Lebensmittel mit Regionalangaben – Verwirrspiel oder Einkaufshilfe?
Marktcheck der Verbraucherzentralen deckt Mängel auf: Nicht nur für Verbraucher in Thüringen ist Regionalität ein wichtiges Entscheidungsmerkmal beim Lebensmittelkauf. Doch Begriffe wie „regional“ oder „aus der Region“ sind rechtlich nicht geschützt. Ob regionale Angaben eine echte Einkaufhilfe oder eher Verwirrspiel sind, haben die Verbraucherzentralen in einem bundesweiten Marktcheck untersucht.
Die Untersuchung betrachtete die Kennzeichnung bei Eiern, Milch- und Fleischprodukten sowie Obst und Gemüse. Regionalwerbung erfolgt oft unspezifisch oder ist im schlimmsten Fall sogar irreführend, so ein wesentliches Ergebnis. Dagegen bietet das blau-weiße Regionalfenster mit seinen einheitlichen Vorgaben eine gute Orientierung beim Einkauf. Allerdings ist diese Kennzeichnung freiwillig und nicht in allen Supermärkten zu finden. Bundesweit haben die Verbraucherzentralen stichprobenartig 121 Produkte in Supermärkten, Discountern und Bioläden unter die Lupe genommen, davon 63 mit Regionalfenster und 58 mit sonstiger Regionalwerbung.
Regionalfenster
Das Regionalfenster gibt Auskunft über Region, Ort der Verarbeitung, Anteil der verwendeten regionalen Zutaten sowie die Kontrollstelle, so Petra Müller von der Verbraucherzentrale Thüringen. Ein genauer Blick aufs Etikett ist dennoch nötig, denn Produkte mit Regionalfenster können deutschlandweit vermarktet werden, nicht nur in der Region. Auch der Anteil regionaler Zutaten bei Mischprodukten wie Wurstwaren schwankt, es müssen aber mindestens 51 Prozent sein.
Unterschiedlich ist auch, wie viel Regionalität Verbraucherinnen und Verbraucher für ihr Geld tatsächlich bekommen. Teilweise sind mehrere Bundesländer, beispielsweise Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg, zu einer Region zusammengefasst. Doch weder Großregionen erfüllen die Erwartungen vieler Konsumenten an ein regionales Produkt, noch weite Transportwege, wenn die Orte der Produktion und des Verpackens weit auseinanderliegen.
Sonstige Regionalwerbung
„Das Beste von hier“, „Gutes aus der Heimat“ oder „nah“ sind typische Beispiele für Regionalwerbung auf Produkten, Flyern oder am Regal. Solche Hinweise sind unspezifisch und häufig nicht nachvollziehbar für die Kunden. Dahinter verbergen sich teilweise erhebliche Entfernungen und meist eine unklare Herkunft der Rohstoffe. So fanden die Verbraucherschützer beispielsweise Wurst mit der Angabe „aus maximal 30 Kilometer Umkreis“, die aber in einem 130 Kilometer entfernten Fleischwerk hergestellt wird, die Herkunft der Rohstoffe bleibt unklar. Auch Obst und Gemüse wird als „regional“ beworben, obwohl beim Einkauf nur die verpflichtende Herkunftsangabe „Deutschland“ zu finden ist.
Oft bleibt bei einer unspezifischer Regionalwerbung völlig unklar, ob lediglich die Verarbeitung der Rohstoffe in der Gegend stattfindet und wie die beworbene Region definiert ist, kritisiert Petra Müller. Manchmal sind nur der Firmensitz oder die Rezeptur regional, während die Zutaten deutlich weiter reisen mussten. Dies ist für Kunden irreführend.
Aus Sicht der Verbraucherzentralen reichen die bisherigen gesetzlichen Regelungen nicht aus, um einen transparenten Einkauf regionaler Produkte zu ermöglichen und Verbraucherinnen und Verbraucher vor irreführender Werbung zu schützen. Das Regionalfenster ist ein Schritt in die richtige Richtung.
Anbieter und Lebensmittelhandel müssen falsche, nicht überprüfbare und unklare Regionalangaben ohne nachvollziehbare Kriterien unbedingt unterlassen, so die Lebensmittelexpertin.
Die Verbraucherzentralen erwarten hier bessere gesetzliche Vorgaben auf europäischer und nationaler Ebene ebenso wie neutrale Kontrollen und Sanktionen, um der unseriösen Werbeflut einen Riegel vorzuschieben. Ein erster Schritt wäre es, wenn Werbung mit Regionalität Produkten vorbehalten wäre, die mittels Regionalfenster klar über Region, Herkunft der Zutaten und Verarbeitungsort informieren. Gerade diesem stehen aber die gegenwärtigen gesetzlichen Rahmenbedingungen entgegen.