Unternehmensinsolvenzen leicht über Vorjahresniveau und weniger Insolvenzverfahren insgesamt

Zwischen Januar und September 2020 entschieden die Thüringer Amtsgerichte über 1405Insolvenzverfahren. Das waren nach Mitteilung des Thüringer Landesamtes für Statistik insgesamt 311 Anträge bzw. -18,1 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Auf Unternehmen entfielen 12,7 Prozent aller Verfahren und auf übrige Schuldner 87,3 Prozent (natürliche Personen als Gesellschafter u. Ä., ehemals selbständig Tätige, private Verbraucher sowie Nachlässe und Gesamtgut).

Mit 1244Verfahren wurden 88,5Prozent aller Insolvenzverfahren eröffnet. 133Verfahren bzw. 9,5 Prozent wurden mangels Masse abgewiesen und 28 Verfahren bzw. 2,0 Prozent endeten mit der Annahme eines Schuldenbereinigungsplanes. Die voraussichtlichen Gläubigerforderungen bezifferten die Gerichte auf rund 336 Millionen Euro. Pro Verfahren standen somit Forderungen von durchschnittlich 239 Tausend Euro aus.

Die Anzahl der Unternehmensinsolvenzen lag zwischen Januar und September 2020 bei 178Verfahren, gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum sind dies 4Verfahren bzw. 2,3 Prozent mehr. Diese insolventen Unternehmen beschäftigten zum Zeitpunkt des Antrages noch 2 218 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Der wirtschaftliche Schwerpunkt der Unternehmensinsolvenzen lag mit 31Verfahren im Baugewerbe, 24 Verfahren im verarbeitenden Gewerbe, 23 Verfahren im Bereich „Handel; Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen“ und 22 Verfahren im Gastgewerbe.

Bei den übrigen Schuldnern wurden in den ersten 9 Monaten dieses Jahres 1 227 Verfahren und damit 315 Verfahren weniger (-20,4 Prozent) als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum gezählt.

Die deutlichen Rückgänge der beantragten Insolvenzverfahren von Verbraucherinnen und Verbrauchern sind vermutlich in der geplanten Reduzierung der Dauer bis zur Restschuldbefreiung begründet. Durch das aktuell im Gesetzgebungsprozess befindliche „Gesetz zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens“ soll diese auf 3 Jahre reduziert werden
(Drucksache 19/21981). Bisher betrug sie in der Regel 6 Jahre. Die starken Rückgänge in der monatlichen Insolvenzstatistik weisen darauf hin, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher diese Gesetzesänderung abwarten, bevor sie ihr Insolvenzverfahren beantragen.

Hinweis:
Die durch die COVID-19 Pandemie und die Maßnahmen zu deren Eindämmung verursachte wirtschaftliche Krise spiegelt sich im März und April nicht in einem Anstieg der eröffneten Insolvenzverfahren wider. Das Ausbleiben eines Anstiegs, oder gar ein Absinken der Zahlen wie im April, ist jedoch zum jetzigen Zeitpunkt nicht überraschend. Zum einem vergeht zwischen dem Antrag und der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens Bearbeitungszeit. Erst nach der Entscheidung bei Gericht über die Eröffnung oder Abweisung eines Verfahrens gehen diese in die Statistik ein. Diese Bearbeitungszeit hat sich zudem durch den teilweise eingeschränkten Betrieb der zuständigen Insolvenzgerichte verlängert.
Zum anderen werden die Hilfsmaßnahmen der Bundesregierung für Unternehmen während der COVID-19 Pandemie voraussichtlich eine schnelle Zunahme der Insolvenzanträge verhindern. Hierzu zählt in erster Linie die vorübergehende Aussetzung der Insolvenzantragspflicht. Die bis zum 30.09.2020 gültige gesetzliche Regelung zur Aussetzung der Insolvenzantragspflicht, für die in Bedrängnis geratenen Unternehmen durch die Folgen der COVID-19-Pandemie, wurde mit inhaltlichen Einschränkungen bis zum 31.12.2020 verlängert. Die Verlängerung gilt für Unternehmen, welche pandemiebedingt überschuldet sind, ohne zahlungsunfähig zu sein. Unternehmen, die nach dem Auslaufen der bisherigen Regelung Ende September zahlungsunfähig werden, sind hingegen wieder verpflichtet einen Insolvenzantrag zu stellen.

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