LTV e.V. kritisiert fehlende Auslegung des Mindestlohngesetzes

zur Vergütung von Bereitschaftszeiten und Ausschluss der öffentlichen Auftraggeber von der Auftraggeberhaftung

Etliche schriftliche Anfragen an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) zur Auslegung der wichtigen Frage, ob Bereitschaftszeiten auch mit dem gesetzlichen Mindestlohn in Höhe von 8,50 EUR zu vergüten sind, blieben bis zum heutigen Tage ungeklärt.

Die Behandlung von Bereitschaftszeiten im Sinne des § 21 a Abs. 3 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) bleibt im Rahmen des MiLoG völlig unklar, denn jegliche Rechtsprechung erging vor Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes. Für die Unternehmen der Straßenverkehrswirtschaft ist eine rechtssichere Einordnung dieser Zeiten von existenziellem Belang. Um den Besonderheiten des Straßengüterverkehrs Rechnung zu tragen, wurde die Sondervorschrift des § 21 a ArbZG eingeführt. Nach § 21 a Abs. 3 des ArbZG handelt es sich bei den aufgeführten Zeiten nicht um Arbeitszeit im Sinne des ArbZG, sondern um Bereitschaftszeiten. Ganz klar haben die Gerichte vor Einführung des MiLoG entschieden, dass für Bereitschaftszeiten – individualrechtlich oder kollektivrechtlich – eine geringere Vergütung als für „Vollarbeitszeit“ vereinbart werden kann (BAG vom 12.03.2008 – 4 AZR 616/06); ist dies nicht geschehen, sind sie wie Vollarbeitszeit zu vergüten. Wir müssen davon ausgehen, dass das BMAS diese Frage nicht beantworten wird und dies durch eine neue, höchstrichterliche Rechtsprechung entschieden werden muss. Bis zu diesem Zeitpunkt kann noch viel Zeit ins Land gehen, aber das Risiko für den Unternehmer wächst mit jeden Tag. Der LTV e.V. und deren Dachverbände sind weiterhin der Ansicht, dass kein Grund zu einer abweichenden Interpretation besteht und Bereitschaftszeit mithin nicht als Arbeitszeit im Sinne des Mindestlohngesetzes gilt. Der LTV e.V. sieht nach wie vor die Politik in der dringenden Pflicht, Antworten auf die Fragen zur Auslegung des Gesetzes zu geben.

Weiterhin fordert der LTV e.V. eine Verschärfung der Auftraggeberhaftung sowie die Ausweitung auch auf öffentlich-rechtliche Auftraggeber. Zur Beurteilung der Feststellung des Erstauftraggebers als Haftungsschuldner verweist das BMAS fälschlicherweise auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Arbeitnehmerentsendegesetz (AEntG). Danach haftet ein Auftraggeber nur dann, wenn er sich vertraglich dazu verpflichtet, eine bestimmte Dienst- oder Werkleistung zu erbringen und diese nicht durch eigene Arbeitskräfte erledigt, sondern sich zur Erfüllung dieser Verpflichtung eines oder mehrerer Auftragnehmer bedient. Somit sei der im Gesetz zur Auftraggeberhaftung verwandte Begriff des „Unternehmers“ einschränkend auszulegen.

Im Ergebnis fallen daher die öffentlich-rechtlichen Auftraggeber nicht unter die Auftraggeberhaftung im Sinne des MiLoG. Somit sind z.B. Schulämter, Sozialämter, Arbeitsagenturen, Krankenkassen u.v.m. von der Haftung ausgenommen und können den Leistungserbringern wie Taxi- und Mietwagenunternehmen sowie Umzugsunternehmen, die im Auftrag dieser öffentlichrechtlichen Auftraggeber Personen oder Güter befördern, Dumpingpreise diktieren. Dort, wo ein Unternehmen mit einem nicht zu bewältigenden Arbeits- und Kontrollaufwand die Einhaltung des Mindestlohnes kontrollieren muss, weil es sonst haftbar gemacht wird, sind die öffentlich-rechtlichen Auftraggeber von der Haftung befreit. Dies kann nicht der Sinn dieses Gesetzes sein.

Der LTV e.V. hat zurzeit 571 Mitglieder der Fachvereinigungen Güter-, Möbelverkehr und Logistik sowie der Fachvereinigung Personenverkehr und ist als Arbeitgeber- und Wirtschaftsfachverband Ansprechpartner für Politik und Medien.