Portionsgrößen: Lebensmittelindustrie macht nur „halbe Sachen“
MENGENANGABEN AUF VERPACKUNGEN SIND HÄUFIG UNREALISTISCH KLEIN – Freiwillige Portionsgrößen auf Lebensmittelverpackungen stimmen häufig nicht mit den tatsächlichen Essgewohnheiten überein. Zu diesem Schluss kommen die Verbraucherzentralen in einer bundesweiten, interaktiven Befragung von Verbraucherinnen und Verbrauchern. Die Verbraucherzentralen fordern von der Lebensmittelindustrie sinnvolle Angaben bei den deklarierten Portionsgrößen.
Portionsgrößen der Hersteller bestehen Realitätscheck nicht
1.490 Verbraucher hatten an der nicht repräsentativen Befragung teilgenommen. Dabei sollten sie die Portion Müsli und Chips abfüllen, die ihren üblichen Essgewohnheiten entspricht. Beim Müsli lag die Portionsgröße im Durchschnitt bei 81 Gramm, bei den Chips betrug sie 63 Gramm. Damit waren die tatsächlichen Portionen mehr als doppelt so groß wie die Portion, die die Hersteller auf der Verpackung empfahlen. Beim Müsli waren 40, bei den Chips 30 Gramm angegeben.
Kleinere Portionen suggerieren geringere Zucker- und Fettgehalte
Zwischen Kennzeichnung und Wirklichkeit klafft eine große Lücke, sagt Petra Müller von der Verbraucherzentrale Thüringen. Nach unserer Auffassung rechnen die Hersteller ihre Produkte mit den Mini-Portionen „gesund“. Aus kleineren Portionsgrößen ergeben sich automatisch auch geringere Mengen etwa an Zucker oder Fett, die Verbraucher vermeintlich zu sich nehmen.
Ein Rechenbeispiel anhand der verwendeten Produkte aus der Umfrage verdeutlicht, dass die Befragten im Durchschnitt beim Müsli statt wie angegeben 14 rund 28 Gramm Zucker verzehren, bei den Chips sind es statt 9,9 sogar 20,8 Gramm Fett.
Einheitliche Portionsgrößen lassen sich nicht bestimmen
Nach den Ergebnissen der Umfrage schlussfolgern die Verbraucherzentralen zudem, dass die realistische Angabe von Portionsgrößen auf Verpackungen bei diesen Produkten gar nicht möglich ist: Die von den Verbrauchern eingefüllten Mengen variierten sehr stark. Die Werte lagen zwischen elf und 302 Gramm beim Müsli und zwischen drei und 250 Gramm bei den Chips, was beim höchsten Wert der gesamten Packung entsprach.
Viele Befragte hatten zudem Schwierigkeiten, die Menge einer Portion überhaupt richtig einzuschätzen. Sie sollten aus vier Schalen mit unterschiedlicher Menge an Müsli oder Chips diejenige herausfinden, die der Portionsgröße auf dem Etikett entsprach. Nur 39 Prozent der Teilnehmer lagen beim Müsli richtig, bei den Chips waren es 50 Prozent.
Prominent auf der Schauseite der Verpackung angegebene Nährwerte pro Portion sind den meisten bekannt. Über 86 Prozent der Befragten kannten diese Piktogramme, aber nur ein Bruchteil achtete darauf und orientierte sich daran. Die Mehrheit wünschte sich verständlichere und nachvollziehbarere Angaben, wie beispielsweise eine Kennzeichnung, die sich auf 100 Gramm oder eine erkennbare Portion bezieht. Auch die Ampelkennzeichnung fand eine größere Zustimmung.
Verbraucherzentralen wollen sinnvolle Portionsangaben auf Verpackungen
Die Verbraucherzentralen fordern: Bei nicht eindeutig portionierbaren Lebensmitteln wie Chips oder Müsli sollen Hersteller auf Portionsangaben verzichten. Willkürlich gewählte Portionsgrößen verwirren statt zu informieren. Lediglich bei Verpackungen mit konkreten Portionen wie etwa einem Riegel, einer Scheibe oder einem Becher können die Informationen auf dem Etikett sinnvoll sein.
Der ausführliche Untersuchungsbericht ist auf der Internetseite der Verbraucherzentrale Thüringen unter www.vzth.de veröffentlicht.