der Bevölkerungsrückgang der letzten Jahre noch das sinkende Abfallaufkommen in der Ausschreibung berücksichtigt wurde.
Was solche überdimensionierten Anlagen für die Gebühren der Bürgerinnen und Bürger bedeutet, sieht man am besten bei den Wasser- und Abwassergebühren vieler Zweckverbände in Thüringen, auch wenn uns im Augenblick nur kleine Gebührenerhöhungen von 10 -35 % angedroht werden. Ebenfalls die mit 100 Millionen € veranschlagten Baukosten für die MVA sind sicher noch nicht das Ende der Fahnenstange und die Mehrkosten können dann auf die Gebühren noch umgelegt werden.
Eine von der Kapazität nicht ausgelastet Müllverbrennungsanlage bedeutet weiterhin Müllimporte, verbunden mit langen Transportwegen und noch mehr Umwelt- und Verkehrsbelastung. Außerdem wird in den Gebietskörperschaften des Verbandsgebietes die in den Abfallsatzungen an vorderster Stelle stehende Abfallvermeidung (z.B. über Gebührenanreize) bzw. Abfallrecyling vernachlässigt, da man ja ab Inbetriebnahme der MVA seine geplante Müllmenge bringen muss.
Der Regionalverband ist aus o.g. Gründen besonders enttäuscht vom Abstimmungsverhalten der Verbandsräte, insbesondere der Eisenacher und des Wartburgkreises.
Wir halten das pseudodemokratische Abstimmungsprozedere im ZASt für reformbedürftig, da jede Gebietskörperschaft nur je eine Stimme abgeben darf (trotz 2 – 9 Verbandsräten) und damit keine realen Mehrheitsverhältnisse widerspiegelt werden. Der Stimmführer des Landkreises Schmalkalden/Meiningen hat z.B. am Freitag gegen die Empfehlung des eigenen Kreistages und seiner Verbandsräte votiert. Dies verstößt gegen unser Demokratieverständnis.
Wir fordern die Vertreter des ZASt auf, ihre Entscheidung zu Überdenken und sich auf eine zukunftsfähige und umweltschonendere Lösung (z.B. eine mengenflexiblere biomechanische Restmüllentsorgungsanlage) zu besinnen.

Für den Vorstand GRÜNE/Bündnis 90
Stefan Schweßinger

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