Machnig: Entscheidung ohne Augenmaß
Mit Enttäuschung hat Thüringens Wirtschaftsminister Matthias Machnig auf die Mittwoch vorgestellten Pläne der Bundesregierung für eine drastische Kürzung der Einspeisevergütung für Solarstrom reagiert. «Durch diese Entscheidung werden Investitionen und Arbeitsplätze in der Solarwirtschaft massiv gefährdet», sagte Machnig. Die führende technologische Position der deutschen Solarindustrie werde aufs Spiel gesetzt. «Mit seiner ersten Entscheidung in Sachen Solar hat der neue Umweltminister schon sehr viel industrie- und klimapolitisches Porzellan zerschlagen.» Gerade in Thüringen werde jetzt eine Vielzahl von Projekten auf den Prüfstand gestellt, darunter die geplante Erweiterung des Werks der Masdar PV GmbH in Erfurt. Für diesen Freitag hat der Minister deshalb die Vertreter der Thüringer Solarwirtschaft zu einem Treffen eingeladen, um über mögliche Konsequenzen und das weitere Vorgehen zu beraten.
Bundesumweltminister Röttgen hat heute vorgeschlagen, die Einspeisevergütung für Solarstrom aus Dachanlagen ab April, für Freiflächenanlagen ab Juli um 15 Prozent zu senken; für Solaranlagen auf Ackerflächen sollen 25 Prozent weniger Einspeisevergütung gezahlt werden.
«Das ist eine Entscheidung ohne Augenmaß», sagte Machnig. Er habe angesichts gesunkener Siliziumpreise selbst eine weitergehende Absenkung der Solarstromförderung befürwortet. Die heutige Entscheidung gehe allerdings zu weit und schneide die Solarwirtschaft zu früh von der notwendigen Anschubfinanzierung ab.
«Das Ziel, die Solarenergie wettbewerbsfähig zu machen, war in greifbare Nähe gerückt», sagte der Minister. Bis spätestens 2014 wäre die sog. «Netzparität» auf dem bisherigen Entwicklungspfad erreichbar gewesen. «Die heute bekanntgegeben Pläne stellen dieses Ziel in Frage.» Die in den vergangenen Jahren mit erheblichem finanziellem Aufwand aufgebauten Strukturen der Solarforschung und Solarproduktion seien dadurch in Frage gestellt. Zudem werde eine Abwanderung der Produktion an andere Standorte außerhalb Deutschlands begünstigt.
Machnig sagte der Solarbranche die volle Unterstützung der Thüringer Landesregierung zu. «Ich hoffe sehr, dass der Vorschlag der Bundesregierung im parlamentarischen Verfahren noch verändert werden kann», so der Minister. «Wir werden jedenfalls sehr deutlich machen, dass die Pläne gerade für Ostdeutschland verheerende Folgen haben werden.» In den neuen Ländern, vor allem in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt, befindet sich der Schwerpunkt der deutschen Solarwirtschaft.
Enttäuscht zeigte sich Machnig vor allem darüber, dass sich der Bundesumweltminister mit seinen Plänen auch über Vorschläge aus Wirtschaft und von den betroffenen Standorten hinweggesetzt habe. So hatte die Solarwirtschaft selbst Angebote für eine weitergehende Reduktion der Einspeisevergütung für Solarstrom noch in diesem Jahr vorgelegt. Die Wirtschaftsminister der drei mitteldeutschen Länder hatten sich zudem erst diese Woche in einem Schreiben an den Bundesumweltminister gewandt, vor den Folgen einer überzogenen Degression gewarnt und vor der Entscheidung um ein Gespräch gebeten.
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sieht eine jährliche Absenkung der Einspeisevergütung für Solarstrom («Degression») vor. Zum 1. Januar 2010 hat sich der Satz – je nach Anlagenart und Leistung – erneut um 9 bis 11 Prozent reduziert. Für das kommende Jahr ist eine weitere Absenkung um 9 Prozent festgelegt. Die deutsche Solarwirtschaft hat vorgeschlagen, die Hälfte des für 2011 vorgesehenen Degressionsschritts (4,5 Prozent) bereits auf den 1. Juli 2010 vorzuziehen. Im kommenden Jahr könne die Absenkung dann erneut bis zu 10 Prozent betragen.