Urteilsverkündung des OLG Jena Prozess MITEC / FORD
Der Vorstand der MITEC AG teiltmit, dass am gestrigen Dienstag der 5. Zivilsenat des Oberlandesgericht OLG Jena nach inzwischen mehr als 6 Jahren Prozessdauer durch alle Instanzen das Urteil gesprochen hat.
Zitat aus der Presserklärung des OLG Jena vom 08.12.2015 wie folgt kursiv:
Die Berufung der FORD Motor Company gegen das Urteil des Landgerichts in Meiningen wurde zurückgewiesen. Durch dieses Urteil war festgestellt worden, dass der MITEC Automotive AG dem Grunde nach Schadensersatzansprüche zustehen. Das Landgericht hatte das Urteil darauf gestützt, dass FORD eine Langzeitvereinbarung (Long Term Agreement) nicht fortgesetzt habe.
Es handelte sich um die Produktion von Massenausgleichssystemen zur Reduzierung von Schwingungen von Verbrennungsmotoren (sog. Balancer), die von MITEC entwickelt und in Großserien 6 Jahre gefertigt wurde. Das Landgericht in Meiningen habe die Auffassung vertreten, dass MITEC darauf vertrauen durfte, dass die Liefervereinbarung bis in das Jahr 2007 fortgesetzt werde. Grund für dieses Vertrauen in ein weiteres Produktionsjahr seien vor allem die vorgesehenen Steigerungen der Stückzahlen und der daraus folgende Investitionsaufwand von MITEC gewesen. (Der Abbruch der Lieferung erfolgte im Sommer 2007, nachdem MITEC eine von FORD geforderte Preisreduzierung um 30 % nicht hat akzeptieren können). FORD hatte geltend gemacht, dass das Investitionsrisiko alleine bei MITEC gelegen habe. Verbindliche Zusagen habe FORD nicht gegeben. Auch eine sogenannte Auslaufvereinbarung habe FORD nicht schließen müssen.
Das OLG in Jena hat in seiner Entscheidung vom 08.12.2015 die Entscheidung des Landgerichts in Meiningen bestätigt. Allerdings hat der Senat nicht feststellen können, dass MITEC auf den Fortbestand der Vereinbarung vertrauen durfte.
Der Senat des OLG Jena hat eine andere Begründung für das Bestehen einer Schadensersatzpflicht durch FORD herangezogen. Das Gericht stellte fest, FORD habe Systemdaten und Zeichnungen des von MITEC entwickelten „Balancers“ unerlaubt weiter gegeben, die geeignet sind, den „Balancer“ nachzubauen.
Zu diesem Ergebnis sei der Senat aufgrund einer umfangreichen Beweisaufnahme gelangt. Die gerichtlich zugezogenen Sachverständigen haben das Produktdesign des auf MITEC-Knowhow basierenden „Balancers“ mit dem Produktdesign verglichen, dass zwei andere Zulieferer aus Japan und aus Mexiko im Auftrag von FORD von 2006 bis heute täglich nachbauen.
Die Gerichtsgutachter seien zu dem Ergebnis gekommen, dass bei der neuen Konstruktion mit höchster Wahrscheinlichkeit Zeichnungssätze und CAD –Datenmodelle der MITEC AG verwendet worden seien. Die Gutachter haben nicht bestätigen können, dass der „Balancer“ komplett von einer Drittfirma konzipiert worden sei. Auch alle im Rahmen einer 10-stündigen Beweisaufnahme vernommenen Zeugen von FORD und MITEC haben die Auffassung des Gerichts bestätigt, dass eine Nachahmung der Entwicklung der MITEC Konstruktion vorliege.
Die FORD Motor Company hafte dafür, dass die Zeichnungssätze von MITEC zu anderen Zulieferunternehmen gelangt seien. FORD sei verpflichtet gewesen, Geschäftsgeheimnisse von MITEC zu wahren und nicht an Konkurrenten der MITEC weiter zu geben.
Eigene Rechte an den Zeichnungen der MITEC AG habe FORD nicht erworben. Schließlich seien Schadensersatzansprüche auch nicht verjährt.
Der Senat hat eine Revision durch den BGH nicht zugelassen. Das Verfahren wird fortgeführt werden, um die Höhe des berechtigten Schadensersatzes zu klären.
Das Urteil des OLG bestätigt vollumfänglich die Auffassung der MITEC AG. FORD hat sich durch dieses rechtswidrige Verhalten einen Kostenvorteil erschlichen, der zu einer Schadensersatzpflicht führen wird. FORD hat in den letzten 6 Jahren ein Produktionsvolumen von ca. 280 Mio Euro und den damit verbundenen Kostenvorteil durch die Weitergabe des MITEC Know-Hows an Dritte rechtswidrig erworben. Dieses Urteil veranlasst MITEC, die Schadenssumme erneut zu ermitteln, die weit höher ausfallen wird, als der bereits in das Verfahren eingeführte Schadensbetrag von 20 Mio Euro, denn noch heute wird täglich die Produktion durch die von FORD eingeschalteten Lieferanten fortgesetzt.
Das Urteil ist von erheblicher Relevanz für die Beziehung zwischen Automobilherstellern und der Zulieferindustrie. Eine Verlagerung von Produktionsvolumen aus Preisgründen, welche auf der Entwicklungsleistung des Erstentwicklers basiert, dürfte zukünftig erheblich erschwert werden und führt zu einer Schadensersatzpflicht. Eine Weitergabe von Entwicklungs- und Produktions- Know-How, in dessen Kenntnis der Automobilkunde im Rahmen seiner Kosten-, Kapazitäts- und Qualitätsüberprüfung gelangt, dürfte zukünftig dann zu Schadensersatzansprüchen führen, wenn diese Informationen an Dritte weitergeben werden oder vom Automobilkunden selbst verwendet werden.
Insoweit ist dieses Grundsatzurteil geeignet, die Beziehungen zwischen Automobilkunden und Zulieferunternehmen nachhaltig zu verbessern, so Dr. Militzer, CEO der MITEC Automotive AG.
Über MITEC:
Die 1991 in Eisenach gegründete MITEC Automotive AG ist eines der führenden Unternehmen im Bereich der Automobilantriebstechnik. Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit ist die Reduzierung von Geräuschemissionen und Schwingungen sowie die Wirkungsgradsteigerung innerhalb des Antriebsstrangs. Die Produkte der MITEC bedienen die wesentlichen Zukunftstrends der Automobilindustrie wie Downsizing, Hybridisierung, Kraftstoffverbrauchs- und CO2-Reduzierung.